EU-Förderung ERC Synergy Grant - welche mitteldeutschen Hochschulen bekommen Geld?
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09. November 2024, 13:00 Uhr
Der bedeutendste europäische Förderpreis für Forschung geht an 57 europäische Projekte. Vier Projekte befinden sich in Mitteldeutschland und werden mit insgesamt knapp 44 Millionen Euro unterstützt.
Gleich vier Forschungsprojekte aus Mitteldeutschland erhalten den ERC Synergy Grant 2024. Dabei handelt es sich um eine der bedeutendsten Forschungsförderungen Europas. Die Forschungsteams werden bis zu sechs Jahre in einer maximalen Höhe von jeweils zehn Millionen Euro gefördert. Dafür müssen die Teams mindestens 30 Prozent ihrer Arbeitszeit für das ERC-Projekt aufbringen und mindestens 50 Prozent der Arbeitszeit innerhalb der Europäischen Union oder eines assoziierten Staates einplanen.
Europaweit wählte der Europäische Forschungsrat aus 548 Anträgen aus und fördert schließlich 57 Projekte mit einer Gesamthöhe von 571 Millionen Euro. 34 Projekte davon sind mit deutscher Beteiligung. Knapp 44 Millionen Euro gehen an vier Forschungsprojekte, die auch in Mitteldeutschland laufen:
- Ultrathin Two: Dimensional Polymer Heterostructure Membranes Enabling Unidirectional Ion Transport (Ultradünne zweidimensionale Polymer-Heterostruktur-Membranen, die unidirektionalen Ionentransport ermöglichen) von der TU Dresden und dem MPI in Halle wird mit 10 Millionen Euro gefördert.
- Tracing the origin of clonal pathogenesis (Dem Ursprung der klonalen Pathogenese auf der Spur) von der TU Dresden bekommt 10 Millionen Euro Unterstützung.
- Targeting the vascular: immune interface to induce anti-tumor immunity (An der Schnittstelle zwischen Gefäßen und Immunsystem ansetzen, um eine Anti-Tumor-Immunität zu induzieren) von der Otto-Von-Guericke-Universität Magdeburg wird mit 9,45 Millionen Euro gefördert.
- Active Hybrid Photonic Integrated Circuits for Ultra-Efficient Electro-Optic Conversion and Signal Processing (Aktive hybride photonische integrierte Schaltungen für hocheffiziente elektrooptische Umwandlung und Signalverarbeitung) von der Friedrich-Schiller-Universität Jena erhält 14 Millionen Euro.
TU Dresden & MPI Halle: Ultradünne zweidimensionale Polymer-Heterostruktur-Membranen
Das erste Forschungsprojekt beschäftigt sich mit alltäglichen Trennverfahren, die bei der Arzneimittelentwicklung und -reinigung, der Reinigung von Abwässern oder der Trennung des Stofftransports in Brennstoffzellen zum Einsatz kommen. Jedoch sind diese Trennverfahren energieaufwändig, da die dafür notwendigen Membranen relativ dick sind.
Mit dem Projekt 2DPolyMembrane hat das Forschungskonsortium bereits eine ultradünne, nanoporöse Membran entwickelt, die nur 10 bis 50 Nanometer dick ist. Dadurch können auch Partikel wie Wasserstoffisotope aussortiert werden. Zudem kann mit dieser Membran die Energieeffizienz gesteigert werden.
Das Projekt wird insgesamt mit zehn Millionen Euro gefördert, davon gehen drei Millionen Euro an die TU Dresden. Das übrige Fördergeld wird zwischen der Universität Leiden (Niederlande) und dem Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle (Saale) aufgeteilt.
TU Dresden: Ursprung der klonalen Pathogenese
Das zweite Forschungsprojekt (ClonEScape) der TU Dresden beschäftigt sich mit der Entstehung und Verbreitung von Tumorzellen. Dabei geht es auch um die Frage: Mit welchen Strategien umgehen die mutierten Zellen die Schutzmechanismen des Körpers, vermehren sich und führen schließlich zu einer Krebserkrankung? Anhand der Erkenntnisse sollen neue Ansätze zur Prävention, Erkennung und Behandlung von Krebs in einem frühen Stadium entstehen.
Das Forschungsprojekt wird gemeinsam mit den Universitäten Cambridge (Großbritannien) und Daejeon (Südkorea) umgesetzt. Die Fördermittel für sechs Jahre betragen zehn Millionen Euro, wovon etwa 1,5 Millionen Euro an das Forschungsteam an der TU Dresden gehen.
