Ein Fahrgast sitzt am Morgen am Berliner Hauptbahnhof auf einem weitgehend leeren Bahnsteig
Der Streik der Lokführer hat begonnen: Viele Fahrgäste stehen nun vor der Frage, wie sie ihr Ziel erreichen können. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christoph Soeder

GDL-Warnstreik Lokführer haben die Arbeit niedergelegt

15. November 2023, 22:00 Uhr

Der Warnstreik der Lokführer hat begonnen – und bringt den Fahrplan der Deutschen Bahn komplett durcheinander. Weniger als 20 Prozent der Züge sollen noch fahren. Und manche ICE-Fahrt ist schon vor Streikbeginn ausgefallen. Die meisten regionalen Privatbahnen wollen während des Streiks aber fahren.

Für Fahrgäste der Bahn wird es ungemütlich: Der Warnstreik der Lokführer hat am Mittwochabend um 22 Uhr begonnen. Bis Donnerstag, 18 Uhr, ist mit großen Einschränkungen im Fernverkehr zu rechnen. Wie die Bahn mitteilte, werden in dieser Zeit weniger als 20 Prozent der Intercity- und ICE-Züge fahren. Vollständig eingestellt werde der Fernverkehr allerdings nicht. Es sei gelungen einen Notfahrplan aufzustellen.

Zugausfälle schon vor Streikbeginn

Die digitale Fahrplan-Auskunft wollte die Bahn bis zum Mittag aktualisieren. Es würden vor allem lange Züge eingesetzt, um möglichst viele Plätze anbieten zu können. Einzelne Züge mussten demnach schon vor Beginn des Warnstreiks um 22 Uhr aus dem Verkehr genommen werden. Nur so hätte sichergestellt werden können, dass die Züge nach Streikende bereits dort seien, wo sie gebraucht würden.

Die Deutsche Bahn rief ihre Kunden auf, geplante Reisen im Streik-Zeitraum zu verschieben. Es bestehe die Möglichkeiten, Fahrten umzubuchen. Die Tickets könnten aber auch zurückgegeben werden. Der Fahrpreis werde erstattet.

Ausfälle in Sachsen

Während des Streiks werden Bad Schandau, Dresden und Riesa voraussichtlich nicht von Fernzügen bedient. Eine Bahn-Sprecherin sagte MDR SACHSEN, die Fernverbindungen zwischen Dresden und Leipzig sowie Dresden und Berlin seien gestrichen. Gestrichen wurden für Donnerstagfrüh auch die beiden IC-Verbindungen von Chemnitz über Freiberg und Dresden nach Berlin.

Auf der Nord-Süd-Strecke Berlin-München über Leipzig will die Bahn einen Zwei-Stunden-Takt anbieten. Die Züge sind aber schon stark ausgelastet, Reservierungen sind kaum noch möglich. Wie sich der Streik auf den Nahverkehr in Sachsen auswirkt, ist noch unklar.

Das Unternehmen Länderbahn teilte am Mittwochnachmittag mit, nicht vom Steik der GDL betroffen zu sein. Die Trilex-Strecken in der Oberlausitz und Niederschlesien sowie die Verbindungen der Vogtlandbahn würden deshalb voraussichtlich fahrplangemäß bedient. Passagiere sollten sich dennoch vor ihrem Reiseantritt auf den Live-Fahrplänen informieren und Anschlusszüge prüfen.

Odeg rechnet mit Ausfällen

Das private Eisenbahnunternehmen Odeg erwartet ebenfalls Ausfälle auf 15 seiner Linien. Da das Unternehmen die Infrastruktur der Deutschen Bahn nutze, seien Einschränkungen möglich, hieß es. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligten sich an dem Streik aber nicht.

Von möglichen Störungen sind nach Odeg-Angaben Regionalzüge auf Strecken zwischen Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt betroffen. Unter anderem müssten Fahrgäste des RE1 von Magdeburg nach Cottbus und der RB64 von Hoyerswerda nach Görlitz mit Problemen rechnen. Das Unternehmen bedient nach eigenen Angaben Linien in allen ostdeutschen Bundesländern.

Ein Großteil der Züge in Thüringen soll trotz des Streikaufrufs der GDL fahren. Abellio, Erfurter Bahn und Süd-Thüringen-Bahn erklärten, sie würden nicht direkt bestreikt.

Regionale Unterschiede erwartet

Ein Bahn-Vertreter sagte, erfahrungsgemäß werde es regionale Unterschiede geben. Man rechne damit, dass in einzelnen Regionen gar keine Züge mehr führen. Man appelliere an die Fahrgäste, sich vor Fahrtantritt online zu informieren. Ebenfalls betroffen werde der Schienengüterverkehr sein.

Hintergrund des Warnstreiks ist die aktuelle Tarifrunde zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL. GDL-Chef Claus Weselsky begründete den Streik damit, dass die Bahn nicht bereit sei, auf die geforderte Arbeitszeitverkürzung einzugehen. Der Unmut der Beschäftigten sei groß, ihr Anliegen legitim.

Der Streikaufruf gilt nach Angaben der GDL auch für andere Unternehmen, mit denen die GDL derzeit in Verhandlungen steht. Darunter sind der Transdev-Konzern, der meist über Tochterunternehmen Nahverkehrsnetze in mehreren Bundesländern betreibt, und die City Bahn Chemnitz.

Bahn sagt Tarifgespräche ab

Die Bahn reagierte empört auf den Streikbeschluss der GDL. Personalvorstand Martin Seiler sprach von einem Unding. Gerade habe man mit der Gewerkschaft vier neue Verhandlungstermine vereinbart. Seiler verwies auf das Angebot der Bahn, die Löhne um elf Prozent anzuheben. Zudem solle es eine Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro geben. Die für Donnerstag geplanten Tarifgespräche sagte Seiler ab. Entweder werde gestreikt oder verhandelt. Beides gehe nicht.

GDL beharrt auf Verkürzung der Arbeitszeit

Die Tarifverhandlungen zwischen Bahn und GDL hatten vor einer Woche begonnen. Die GDL fordert eine Lohnerhöhung von mindestens 555 Euro im Monat. Die Zulagen für Schichtarbeit sollten um 25 Prozent erhöht werden. Die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter solle auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich reduziert werden. Die kürzeren Arbeitszeiten sind eine Kernforderung der GDL. Die Bahn lehnt das aber kategorisch ab.

AFP, dpa (jks, lu)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. November 2023 | 18:30 Uhr

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