Zwei radfahrende Personen fahren mit dem Rücken zur Kamera in eine Fahrradstraße einer Großstadt. Bewegungsunschärfe. Parkende Autos am Straßenrand.
Fahrradstraßen sind eine von vielen Möglichkeiten der Verkehrsberuhigung – wie hier in Berlin. Bildrechte: imago/Photothek

Wissen-News Tempo 30 und Superblocks: Verkehrsberuhigung sorgt für Entlastung statt Kollaps

Tempo 30 bringts: Verkehrsberuhigung führt tatsächlich zu einem Verkehrsrückgang und nicht zu einer Verlagerung. Das ergab eine Gesamtanalyse zahlreicher Untersuchungen zum Thema.

Wer keine Straße säht, erntet keinen Verkehr – auch nicht an anderer Stelle: Die Einführung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen führt zu keinem Verkehrskollaps. Stattdessen würden Verkehrswege wirklich entlastet und nicht einfach verlagert. Zu diesem Schluss kommt das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu), das in einer Metanalyse empirisch belegte Befunde aus dreißig nationalen und internationalen Verkehrsberuhigungs-Projekten ausgewertet hat.

Tempo-30-Zonen, Fahrradstraßen und Superblocks: Verkehrsberuhigung

Zur Verkehrsberuhigung zählt neben Tempo-30-Zonen, Fahrradstraßen und besseren Fußwegen auch die Einführung sogenannter Superblocks. Superblocks sind dicht besiedelte Wohnstraßenblocks, die für den Durchgangsverkehr gesperrt sind und in die Kraftfahrzeuge nur langsam ein- und ausfahren können. Zufußgehende und Radfahrende haben Vorrang, der ÖPNV wird an den Außenkanten des Blocks optimiert. Der neu entstandene Raum kann dadurch öffentlich genutzt werden, mit Bepflanzung, Erholungs- und Aufenthaltsflächen. Das Konzept stammt aus Barcelona, wo sich Superblocks auch wirtschaftlich vorteilhaft zeigten und zu keinem Geschäftssterben, sondern einer Zunahme lokaler Läden um dreißig Prozent geführt hätten.

Clara-Zetkin-Straße: Vorzeigebeispiel in Erfurt verbesserte Stadtverkehr

Fast alle vom Difu analysierten Untersuchungen hätten belegt, dass Verkehr sich nicht verlagere und nicht wie eine Flüssigkeit an anderer Stelle abfließe oder dort zu einem Kollaps führe. Stattdessen sei eine Verringerung des Verkehrsaufkommens zu beobachten. Das Difu verweist auf einen Rückgang um 15 bis 28 Prozent in der Fläche, 25 bis 69 Prozent in Innenstädten sowie vier bis 52 Prozent im Umfeld einzelner umgestalteter Straßen. So sank etwa das Verkehrsaufkommen in der vielbefahrenen Erfurter Clara-Zetkin-Straße um vierzig Prozent, ohne zu einem Verkehrskollaps an anderer Stelle zu führen.

Insgesamt werde nachweislich mehr zu Fuß gegangen oder Fahrrad gefahren. Der Zuwachs an Lebensqualität und Mobilität müsse nun auf kommunaler Ebene berücksichtigt werden.

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49 Kommentare

MDR-Team vor 42 Wochen

@Ralf G
Von "Verkehr ist weg" ist im Artikel keine Rede, sondern von einer Reduzierung. Kurzfristig kann es Umgestaltungen von Straßen wie bei Clara-Zetkin-Straße natürlich zu einer höheren Verkehrsbelastung im Umfeld führen, die sich langfristig aber legen sollte.
LG, das MDR-Wissen-Team

MDR-Team vor 42 Wochen

@ralf meier
Auf die Kritik zu Ihrer Quelle wurde nun mehrfach reagiert und zwar nicht "pauschal" oder "ohne jeden Beleg". Ansonsten können Sie und andere unsere Quellen kritisieren, genauso wie wir Ihre. Wenn Sie das als "einseitig" betrachten, ist das Ihre Sache.

MDR-Team vor 42 Wochen

@ralf meier
Was ist an Zweifeln "diffamierend"? Kennen Sie die Bedeutung des Wortes? Zweifel und prinzipielle Skepsis sind Grundvoraussetzungen im Journalismus. In dem von Ihnen zitierten "Focus"-Artikel steht zudem "Gerade dafür sind Tempo-30-Zonen aber kontraproduktiv: Die geringsten CO2-Emissionen hätten moderne Fahrzeuge bei 60 km/h, so die Leopoldina." Wo hat die Leopoldina diese Informationen veröffentlicht?