Ein Zahnarzt schaut sich mit einem Spiegel die Zähne einer Patientin in seiner Zahnarzt-Praxis an.
Das Amalgam-Verbot soll 2025 kommen – welche Füllung danach ohne Zuzahlung zu bekommen ist, ist noch unklar. Bildrechte: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd

Kritik von Zahnärzten EU-Verbot von Amalgam kommt: Zuzahlungsfreie Zahnfüllung noch nicht gefunden

13. Februar 2024, 08:04 Uhr

Ab 2025 sind Amalgam-Füllungen beim Zahnarzt verboten, so will es die EU. Aktuell ist Amalgam der einzige Füllstoff, bei dem keine Zuzahlung vom Patienten fällig wird. Was die Krankenkasse künftig trägt, ist noch unklar.

Seit Jahren wird über ein Verbot von Amalgam-Füllungen diskutiert, nun steht es unmittelbar bevor. Bereits ab Januar 2025 sollen damit keine Zahnreparaturen mehr durchgeführt werden dürfen.

Amalgam-Füllungen ein Gesundheitsrisiko?

Bei Florian Schulze ist die Freude darüber groß. Er ist Geschäftsführer der IG Umwelt Zahn Medizin, einer Verbraucherschutz-Organisation, die sich seit 2017 für das Amalgam-Verbot einsetzt. "Das große Problem bei den Amalgam-Füllungen ist, dass die zu 50 Prozent aus Quecksilber bestehen. Und dieses Quecksilber ist eines der giftigsten Stoffe, die wir weltweit haben und ein Risiko für die Gesundheit."

Vor allem beim Einbringen und Entfernen von Amalgam-Füllungen entstehen Quecksilberdämpfe. Für Schwangere, Stillende, Kinder unter 15 Jahren und Menschen mit Nierenerkrankungen gibt es deshalb bereits ein Verbot.

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MDR SACHSEN-ANHALT So 30.07.2023 12:00Uhr 00:25 min

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Für alle anderen bestehe kein Risikofaktor, sagt der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Prof. Christoph Benz. "Wir haben wahnsinnig viel Wissenschaft. Auch eine ganz große Studie, wo die Industrie das Geld gegeben hat und eine Kooperation verschiedenster medizinischer Disziplinen, die mal wirklich diese Beschwerden abgeklopft hat. Das war noch vor der Jahrtausendwende und da ist gar nichts rausgekommen. Diese Gefährdungslage ist nicht nachweisbar."

EU will kein Quecksilber in der Umwelt mehr

Tatsächlich will die EU Amalgam-Füllungen auch nicht verbieten, weil sie dem Körper direkt schaden könnten, sondern weil Quecksilber gänzlich aus der Umwelt entfernt werden soll.

Das Verbot betrifft auch ausschließlich neue Füllungen. Wer bereits eine oder mehrere hat, für den ändert sich nichts, erklärt Dr. Knut Karst, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen. "Eine funktionierende Füllung würde ich als Zahnarzt immer belassen. Es gibt keinen Grund, eine funktionierende Amalgam-Füllung auszutauschen. Es gehört auch nicht zum Bestandteil einer gesetzlichen Kasse, dass wird das dann austauschen sollen."

Kritik der Zahnärzte: Unklar, ob Füllungen ohne Zuzahlungen künftig möglich sind

Karst und viele seiner Zahnarztkollegen hatten darauf gehofft, dass das Verbot erst 2030 kommt. Er sagt, dass die Nachfrage ohnehin nachgelassen hat. "Während früher sicherlich bis zu 30 Prozent der Füllung aus Amalgam waren, sind wir heute bei unter acht Prozent. Das liegt daran, dass Patienten auch höhere ästhetische Ansprüche haben und sich dann für das aufwendigere Füllungsmaterial wie Kunststoffe entscheiden, da dies zahnfarben ist und ihren ästhetischen Ansprüchen natürlich besser gerecht wird."

Aus dem Verbot ergibt sich ein weiteres Problem. Amalgam ist aktuell der einzige Füllstoff, der für Patienten kostenlos ist. "Uns bricht im Prinzip damit der zuzahlungsfreie Füllungswerkstoff weg. Und das ist für bestimmte Patientengruppen auch hier und da nicht zu leisten, diese Zuzahlung. Gerade, wenn es sich um mehrere Füllungen handelt."

Karst zufolge sind andere Füllstoffe wie Zement, Keramik oder Gold in der Kosten-Nutzen-Rechnung teurer als Amalgam. Aktuell laufe eine Studie, um einen Nachfolger festzulegen. Im Anschluss müssten sich dann die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen zusammensetzen und darüber beraten, ob dieser Füllstoff künftig voll bezuschusst werden kann.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. Februar 2024 | 06:21 Uhr

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