Covid-19 Tübinger Corona-Impfstoff-Kandidat nur zu 47 Prozent wirksam

18. Juni 2021, 10:00 Uhr

Die Ergebnisse der Zwischenanalyse sind ernüchternd. Wie das Tübinger Unternehmen Curevac bekanntgab, wurde der von ihm entwickelte Impfstoffkandidat CVnCoV bislang nur mit einer Wirksamkeit von 47 Prozent getestet.

Symbolbild - Coronaserum-Impfstoffdose mit Spritze Corona-Impfstoff
Bleibt bislang hinter seinen Erwartungen zurück: Der Tübinger Impfstoffkandidat von Curevac erreichte in einer Zwischenanalyse nur eine Wirksamkeit von 47 Prozent. Bildrechte: imago images/Martin Wagner

Der von dem Tübinger Unternehmen Curevac entwickelte mRNA-Impfstoffkandidat CVnCoV ist in einer zweiten Zwischenanalyse nur mit einer Wirksamkeit von 47 Prozent getestet worden. Die vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien seien damit nicht erreicht worden, erklärte das Unternehmen in einer Mitteilung. Die US-Arzneimittelbehörde FDA verlangt eine Wirksamkeit von mindestens 50 Prozent, die WHO strebt mindestens 70 Prozent an.

Wir hatten auf stärkere Ergebnisse in der Zwischenanalyse gehofft, haben aber gesehen, dass es bei dieser beispiellosen Bandbreite an Varianten eine Herausforderung darstellt, eine hohe Wirksamkeit zu erzielen.

Franz-Werner Haas Vorstandsvorsitzender von Curevac

Die Tests unter vielen verschiedenen Varianten zeigten, wie wichtig die Entwicklung von Impfstoffen der zweiten Generation sind, "da immer neue Varianten auftreten", so Haas.

Tests mit 13 Corona-Varianten

Curevac testete die Wirksamkeit seines Impfstoffkandidaten in der Zwischenanalyse an 134 Fällen, die mindestens zwei Wochen nach der zweiten Impfung auftraten. Um die Virusstämme zu identifizieren, sequenzierten die Forschenden die einzelnen Corona-Fälle. Dabei entdeckten sie bei 124 in die Bewertung einfließenden Infektionen mindestens 13 Varianten des Coronavirus. Nur in einem einzigen Fall handelte es sich um das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus.

Grafik - Curevac
Die Curevac-Studie ist von einer hohen Varianz an Mutationen geprägt: Von den ursprünglich 474 Fällen extrahierten die Forscher für die Tests 124 Fälle. Bildrechte: CureVac │ Second Interim Analysis Data Webcast | June 17, source: www.nextstrain.org / South America- or Europe-focused sub-sampling

Hälfte der Tests mit besorgniserregenden Mutanten

Mehr als die Hälfte der Fälle (57 Prozent der Infektionen) wurden durch sogenannte besorgniserregende Varianten ("Variants of Concern") verursacht. Die meisten der verbleibenden Fälle betrafen weniger erforschte Varianten wie Lambda oder C.37 (21 Prozent), die zuerst in Peru, und B.1.621 (sieben Prozent), die zuerst in Kolumbien, auftraten.

Wirksamkeit von Alter und Virusgruppe abhängig

Die Forscher erklärten: "Dabei konnte eine Wirksamkeit bei jüngeren Studienteilnehmern registriert werden, während keine Rückschlüsse auf die Wirksamkeit bei Teilnehmern über 60 Jahren möglich waren." Kurzum: Möglicherweise könnte der Curevac-Impfstoff bei Jüngeren besser wirken als bei älteren Menschen. Allerdings: Sieben Achtel (35.000) der Studienteilnehmer waren unter 60 Jahre alt, nur ein Achtel der Probanden zählten über 60 Jahre (5.000).

Studie wird fortgesetzt

Die Studie wird den Angaben zufolge bis zur finalen Analyse mit mindestens 80 weiteren Fällen fortgesetzt. "Die endgültige Wirksamkeit könnte sich noch verändern“, sagte Curevac-Chef Haas. Die Zwischenanalyse ist Teil der HERALD-Studie, die Curevac und der Pharmakonzern Bayer mit rund 40.000 Probanden in zehn Ländern in Lateinamerika und Europa durchführen. Etwa drei Viertel der Probanden stammen aus Lateinamerika, ein Viertel aus Europa.

Logo des Tuebinger biopharmazeutisches Unternehmen CureVac AG
Der Impfstoffkandidat von Curevac wurde an 13 Varianten des Corona-Virus getestet. Bildrechte: imago images/ULMER Pressebildagentur

Curevac arbeitet auch an Impfstoffen der zweiten Generation

Unternehmensangaben zufolge arbeitet Curevac zusammen mit dem britischen Pharmakonzern Glaxo Smith Kline (GSK) auch an Impfstoffen der zweiten Generation, die auch gegen die Corona-Mutanten wirken sollen. "Diese Kandidaten basieren auf neuen mRNA-Rückgraten und integrieren potentielle Varianten in multivalenten Impfstoffformaten sowie kombinierte Impfstoffe", hieß es. Erste Daten des Impfstoffkandidaten CV2CoV seien kürzlich zur Veröffentlichung im Fachmagazin Nature Communications angenommen worden.

Entwicklung seit Januar 2020

Curevac begann mit der Entwicklung seines mRNA-basierten Corona-Impfstoffs im Januar 2020. Er basiert auf einer optimierten, chemisch nicht-modifizierte mRNA, "die für das präfusionsstabilisierte Full Spike-Protein des SARS-CoV-2-Virus kodiert und in Lipid-Nanopartikeln (LNP) formuliert ist", erklärte das Unternehmen.

Die klinischen Studien der Phase 1 sowie 2a für CVnCoV starteten im Juni und. September 2020. Im November 2020 veröffentlichte Curevac Interimsdaten der Phase-1-Studie. Sie zeigten, "dass der Curevac-Impfstoff in allen getesteten Dosen gut verträglich war und zu ersten Anzeichen einer T-Zellen-Aktivierung starke Antikörperreaktionen auslöste". Die Qualität der Immunantwort war den Angaben zufolge mit der von rekonvaleszenten Covid-19-Patienten vergleichbar somit einer natürlichen Corona-Infektion ähnlich.

Im Dezember 2020 startete Curevac schließlich die zulassungsrelevante Phase 2b/3-Studie, die sogenannte Herald-Studie, mit einer 12µg-Dosis von CVnCoV. Nachdem erste Ergebnisse vielversprechend waren, initiierte der Impfstoffhersteller im Februar 2021ein rollierendes Zulassungsverfahren für CVnCoV bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Jetzt folgte die Ernüchterung mit der niedrigen Wirksamkeit der Zwischenergebnisse von nur 47 Prozent.

Hier finden Sie die von Curevac vorgestellten Ergebnisse.

(kt)

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