Auf einem Computerbildschirm ist der Scan einer Pupille zu sehen.
Bildrechte: Martin Otter, MPI Psychiatrie

Wissen-News Was die Reaktion unserer Pupillen über Depression verrät

15. Januar 2024, 18:00 Uhr

Unsere Pupillen helfen Forschenden dabei, besser zu verstehen, was bei Depressionen im Gehirn des Menschen passiert. Sie konnten nun einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Pupillenreaktion und dem Verlust der Emotion Freude aufzeigen. Das trägt dazu bei, die physiologischen Mechanismen hinter der Depressionserkrankung besser zu verstehen.

Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir an einer Depression erkranken? Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie mithilfe von Pupillen untersucht. Denn aus der Reaktion dieser bei Betroffenen lassen sich Rückschlüsse auf die Aktivität im Gehirn ziehen. Für die Untersuchung haben die Forschenden die Pupillenreaktion von Probandinnen und Probanden gemessen, während diese eine Aufgabe lösten. Wenn es während der Aufgabe eine Aussicht auf eine Belohnung gab, weiteten sich die Pupillen der gesunden Personen. Bei den depressiven Menschen sei die Reaktion dagegen wenig ausgeprägt gewesen. "Besonders deutlich war die geringere Pupillenreaktion bei PatientInnen, die keine Freude mehr empfinden konnten und von einem Mangel an Energie berichteten", erklärt der Erstautor der Studie, Andy Brendler. Die Antriebslosigkeit ist eines der meist beobachteten Symptome bei Depression.

Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Antriebslosigkeit entsteht, weil ein bestimmter Bereich im zentralen Nervensystem nicht ausreichend aktiviert werde, so die Forschenden. Denn die Pupillenreaktion sei ein Marker für die Aktivität im Locus Coeruleus. Das ist die Gehirnstruktur mit der größten Ansammlung sogenannter noradrenerger Neuronen im zentralen Nervensystem. Und diese noradrenergen Nervenzellen reagierten wiederum auf den Neurotransmitter Noradrenalin, der ein wichtiger Bestandteil der Stressreaktion des Körpers sei und das Nervensystem aktiviere beziehungsweise hochreguliere. Bleibt diese Aktivierung des Locus Coeruleus allerdings aus, so das Forschungsteam, scheint das zum Gefühl der Antriebslosigkeit zu führen. Die Studie zeige, dass das ein entscheidender physiologischer Prozess bei Depressionen sei, so das Forschungsteam.

Die Messung der Pupillenreaktion - die Pupillometrie - könne künftig als ergänzende Methode für die Diagnose von Depression genutzt werden, schlagen die Forschenden vor. Sie trage demnach auch dazu bei, individualisierte Behandlungsstrategien für Depression zu entwickeln, denn wenn eine betroffene Person die Beeinträchtigungen bei der Pupillenreaktion zeige, könnten Antidepressiva, die auf das noradrenerge System wirkten, gezielt genutzt werden und effektiver als andere Medikamente sein.

Link zur Studie

Brendler, Andy et al.: Assessing hypo-arousal during reward anticipation with pupillometry in patients with major depressive disorder: replication and correlations with anhedonia. In: Scientific Reports, Volume 14 (2024). DOI: 10.1038/s41598-023-48792-0.

(kie)

Mehr zum Thema

0 Kommentare