Kurznachrichtendienst Twitter-Umbau stellt Polizei und Feuerwehr vor Probleme in Großschadenslagen

11. Juli 2023, 13:09 Uhr

Polizei und Feuerwehr nutzen Twitter gerade bei Großschadens- und Katastrophenlagen sehr intensiv. Durch den Umbau von Twitter gibt es Einschränkungen und damit Probleme, die Bevölkerung zu warnen und zu informieren.

Lydia Jakobi, Autorin und Reporterin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Am 5. Juli setzt die Feuerwehr Hamburg einen empörten Tweet ab. Man entschärfe gerade eine Fliegerbombe und Twitter melde, man habe das Zugriffslimit erreicht. Die Social-Media-Redakteure konnten nicht mehr sehen, was Menschen im Umfeld der Bombenentschärfung erlebten und schrieben. Bei gefährlichen Einsatzlagen kann das problematisch sein. Denn für viele Behörden ist Twitter eine wichtige Plattform geworden.

Krisenkommunikation über Twitter

Bestes Beispiel: Der Anschlag in München 2016, als die Polizei bei Twitter über die Gefahr informierte. Jan Ole Unger ist bei der Feuerwehr Hamburg für die Social-Media-Kommunikation zuständig. "Die Feuerwehr Hamburg nutzt Twitter seit 2015, vorwiegend für Einsatzkommunikation, im Brandschutz, in der technischen Hilfeleistung, für größere Einsatzlagen, die medien- oder öffentlichkeitsrelevant sind. Wir nutzen den Kanal darüber hinaus für Risiko- und Krisenkommunikation und ab und zu auch, um mit der Community in einen interaktiven Austausch zu gehen."

Ganz ähnlich nutzt die Feuerwehr Dresden Twitter. Dem Account folgen etwa 12.000 Menschen – nur ein Bruchteil der Stadtbewohner. Doch unter den Followern sind viele Journalisten und Institutionen, die die Meldungen der Feuerwehr schnell weitergeben.

Kritik an Elon Musks Veränderungen

Entsprechend aufmerksam verfolge man den Umbau des Kurznachrichtendienstes seit der Übernahme durch Elon Musk, sagt Michael Klahre, Chef der Social-Media-Abteilung: "Gleichwohl ist es nach wie vor ein wichtiges Medium, das wir bedienen und wir nutzen es weiterhin. Aber wir haben schon geschaut: Gibt es eventuell Alternativen? Wie können wir unsere Krisenkommunikation noch breiter aufstellen als nur auf Twitter, anderen Social-Media-Kanälen und unserer Webseite? Wir finden es sehr schade, dass es diese Entwicklung gerade nimmt."

Die Änderungen bei Twitter sind vielfältig: Wer als verifizierter Account gelten will, muss teilweise bezahlen. Auch eine bestimmte Funktion, die das Sortieren von Inhalten erleichtert, das sogenannte Tweetdeck, wird demnächst kostenpflichtig. Dass nicht-verifizierte Profile nur eine begrenzte Anzahl von Tweets lesen und schreiben konnten, galt hingegen nur temporär. Patrick Martin, Sprecher der Landespolizeidirektion Thüringen sagt dazu: "Wir nehmen das als aktive Nutzer durchaus wahr, haben aber selbst als Behörde damit momentan überhaupt keine Probleme."

Social-Media-Berater: Twitter "kein verlässlicher Kommunikationskanal mehr"

Mit jeder dieser Änderungen leide aber die Zuverlässigkeit von Twitter, meint der Dresdner Social-Media-Berater Andreas Szabo, der auch Behörden zum Umgang mit sozialen Netzwerken schult. "Insbesondere durch das Ausrollen der Tweet-Limits habe ich bei einigen Kollegen, die im Social-Media-Bereich und in Behörden arbeiten und mit denen ich mich ausgetauscht habe, deutlich die Rückmeldung gehört, dass das kein verlässlicher Kommunikationskanal mehr ist. Man muss aber auch dazu sagen: Das haben die meisten Behörden auf dem Schirm. Man sollte sich gerade bei solchen Lagen wie einer Bombenentschärfung, einem Großbrand, einer Amoklage, nie auf ein Netzwerk verlassen."

Man könne zum Beispiel überlegen, so Szabo, ob man Mobilfunk-Warnsysteme weiterentwickelt oder Menschen zusätzlich über Messengerdienste wie WhatsApp informiert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 11. Juli 2023 | 06:00 Uhr

2 Kommentare

Kleingartenzwerg am 11.07.2023

Wie kann man nur ernsthaft auf die Idee kommen bei der Verteilung und Weitergabe von nicht selten sogar überlebenswichtigen Informationen auf solche Plapper Systeme und Larry-Läden angeblich "(Un)Sozialer Medien" zu setzen.

randdresdner am 11.07.2023

Spätestens mit der Übernahme von Musk, den angekündigten Kündigungen von Mitarbeitern und dem damit verbunden Qualitätsverlust (der eh schon nicht hoch war), hätte der Startschuss für den Schwenk auf eine seriösere Plattform stattfinden müssen.

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