Ältere Frau mit kürzeren grauen Haaren und Stirnpony, im Porträt vor schwarzem Hintergrund, Zeigfinger nachdenklich neben Mund, Blick nach rechts oben. Dazu Gedankenblase mit Icons für Virus, Herzaugen-Smiley, Gitarre, Wandern, Katze, Möhre, Theater-Masken, Weltkugel.
Wer soll da noch durchblicken? Mit dem Älterwerden sammelt das Gehirn allerhand Wissen an. Bildrechte: IMAGO/blickwinkel (M), MDR

Kognitionswissenschaft Ältere Gehirne: Vollkommen überladen – und vollkommen kreativ

11. Februar 2022, 17:00 Uhr

Mit dem Alter werden die grauen Zellen langsamer. Oder sie haben einfach mehr zu tun. Das legen zumindest Forschende aus den USA und Kanada nahe. Und sagen: Das Anhäufen von Gedankenballast hat durchaus seine positiven Seiten.

Die Tatsache, dass Sie sich in diesem Moment in den redaktionellen Breiten von MDR WISSEN bewegen, deutet darauf hin, dass Sie ebendas – Wissen – gerne reichlich anhäufen. Daran ist auch nichts Schlechtes. Wenn Sie dann aber mit Ihren angesammelten Anekdoten beim nächsten zünftigen Limonaden-Abend unter Freundinnen und Freunden glänzen möchten, könnte sich das mit zunehmenden Alter als schwierig herausstellen.

Sobald wir nach einer Erinnerung suchen, durchforsten unsere grauen Zellen das Wissen, was sie mit der Zeit gespeichert haben. Und je älter man wird, desto mehr Navigationsvermögen muss unser Gehirn aufweisen, auf der Suche nach den wirklich relevanten Informationen. Das ist in etwa so wie mit dem Dachboden: Je mehr Kram sich dort oben anhäuft, desto länger dauert die Suche nach einem ganz bestimmten Stoffelefanten. Oder dem Konfirmationskleid.

Je mehr Kram, desto schwieriger zu sortieren

Ein Team aus nordamerikanischen Forschenden hat sich mehrere Verhaltens- und Neuroimaging-Studien angesehen und festgestellt, dass es älteren Erwachsenen schwerfällt, nicht mehr relevante Informationen zu unterdrücken. Auch das kennen sie vom Dachboden: Je mehr Zeug sich ansammelt, desto schwierig wird es, die Sachen auszusortieren, die kein Mensch mehr braucht. Die Forschenden haben auch bemerkt, dass Ältere bei Kopfaufgaben stärker auf Vorkenntnisse angewiesen sind als Jüngere.

Nun, glücklicherweise macht das Gehirn aus der Not der Informationsflut eine Tugend: Der ganze Wissensballast hilft, kreativ zu bleiben. Und noch kreativer zu werden. Frei nach dem Motto: Wenn da schon so viel unnützes Zeug auf dem Dachboden rumliegt, lass uns doch einfach was Neues draus basteln.

Und noch einen Vorteil bringt das Ganze mit sich: Ältere Menschen haben es auf Grund ihres Erfahrungsschatzes leichter, Entscheidungen zu treffen. Das verwundert kaum. Entscheidungsfreudigkeit ist bekanntermaßen nicht gerade eine herausragende Stärke der jüngeren Semester.

flo

Link zur Studie

Der Artikel Lifetime of knowledge can clutter memories of older adults, researchers suggest erschien am 11. Februar 2022 in Trends in Cognitive Sciences.

DOI: 10.1016/j.tics.2021.12.002

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