Chemiepark Bitterfeld-Wolfen
Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen entsteht eine bislang einzigartige Versuchs- und Technologie-Plattform für noch saubereres Wasser. Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Fraunhofer-Forschung Testfeld für sauberes Wasser in Bitterfeld-Wolfen

05. Oktober 2022, 13:30 Uhr

Mit Fraunhofer-Technologie im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen soll die Reinigung von industriellem Abwasser auf ein neues Niveau gehoben werden. Es geht auch darum, wiederverwertbare Stoffe aus dem Abwasser zu holen.

Ein Blick in die jüngere Vergangenheit:
Was zu viele Salze in unseren Gewässern anrichten können, hat man im Sommer beim großen Fischsterben an der Oder gesehen. Man weiß nicht genau, woher diese Salze stammten, laut Untersuchungsbericht komme so etwas aber "typischerweise aus Einleitungen von industriellen oder kommunalen Kläranlagen".

Ein Blick in die Zukunft:
Kläranlagen sollen künftig in der Lage sein, solche Salze, aber auch Metalle noch effektiver aus dem Wasser zu holen und herausgefilterte Rohstoffe einer Wiederverwendung zuzuführen. Das hilft Industrie und Natur.

Ein Blick in die Gegenwart:
Genau daran arbeiten derzeit mehrere Fraunhofer-Institute, federführend das für Keramische Technologien und Systeme (IKTS). Und die Forschung findet nicht im Labor statt, sondern vor Ort im Klärwerk, und zwar in einem der größten und modernsten überhaupt, dem Gemeinschaftsklärwerk Bitterfeld-Wolfen, wo neben kommunalen Abwässern vor allem die industriellen Abwässer der knapp 300 Unternehmen des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen gereinigt werden.

Versuchscontainer im Gemeinschaftklärwerk Bitterfeld-Wolfen. Hier werden neue Wassertechnologien praxisnah erprobt, um Energie und wertvolle Rohstoffe aus chemischen Prozesswässern zurückzugewinnen.
Versuchscontainer im Gemeinschaftklärwerk Bitterfeld-Wolfen. Hier werden neue Wassertechnologien praxisnah erprobt, um Energie und wertvolle Rohstoffe aus chemischen Prozesswässern zurückzugewinnen. Bildrechte: Fraunhofer IKTS

Modernste Technologien

Optisches Sensorsystem, das Mikroschadstoffe im Abwasser nachweist und somit Reinigungsprozesse zukünftig bedarfsgerecht steuern kann.
Optisches Sensorsystem, das Mikroschadstoffe im Abwasser nachweist und somit Reinigungsprozesse zukünftig bedarfsgerecht steuern kann. Bildrechte: Fraunhofer IKTS

Das Wissenschaftler-Team rückt den Abwässern mit State-of-the-Art-Equipment zu Leibe. Ein Beispiel sind intelligente, schaltbare Membranen, die bestimmte Mikroschadstoffe erkennen und sie dann separieren. Außerdem werden auch biologische und elektrochemische Methoden sowie modernste Sensortechnik genutzt.
"Wir testen zum Beispiel die Leistungsfähigkeit neuartiger Sensorsysteme, die auf Grundlage der Oberflächenplasmonenresonanz-Spektroskopie arbeiten. Dabei verändern die nachzuweisenden Schadstoff-Moleküle, die auf einem nanostrukturierten Sensorsubstrat anhaften, die Lichtbrechung. Der Sensor registriert die veränderte Brechzahl des Lichts, misst so die Schadstoffkonzentration im Wasser und könnte damit einen Reinigungsprozess steuern", erklärt André Wufka vom Fraunhofer-Institut.

Und dann sind da eben noch die Salze, die gerade bei Produktionsabwässern häufig ein Bestandteil sind, selbst das gereinigte Wasser enthält noch Anteile an Salzen, was wie beim Oder-Fischsterben hochproblematisch werden kann.
"In einer Hitzeperiode wie beispielsweise im Sommer 2022 sinkt der Flusspegel, und dementsprechend steigen die Konzentrationen von im Flusswasser enthaltenen Stoffen. Das kann für die Flora und Fauna unter Wasser erhebliche Folgen haben", sagt André Wufka. Das Fraunhofer IKTS arbeitet deshalb gemeinsam mit den Partnerinstituten nicht nur an Lösungen, um die gewonnenen Salze wieder in der Produktion einzusetzen, sondern auch daran, sie noch effektiver aus dem Abwasser zu entfernen.

Umweltschutz direkt im Unternehmen

Die neuen Filter- und Reinigungstechnologien sollen nicht nur Klärwerken zugutekommen, sondern können bestenfalls auch direkt in der industriellen Produktion eingesetzt werden. Hier spielt die Flexibilität der Technologie-Plattform eine Rolle.
"Unternehmen der chemischen Industrie beispielswiese können eine von uns entwickelte Anlage zur Rückgewinnung von Rohstoffen im Abwasser direkt in der Produktionshalle aufstellen", sagt Dr. Burkhardt Faßauer, Leiter der Abteilung Kreislauftechnologien und Wasser beim Fraunhofer IKTS.

Auch beim Chemiepark Bitterfeld-Wolfen wird darauf gesetzt. "Das Abtrennen und Sammeln wiederverwendbarer Rohstoffe aus dem Prozesswasser ist ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und ein Schlüssel für die Effizienz in der industriellen Produktion. Zudem senkt es die Kosten", sagt Max Fuhr, kaufmännischer Leiter des Chemieparks. "Daneben erwarten wir, dass innovative Aufbereitungstechnologien uns in Zukunft helfen, die Ressource Wasser am Standort noch nachhaltiger zu nutzen und die weitere Ansiedlung innovativer Unternehmen zu ermöglichen."

(rr)