Winterlinge, Schneeglöckchen, Krokusse in einem Garten
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Natur beobachten Mit phänologischen Pflanzen die Jahreszeiten bestimmen

28. Februar 2022, 15:53 Uhr

Die tatsächlichen Jahreszeiten stimmen meist nicht exakt mit dem metereologischen Kalender überein. Sogenannte phänologische Pflanzen markieren für die Metereologen die Jahreszeitenabschnitte. So markiert die Blüte der Haselnuss den Vorfrühling. Für die Wetterbeobachtung sucht der Deutsche Wetterdienst nach ehrenamtlichen Helfern, den Phänologen.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff Phänologie?

Der Beginn der Jahreszeiten ist mit bestimmten Ereignissen terminlich festgelegt. Astronomisch nach dem Sonnenstand und meteorologisch ab dem 1. März alle drei Monate zu Monatsbeginn. Das Wachstum der Pflanzen hält sich allerdings nicht an diese starre Einteilung. Deshalb gibt es den sogenannten phänologischen Kalender. Bei der Phänologie handelt es sich um die Lehre von den im Jahresverlauf periodisch wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen in der Natur. Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort so viel wie die "Lehre von den Erscheinungen".

Zehn phänologische Jahreszeiten

In der Phänologie gibt es nicht nur die bekannten vier Jahreszeiten, sondern eine feinere Gliederung, und zwar in gleich zehn Phasen. Diese Feingliederung ist an bestimmte Ereignisse in der Pflanzenwelt geknüpft. So beginnt mit der Erlen- und Haselblüte der Vorfrühling. Den folgenden Erstfrühling bestimmt unter anderem die Blüte von Forsythie, Stachelbeere und Kirsche.

Die reifen Früchte des schwarzen Holunder zur Sommerzeit
Blüten und Früchte des Holunders dienen ebenfalls als Jahreszeit-Indikatoren. Bildrechte: imago/Gottfried Czepluch

Der nun folgende Sommer ist wie der Frühling dreigliedrig. Im Frühsommer zeigen sich zum Beispiel die Blüten des Holunders und der Robinie. Im Hochsommer verströmt die Linde ihren wohlriechenden Duft und die ersten Johannisbeeren können genascht werden. Der Spätsommer lässt sich unter anderem an der Reife der Vogelbeeren erkennen. Schon beginnt der Frühherbst mit Herbstzeitlosen und die Holunderbeeren reifen. Färbt sich das Laub der Bäume, ist Vollherbst. Fällt es ab, ist Spätherbst. Der Winter ist die Zeit zwischen dem Ende der Vegetation bis zur Haselblüte.

Verschiedene phänologische Pflanzen

Als Zeigerpflanzen werden häufig vorkommende Wild-, Nutz- oder Zierpflanzen ausgewählt. Sie variieren von Region zu Region, schließlich herrschen im Flachland andere klimatische Bedingungen als im Mittelgebirgs- und Hochland.

Zeigerpflanzen und Naturphänomene im Jahreslauf (Auswahl)
Phänologische Jahreszeit Zeigerpflanzen/Naturphänomene
Vorfrühling Haselnuss, Schneeglöckchen, Märzenbecher blühen
Erstfrühling Forsythie, Beerensträucher, Birne, Pflaume, Kirsche blühen, Laub bei Buchen und Birken
Vollfrühling Apfel, Flieder, Rosskastanie blühen, Eichen entfalten ihr Laub
Frühsommer Holunder, Robinie, Gräser
Hochsommer Wegwarte, Kartoffel blühen, Beeren reifen
Spätsommer Heide, Herbst-Anemone blühen, frühe Obstsorten reifen
Frühherbst Herbstzeitlose blüht, Reife Holunder und Haselnüsse
Vollherbst Beginn Laubverfärbung
Spätherbst Ende Laubfall
Winter weitgehende Vegetationsruhe

Auswirkungen des Kimawandels auf die Phänologie

Seit den 1980er Jahren zeigt sich, dass die Vegetationsperiode vieler Pflanzen früher beginnt. Schon im Dezember 2020 gab es zum Beispiel einzelne Sichtungen der Haselblüte.

Die Haselnuss blüht erst, wenn sie einen Kältereiz bekommen hat. Kam dieser schon im November und im Dezember und ist es anschließend wieder wärmer, beginnt die Blüte. Trockenes Wetter begünstigt die frühe Blüte, so Phänologieexpertin Anja Engels vom Deutschen Wetterdienst (DWD).
Die vorzeitige Blüte kann zum Problem für Pflanzen und Insekten werden. Bei den Pflanzen drohen Fröste im Frühjahr die Blüten erfrieren zu lassen. Und Insekten, die noch Winterruhe halten, wenn ihre Wirtspflanzen bereits blühen, verlieren so wertvolle Nektarquellen. Außerdem fehlen dadurch Bestäuber für diese Pflanzen.

Bedeutung der Phänologie für Landwirtschaft und Allergiker

Für die Landwirtschaft ist die Phänologie essenziell, denn ihre Arbeiten sind an Naturphänomene und den Jahreszeitenlauf gekoppelt. Doch auch Allergiker profitieren von der Beobachtung der Pflanzenwelt. Informationen darüber, welche Pflanzen gerade blühen, machen es ihnen leichter, ihre gesundheitliche Belastung abzuschätzen.

Ehrenamtliche Phänologen für den DWD gesucht

Insbesondere der DWD nutzt phänologische Beobachtungen zur Erstellung seiner vielfältigen Wetterprognosen und Klimadiagnostiken. Etwa 1.100 Ehrenamtliche sind derzeit in ganz Deutschland aktiv und melden ihre Beobachtungen an den DWD. Doch es waren einst mehr, sagt Anja Engels. Leider sind schon viele aus Altersgründen ausgeschieden. Deshalb freut sich das Phänologie-Team über jede neue Unterstützung. Grundsätzlich kann jeder Interessierte Phänologe werden. Voraussetzung ist, dass man naturinteressiert und regelmäßig draußen ist.

Das Beobachtungsgebiet ist bis zu 5 km groß und kann meist frei gewählt werden. Manchmal wird es allerdings auch zugewiesen, wenn sich beispielsweise zwei Naturräume überschneiden. Der DWD sucht die Pflanzen aus, auf deren Entwicklung die Phänologen achten sollen. Dazu gibt es auch eine bebilderte Anleitung. Beim DWD erfahren Sie, ob auch in Ihrer Region Phänologen gesucht werden.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 01. Januar 2021 | 13:00 Uhr