Teilnehmer eines deutsch-französischen Jugendcamps 2016 in Verdun bei einem Gedenken zum 100. Jahrestag der Schlacht im Ersten Weltkrieg.
Teilnehmer eines deutsch-französischen Jugendcamps 2016 in Verdun bei einem Gedenken zum 100. Jahrestag der Schlacht im Ersten Weltkrieg. Bildrechte: picture alliance / dpa | Kay Nietfeld

60 Jahre Elysée-Vertrag Wie es um die ostdeutsch-französische Freundschaft steht

03. Juli 2023, 05:00 Uhr

Eigentlich wollte der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstag nach Dresden kommen und vor der Frauenkirche über die deutsch-französische Freundschaft sprechen. Wegen anhaltender Krawalle in der Heimat hat er den Besuch allerdings verschoben. Linda Schildbach ist trotzdem der Frage nachgegangen, wie es in Mitteldeutschland um die deutsch-französischen Beziehungen steht.

Dass die deutsch-französische Flamme hierzulande etwas schwächer lodert als in den frankophilen Grenzregionen Saarland und Baden-Württemberg, beobachtet auch die Leipzigerin Leonie von Krosigk. Sie ist Juniorbotschafterin für das Deutsch-Französische Jugendwerk und ihr liegt am Herzen: "Dass eine deutsch-französische Freundschaft eben auch eine gesamt-deutsch-französische Freundschaft ist und dass es auch mehr Jugendliche aus ostdeutschen Bundesländern gibt, die die Möglichkeit eines Austauschs wahrnehmen, was bedeutet, dass sie dort deutsch-französische Begegnungen machen und deutsch-französische Freundschaften schließen."

Wenige Jugendaustausche zwischen ostdeutschen Ländern und Frankreich

Deutsch-Französische Freundschaft
In Mitteldeutschland gibt es verschiedene Projekte, um die Beziehungen zu Frankreich zu fördern. Bildrechte: Colourbox

Denn was die Zahl der Jugendaustausche angeht, steht Mitteldeutschland im bundesweiten Vergleich schwach da. Dreimal weniger Jugendliche als in Rheinland-Pfalz nehmen etwa in Sachsen teil. Im Vor-Corona-Jahr sind das 2.758 gewesen. Thüringen kommt sogar nur auf die Hälfte davon. Und Schlusslicht ist laut Deutsch-Französischem Jugendwerk (kurz DFJW) Sachsen-Anhalt mit nur 575.

Allerdings, so Generalsekretär Tobias Bütow: "Sachsen-Anhalt ist geprägt durch eine sehr intensive und lebendige Regionalpartnerschaft mit Centre-Val de Loire, die zum Beispiel im Bereich Erinnerungskultur schon unglaublich tolle Projekte auf den Weg gebracht hat." Es gebe auch regelmäßig wechselseitige Besuche von Politikern, von Entscheidungsträgern.

Thüringen sticht dagegen mit besonders guten Französischkenntnissen hervor, so Bütow, der übrigens der erste Ostdeutsche an der Spitze des DFJW ist. Wie der Name sagt, kümmert sich das Jugendwerk vornehmlich um den Nachwuchs, seit drei Jahren gibt es darüber hinaus den deutsch-französischen Bürgerfonds für Vereine und zivilgesellschaftliche Projekte. Leiter Benjamin Kurc: "Für den Bürgerfonds ist die Sprache oder die Kultur nicht so ausschlaggebend, das sind wirklich die Themen der Projekte, die auch eine gesellschaftliche Relevanz haben, das ist bei uns wichtig." Und dass dafür Deutsche und Franzosen zusammenkommen – da kann es auch mal um ökologischen Weinbau gehen oder ein Radioprojekt, erklärt Kurc.

Erstes Treffen des Deutsch-Französischen Bürgerfonds in Leipzig

Weil es auch hier in Mitteldeutschland im Vergleich weniger Anträge gibt, findet im September das erste Treffen des Deutsch-Französischen Bürgerfonds in Leipzig statt – auch mit großem Interesse aus Frankreich, was die Anmeldungen bisher angehe: "Da haben wir eine wirkliche Parität. Von daher: Diese Zahlen zeigen, das ist keine einseitige Liebe oder einseitiges Interesse."

So war es die südfranzösische Region Okzitanien mit der Hauptstadt Toulouse, die vor gut zwei Jahren auf Sachsen zukam, um eine Regionalpartnerschaft anzustoßen. Mit dem Freistaat verbinde es nicht nur Porzellan, Airbus und das Interesse am Wasserstoff, sagt Sachsens Europa-Ministerin Katja Meier von den Grünen: "Für viele ist es tatsächlich eben auch wichtig, dass wir diese Bande nach Westeuropa schließen, gerade für die Franzosen ist das auch relativ wichtig, dass wir auch in Sachsen dieses große Engagement zeigen, weil wir natürlich auch so ein bisschen für Frankreich das Tor nach Mittel-Ost-Europa sind."

Angesichts des geplanten – wenn auch verschobenen – Staatsbesuchs von Präsident Emmanuel Macron hat die ostdeutsch-französische Freundschaft kräftig an Fahrt aufgenommen. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz Ost vor knapp zwei Wochen gab es überraschend den Anstoß dazu, neue Akzente in der Zusammenarbeit zu setzen, sagt der DFJW-Generalsekretär Bütow. Auch der Schul- und Jugendaustausch soll intensiviert werden.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 04. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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