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Ein nackter Mann mit langen Haaren und einer Krone auf dem Kopf schwimmt mit geschlossenen Augen im Wasser. Links von ihm im Wasser ist ein Delfin, rechts von ihm eine Krähe, hinter ihm ein menschliches Gehirn im Anschnitt. Als Wasserzeichen die Zahl Zehn. 8 min
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Podcast Große Fragen: Was ist Intelligenz?

20. März 2024, 15:13 Uhr

Intelligenz hat viele Facetten und geht über die reine Informationsverarbeitung im Gehirn hinaus. Doch was macht sie eigentlich aus? Und wie wird sie sich künftig verändern? MDR-WISSEN-Redakteur Karsten Möbius geht diesen Fragen im aktuellen Podcast "Die Großen Fragen in zehn Minuten" nach und interviewt dazu Experten für Psychologie.

MDR Wissen Redakteur Karten Möbius
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Bis heute gibt es keine generell akzeptierte Definition, was Intelligenz eigentlich ist. Elsbeth Stern ist Professorin an der ETH Zürich für Lehr- und Lernforschung und formuliert eine sehr allgemeine Definition: "Intelligent sein, bedeutet, dass ich aus bestehendem Wissen neues Wissen ableiten kann." Das sei eine zentrale Komponente, setze aber eine recht effiziente Informationsverarbeitung voraus. "Also, dass ich schnell weiß, welche Arten von eingehender Informationen ich später brauchen werde und welche nicht", erklärt Elsbeth Stern. Dabei stehe schlussfolgerndes, logisches Denken im Mittelpunkt.

Wenn wir diese Definition nehmen, dann gibt es eine Menge intelligente Lebewesen auf diesem Planeten. Juliane Bräuer vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena ist überzeugt, dass auch ein Hund denken kann. "Ein Hund kann flexible Entscheidungen treffen und hat kognitive Fähigkeiten", erklärt die Expertin. "Ich weiß nicht, warum man da nicht von denken sprechen sollte – auch wenn das vielleicht nicht so aussieht wie bei uns."

Menschen besitzen rund 100 Milliarden Nervenzellen

Wissenschaftler gehen davon aus, dass Gehirne, so wie wir sie bei uns, beim Hund, beim Delfin, beim Wal, bei Tauben, Krähen oder Mäusen kennen, seit mehr als 250 Millionen Jahren existieren – also zu einer Zeit, in der viele von uns lediglich Polypen mit ein paar Nervensträngen vermuten. Damals gab ein Reptil, aus dem sich die Linien der Säugetiere und Vögel entwickelten, diese Art von zentralem Nervensystem an seine Nachfahren weiter. Also Gehirne mit Neuronen, Synapsen und allem Drum und Dran.  

Durchgesetzt hat sich bei vielen dieser riesige Knoten von Nervenzellen nahe der Sensoren. Bei uns sind das rund 100 Milliarden Nervenzellen – unmittelbar hinter den Augen und zwischen den Ohren. Bis heute haben wir keine Ahnung, warum wir so anders sind als alle anderen. Warum wir ein Bewusstsein haben, warum wir rechnen und schreiben und wir über den Tod nachdenken können.

Genetik macht ungefähr 50 Prozent der Intelligenz aus

Wovon wir langsam eine Ahnung bekommen ist, wovon es abhängt, wie klug wir sind. Welche Rolle spielen der Aufbau unseres Gehirns, Erlebtes und Erlerntes. Stefan Watzke leitet die Abteilung Medizinische Psychologie an der Uniklinik in Halle und sagt dazu: "Da gibt es verschiedene Studien. Dabei hat sich bisher gezeigt, dass ungefähr 50 Prozent unserer Intelligenz auf genetische Faktoren zurückgehen. Auf Basis dieser genetischen Grundausstattung, haben wir dann die Fähigkeit zu lernen erworben."

Die andere Hälfte besteht aus dem, was reinkommt in das Gehirn. Erlebtes, Erfahrungen, Probleme, Lösungsansätze, Koch-Rezepte oder auch Vokabeln. Dabei ist es offenbar sehr wichtig, dass unser Hirn von Anfang an gefordert wird. Umwelteinflüsse wie Liebe und intensive Zuwendung spielen bei der Entwicklung von Sprache, Denken, Selbstvertrauen und Intelligenz eine zentrale Rolle.

Spezialbegabungen heutzutage wichtiger als Bauernschläue

Was wir alle aus unserem Alltag wissen ist, dass es keine universelle Intelligenz gibt. Der Schachweltmeister muss bei einer Party im Small Talk nicht mit sozialer Intelligenz glänzen und der Klaviervirtuose scheitert vielleicht schon am einfachsten Kreuzworträtsel. Der Klassiker ist der Uniprofessor, der keinen Nagel in die Wand schlagen kann auch.

"Dann kann so eine Spezialbegabung sein wie acht Sprachen sprechen zu können, die gar nicht so sehr im Zusammenhang steht mit anderen Funktionen intelligenten Verhaltens", erläutert Stefan Watzke. Dazu gebe es noch die berühmte Bauernschläue. Dabei müsse man sich aber darüber klar werden, dass unsere Welt heute weniger in einer dörflich-agrarischen, übersichtlichen Gesellschaft funktioniert und das Bauernschläue kaum noch weiterhelfe. Darum komme die Person mit den acht Sprachen in unserer heutigen Welt wahrscheinlich besser klar.

Künftig neue Art von Intelligenz?

Intelligenz ist also nicht gleich Intelligenz. Das macht es auch so schwierig, Intelligenz beim Schlafittchen zu packen. Zumal ganz unterschiedliche Facetten dieses Phänomen offenbar zu jeder Zeit anders bewertet werden. Jetzt im digitalen Zeitalter brauchen wir uns keine Reiserouten mehr zu merken, und Hauptstädte auswendig zu können,

Wir denken heute viel stärker in abstrakten Begriffen, wir haben Hypothesen im Kopf, die wir prüfen. Es zählt also weniger das Konkrete, sondern die Fähigkeit, abstrakt logisch zu denken.

Stefan Watzke, Professor für Psychologie an der Uni Halle

Mal sehen, wo das noch hinführt – vielleicht zu einer neuen Art von Intelligenz. Einer Intelligenz, die uns hoffentlich hilft, die großen Probleme unserer Zeit richtig einzuordnen und zu lösen.

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