Ein Flugzeug in der Luft.
Fliegen ist derzeit noch sehr umweltschädlich. An der HTWK Leipzig wird daran geforscht, wie sich dies ändern kann. Bildrechte: IMAGO/NurPhoto

Forschung an der HTWK Leipzig So kann fliegen elektrisch werden

25. August 2022, 14:38 Uhr

Auch die Luftfahrt muss künftig CO2-neutral werden, ein Weg dorthin ist die Elektrifizierung des Flugzeugantriebs. Leipziger Wissenschaftler forschen daran in mehreren vielversprechenden Projekten.

Der weltweite Flugverkehr gehört zu den großen Emittenten von Treibhausgasen. Dabei tragen besonders die Emissionen von Stickoxiden und die Erzeugung von Kondensstreifen, die die Wolkenbildung beeinflussen, zur Klimaerwärmung bei. An der HTWK Leipzig wird derzeit in drei Projekten zum Leichtbau und zur Energiespeicherung von elektrisch betriebenen Luftfahrzeugen geforscht.

"Dafür sollen neue, umweltfreundliche Hochleistungswerkstoffe für den Leichtbau genutzt werden. Diese sind ein Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel", erläutert Prof. Robert Böhm von der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der HTWK. In den Projekten geht es unter anderem darum, Lösungen für das Problem der schweren Batterien zu finden, die für den Elektro-Antrieb normalerweise benötigt werden.

Projekt 1: Der Flugzeugrumpf als Energiequelle

Eine mögliche Lösung stellen sogenannte Superkondensatoren aus Leichtbauverbundwerkstoffen dar. Im Vergleich zu Batterien oder Akkus können diese Bauelemente die Energie schneller speichern und auch wieder abgeben. Im Projekt "Printcap" arbeiten die HTWK und die TU Dresden zusammen mit zwei Partnerunternehmen aus Frankreich derzeit an solchen Superkondensatoren. Dabei könnte zum Beispiel der Rumpf eines Flugzeugs selbst zum Energiespeicher werden, indem dieser aus multifunktionalen und leichten Verbundwerkstoffen gebaut würde. "Bei der Herstellung der Strukturen werden wir uns im Gegensatz zu existierenden Konzepten auf die additive Fertigung konzentrieren: Mittels 3D-Druck könnten die strukturellen Superkondensatoren endkonturnah im Bauteil angeordnet werden und so geometrisch optimierte Strukturen mit hoher Energiespeicherfunktion entstehen", erklärt Prof. Böhm, der an der HTWK das Projekt leitet.

Projekt 2: Verbesserung von Strukturbatterien

Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Elektrifizierung der Luftfahrt könnten verbesserte Strukturbatterien sein. Diese werden an der HTWK im Projekt "ElVis" erforscht, wobei besonders Batterien aus ultraleichten Verbundstrukturen mit integrierter elektrischer Speicherfunktion entwickelt werden sollen. "In den Strukturbatterien wollen wir einerseits die Energiedichte der einzelnen Speicherzellen erhöhen, und andererseits wollen wir durch eine gezielte Multifunktionalisierung der Verbundstrukturen die Gesamtmasse senken", erläutert Robert Böhm. Die neuartigen Batterien könnten künftig auch als Energiespeicher in Flugsystemen mit geringerer Tragfunktion wie etwa Paketdrohnen eingesetzt werden.

Projekt 3: Wiederverwendung alter Bauteile

Neben der Entwicklung neuer Elemente geht es bei der HTWK-Forschung auch darum, wie alte Bauteile wiederverwendet werden können. Denn bislang gibt es in Europa keine nachhaltigen Methoden für das Recycling von Verbundwerkstoffen, die in der Luftfahrt verwendet werden. Dieser Bereich wird im Projekt "EuReCOMP" an der HTWK erforscht. "Für das Gelingen der Energiewende, eine CO2-freie Wirtschaft und Klimaneutralität braucht es eine Kreislaufwirtschaft, in der Ressourceneinsatz, Abfallproduktion, Emissionen und Energieverbrauch bestmöglich verringert sowie Material- und Energiekreisläufe geschlossen werden", so Prof. Böhm, der auch dieses Projekt leitet, in dem es nicht nur um die Rückgewinnung von Material geht, sondern auch darum, die recycelten Werkstoffe zu neuen Bauteilen zu verarbeiten. Derzeitige Recyclingverfahren wie die Pyrolyse (Zersetzung durch thermo-chemische Umwandlungsprozesse bei hohen Temperaturen und unter Ausschluss von Sauerstoff) sind sehr umweltschädlich, darum sollen im Projekt drei umweltfreundliche Verfahren weiterentwickelt werden. So könnten in Zukunft irgendwann ehemalige Bauteile aus Flugzeugen in recycelter Form etwa in Autos oder Schiffen verarbeitet werden

cdi/pm

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