Taha Al-Ahmad arbeitet mit seiner Frau Fida Mutlaq in einem von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) unterstützten landwirtschaftlichen Projekt.
Im vergangenen Jahr hat Deutschland mehr als 33 Milliarden Euro für Entwicklungshilfe ausgegeben. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Anas Alkharboutli

Faktencheck Hat Deutschland wirklich die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Entwicklungshilfe?

14. Mai 2024, 05:00 Uhr

Deutschland gibt Milliarden im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit aus. Angesichts der angespannten Haushaltslage hat Wolfgang Kubicki (FDP) in diesem Bereich Einsparungen angeregt. Deutschland zahlt dem FDP-Politiker zufolge im Vergleich mit den restlichen G7-Staaten am meisten pro Kopf. Stimmt das? Ein Faktencheck.

Wegen der angespannten Haushaltslage hat Wolfgang Kubicki (FDP) im Bereich Entwicklungshilfe Einsparungen angeregt. Denn Deutschland zahlt laut Kubicki im Vergleich mit den restlichen G7-Staaten pro Kopf am meisten. Im vergangenen Jahr sind der OECD zufolge mehr als 33 Milliarden Euro in Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe geflossen. In absoluten Zahlen ist Deutschland auf Platz zwei der größten Geberländer. Die USA gaben mit umgerechnet rund 61 Milliarden Euro noch mehr aus.

Setzt man die Zahlen jedoch in Relation, sei Deutschland Spitzenreiter unter den G7-Staaten. Das bestätigt der Direktor des Deutschen Evaluierungsinstituts der Entwicklungszusammenarbeit, Jörg Faust. "Deutschland ist, was den Prozentsatz am Volkseinkommen anbelangt und was Pro-Kopf-Ausgaben anbelangt, der größte Geber, sodass die Aussagen von Herrn Kubicki hier tatsächlich richtig sind", sagt Faust.

Deutschland erfüllt als einziger G7-Staat das OECD-Ziel

Dass die anderen G7-Staaten im Schnitt nur 13 Milliarden Euro ausgeben – wie von FDP-Politiker Kubicki behauptet – stimme nur, wenn man die USA aus der Rechnung ausklammere und lediglich die übrigen fünf der G7-Staaten betrachte, so Faust. Das sind Frankreich, Italien, Japan, Kanada und Großbritannien.

Als Zielvorgabe für Entwicklungshilfe gilt die sogenannte ODA-Quote von 0,7 Prozent. ODA steht für "Official Development Assistance" und beziffert den Prozentsatz des Bruttonationaleinkommens, das ein Land für öffentliche Entwicklungsleistungen ausgibt. Deutschland hat diese Quote im vergangenen Jahr mit dem Wert von 0,79 Prozent seiner Wirtschaftsleistung erfüllt. Aber auch andere Länder haben das geschafft: Norwegen, Luxemburg und Schweden stehen hier an der Spitze – das sind allerdings keine G7-Staaten. Deutschland sei der einzige G7-Staat, der die Zielvorgabe erfülle, sagt Faust. "Alle anderen G7-Mitglieder liegen unter diesen 0,7 Prozent."

Svenja Schulze (M, SPD), Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, schaut einer Weberin zu.
Deutschland gilt wegen Projekten der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit wie hier in der jordanischen Hauptstadt Amman, das Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) Anfang November 2023 besucht hat, als zuverlässiger Partner. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Faust weist außerdem darauf hin, dass sich die Gesamtsumme aus verschiedenen Komponenten zusammensetzte. "Teile der ODA werden im Inland verausgabt. Etwa für Geflüchtete oder auch für Studierende, sodass gar nicht alles ins Ausland fließt. Zweitens müssen wir immer wieder unterscheiden zwischen Krediten und eben den tatsächlichen Mitteln aus dem Bundes- oder aus Länderhaushalten."

Entwicklungsministerin Schulze verteidigt Etatforderung

Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze (SPD), wies Kubickis Vorstoß bereits zurück. Im "Bericht aus Berlin" verteidigte sie ihre Forderung nach mehr Geld für ihren Etat. Die Herausforderungen seien riesig, sagte die Entwicklungsministerin. "Es hungern sehr viele Menschen in der Welt, wir haben die Klimakatastrophe, wir wissen nach der Pandemie, dass wir Gesundheitssysteme weltweit brauchen." Diesen Herausforderungen müsse man sich als gesamte Regierung stellen.

Nicht zuletzt verfolge die Entwicklungszusammenarbeit auch das Ziel, deutsche Exportinteressen zu fördern, erklärt Faust. Er bemängelt den oberflächlichen Diskurs bei dem Thema. Besser wäre es, wenn es um eine inhaltliche Auseinandersetzung ginge.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 14. Mai 2024 | 06:18 Uhr

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