Eine künstlerische Darstellung wie die NASA-Raumsonde 'Parker Solar Probe' durch die Korona der Sonne fliegt. Die Raumsonde befindet sich ganz klein in der oberen rechten Bildecke. Links unten nimmt die Sonne die Hälfte des Bildes ein und leuchtet orange-gelblich. Drum herum befindet sich ein orange-rötliches Gitternetz, dass die Alfvén-Oberfläche darstellen soll: Der Bereich, an dem Sonnenmaterie zu Sonnenwind wird.
Zum ersten Mal in der Geschichte hat eine Raumsonde die Sonne berührt. Die Parker Solar Probe der NASA ist jetzt durch die obere Atmosphäre der Sonne - die Korona - geflogen und hat dort Teilchen und Magnetfelder gemessen. Bildrechte: Joy Ng, NASA Goddard Space Flight Center

Parker Solar Probe Erste Raumsonde berührt die Sonne

15. Dezember 2021, 13:45 Uhr

Seit 2018 befindet sich die Raumsonde Parker Solar Probe auf ihrem Weg zur und um die Sonne herum. Dabei ist sie unserem Stern so nah gekommen wie noch kein anderes menschliches Objekt, hat sogar ihre Oberfläche berührt – und ganz nebenbei wissenschaftliche Daten gesammelt.

Die Raumsonde Parker Solar Probe ist das erste menschgemachte Objekt, das die Sonne berührt hat, berichtet die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA am 14. Dezember. Am 28. April flog die Sonde mit einem Abstand von rund 6,5 Millionen Kilometern über die Sonnenoberfläche hinweg und somit durch ihre Korona hindurch. Der Durchflug dauerte nur wenige Stunden. 

Während dieser Zeit hat die Raumsonde das Magnetfeld und Partikel vermessen. Durch ihre Nähe zur Sonne kann die Parker-Raumsonde Phänomene beobachten, die wir von der Erde aus nicht messen können. Den Beweis, dass die Sonde tatsächlich durch die Korona geflogen ist, konnten das Forschungsteam laut dem Projektwissenschaftler Nour Raouafi ebenfalls liefern:

Wir sehen Beweise dafür in den Magnetfelddaten, der Sonnenwinddaten und visuell in Bildern. Wir können sogar sehen, wie die Sonde durch koronale Strukturen fliegt, die bei einer totalen Sonnenfinsternis beobachtet werden können.

Nour Raouafi, Projektwissenschaftler bei der "Parker Solar Probe"-Mission

Besonderheiten der Sonne

Anders als bei der Erde besitzt die Sonne keine feste Oberfläche. Sie hat eine überhitzte Atmosphäre, die aus Sonnenmaterial besteht. Dieses ist durch die magnetischen Kräfte und die Schwerkraft an die Sonne gebunden. Wenn die Hitze und der Druck steigen, wird dieses Material von der Sonne weggedrückt, bis es einen Punkt erreicht, an dem die Schwerkraft und die Magnetfelder zu schwach sind, um es zurückzuhalten. Dieser Punkt, die sogenannte kritische Alfvén-Oberfläche, markiert das Ende der Sonnenatmosphäre. 

Doch bisher wussten die Forschenden nicht, wo die kritische Alfvén-Oberfläche genau liegt. Sie vermuteten einen Abstand zur Sonne zwischen 6,9 und 13,8 Millionen Kilometern. Ab einer Höhe von rund 13 Millionen Kilometer traf die Parker-Sonde dann auf Magnet- und Partikelbedingungen der Alfvén-Oberfläche. 

Doch diese Oberfläche ist alles andere als glatt, wie man bisher annahm. Parker Solar Probe flog mehrmals durch diese Grenze hindurch und zeigte damit, dass sie Zacken und Täler aufweist, die die Oberfläche sozusagen zerknittern. Das Sonnenmaterial, dass diese zerknitterte Grenze überschreitet, wird zu Sonnenwinden, die sich so schnell bewegen, dass sie nicht mehr zur Sonne zurück können. Und wenn dieser Wind auf die Erde trifft, können wir ihn als Polarlichter wahrnehmen, bei besonders starken Winden können unsere elektronischen Geräte zum Stillstand kommen.

Helle Strukturen, durch die NASA-Raumsonde Parker Solar Probe über und unter den Streamern in der Sonnenkorona geflogen ist. Bislang waren die Luftschlangen nur aus der Ferne zu sehen. Von der Erde aus sind sie nur bei totalen Sonnenfinsternissen zu sehen. Das Bild zeigt sechs Einzelaufnahmen, die zu einer Collage zusammengestellt sind: drei Bilder oben, drei Bilder unten.
Als die Parker-Sonnensonde beim neunten Treffen die Korona durchquerte, flog die Sonde an Strukturen vorbei, die als koronale Streamer bezeichnet werden. Diese Strukturen sind als helle Erscheinungen zu sehen, die sich in den oberen Bildern nach oben und in der unteren Reihe schräg nach unten bewegen. Ein solcher Blick ist nur möglich, weil die Sonde über und unter den Streamern in der Korona flog. Bislang waren die Luftschlangen nur aus der Ferne zu sehen. Von der Erde aus sind sie nur bei totalen Sonnenfinsternissen zu sehen. Bildrechte: NASA, Johns Hopkins APL, Naval Research Laboratory

Flug ins Auge des Sturms

In einer Entfernung von 6,5 Millionen Kilometern traf die Sonde sogar auf Pseudostreamer. Das sind massive Strukturen, die sich über die Sonnenoberfläche erheben – wir können sie während einer Sonnenfinsternis von der Erde aus sehen. Laut der NASA war der Durchflug wie "ein Flug in das Auge eines Sturms. Im Inneren des Pseudostreamers beruhigten sich die Bedingungen, die Teilchen wurden langsamer und die Anzahl der Umkehrungen nahm ab - ein dramatischer Unterschied zu der hektischen Teilchenflut, der die Raumsonde normalerweise im Sonnenwind begegnet."

Die Größe der Korona wird übrigens durch die Sonnenaktivität bestimmt. Wenn der elfjährige Aktivitätszyklus der Sonne (auch Sonnenzyklus genannt) ansteigt, dehnt sich der äußere Rand der Korona aus. Damit erhöht sich die Chance für die Parker-Sonnensonde, sich für längere Zeit in der Korona aufzuhalten. Das Maximum des derzeitigen Sonnenzyklus wird für 2025 erwartet – wobei dies nur eine Prognose ist. 

Die Sonne und andere Sterne besser verstehen

Mit den neuen Daten erlangen die Forschenden "nicht nur tiefere Einblicke in die Entwicklung unserer Sonne und ihre Auswirkungen auf unser Sonnensystem", erklärt Thomas Zurbuchen, der stellvertretender Administrator für das Science Mission Directorate der NASA ist. Man würde mit den errungenen Daten mehr "über unseren eigenen Stern lernen", wodurch man die neuen Erkenntnisse auch auf anderen Sternen im Universum anwenden kann.

Dies war der achte Vorbeiflug von Parker Solar Probe an der Sonne, seitdem sie 2018 in den Orbit aufgebrochen ist. Am 25. Februar soll Parker Solar Probe erneut seinen sonnennächsten Punkt, das Perihel erreichen. Im MDR WISSEN Weltraumkalender werden wir frühzeitig darüber berichten.