Universität Magdeburg: Eine Anti-Tumor-Immunität
Das Projekt Vasc-Immune wird mit 9,45 Millionen Euro gefördert und zwischen der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Universität Uppsala (Schweden) aufgeteilt. Das Ziel ist es, Blutgefäße in Krebsgeweben so zu verändern, dass Krebszellen besser von Abwehrzellen des Immunsystems erreicht und bekämpft werden können.
Bahnbrechend in der Immuntherapie war die Entwicklung von Antikörpern, die sich an sogenannte Immun-Checkpoint-Rezeptoren binden. Diese Rezeptoren befinden sich auch auf der Oberfläche von Zellen der erworbenen Immunabwehr (den sogenannten T-Zellen). Sie regulieren wichtige Abwehrfunktionen. Doch im Krebsgewebe begrenzen die Rezeptoren die Fähigkeit von T-Zellen, bösartige Zellen anzugreifen und zu zerstören.
Wenn mehr T-Zellen in den Körper gelangen, erhöht dies die Überlebenschancen von vielen Patienten. Die Zellen kommen über Blutgefäße in den Blutkreislauf. Dabei kommunizieren die Endothelzellen (Zellen der Blutgefäße) und die Zellen des Immunsystems in Krebsgeweben miteinander und beeinflussen sich wechselseitig. Mit dem Vasc-Immune-Projekt wird diese Interaktion untersucht.
Das Team konzentriert sich dabei auf den schwarzen Hautkrebs (das Melanom) und bösartige Hirntumore (das Glioblastom). Bei Melanom verläuft die Immuntherapie bei vielen Patienten erfolgreich, doch beim Glioblastom bleiben die Ansätze bisher wirkungslos.
Die gezielte Umprogrammierung von Blutgefäßen in Krebsgeweben stellt zwar eine große Herausforderung dar, hat jedoch bei Experimenten mit Mäusen funktioniert. Dieses Wissen soll während der nächsten sechs Jahre auf den Menschen übertragen werden.
Uni Jena: Beschleunigte Datenübertragung
Damit Streaming von Filmen, Online-Meetings und das Verschicken von Daten in einer digitalen Welt blitzschnell funktionieren, werden die elektrischen Signale in lichtschnelle optische Signale umgewandelt und verstärkt. Doch diese Geschwindigkeit hat Grenzen, die man an der Universität Jena überwinden will.
Dafür wird das Projekt Athens mit 14 Millionen Euro gefördert, die sich die Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (Schweiz), das Karlsruher Institut für Technologie und die Friedrich-Schiller-Universität Jena teilen – etwa 2,7 Millionen Euro davon gehen nach Jena.
Prinzipiell funktioniert ein solcher elektrooptischer Übersetzer und Verstärker auf einem winzigen Chip bereits. Nun soll diese Technologie ausgeweitet, optimiert und im Idealfall in Schaltkreise auf einem gemeinsamen Chip integriert werden. Dafür werden unterschiedliche Leuchtzentren getestet, sodass der ganze Wellenlängenbereich – von 800 bis 1700 nm – abgedeckt ist.
Zudem sollen neue nicht-linear optische Materialien in photonisch-integrierte Schaltkreise (PICs) eingebaut werden. Dafür muss die Materialprobe mit Ionen bestrahlt werden, bis diese in einer bestimmten Tiefe gezielt brechen. Diese neue, einkristalline Schicht wird dann auf ein anderes Material aufgetragen. Dadurch soll eine schnelle Datenübertragung auch in Zeiten der KI gewährleistet werden.
Links/Studien
Bundesministerium für Bildung und Forschung: Synergy Grants
ERC Synergy Grants 2024: Liste der Preisträger
Pressemitteilung vom 5. November 2024: ERC Synergy Grants for 57 teams tackling major scientific challenges
Pressemitteilung vom 5. November 2024 der Otto-Von-Guericke-Universität Magdeburg: Blutgefäße als Schlüssel zu wirksameren Krebsimmuntherapien
Pressemitteilung vom 5. November 2024 der TU Dresden: EU-Millionenförderungen: Erstmals gehen zwei renommierte ERC Synergy Grants an TUD-Forscher
Pressemitteilung vom 5. November 2024 der Friedrich-Schiller-Universität Jena: Physiker der Universität Jena erhält ERC Synergy Grant für Projekt, das die Datenübertragung beschleunigen soll
pk
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 30. Mai 2024 | 21:45 Uhr