Gewinne von Mineralölkonzernen Habeck plant Verschärfung des Kartellrechts

12. Juni 2022, 18:40 Uhr

Im Streit um den verpufften Tankrabatt und die hohen Spritpreise will Wirtschaftsminister Habeck das Kartellrecht verschärfen. Er droht, die Gewinne von Mineralölkonzernen abzuschöpfen und die Konzerne notfalls zu zerschlagen. Die Mineralölwirtschaft lehnt Habecks Pläne ab und verweist auf den weltweiten Preisanstieg. Auch die ostdeutschen Tankstellenbetreiber sehen den Grund für die hohen Spritpreise nicht bei den Konzernen, sondern unter anderem in drohenden Ölsanktionen gegen Russland.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plant wegen der weiterhin hohen Spritpreise eine Verschärfung des Kartellrechts. Der Grünen-Politiker will einem Positionspapier zufolge dem Kartellamt mehr Eingriffsmöglichkeiten geben, um gegen Mineralölkonzerne effektiver vorgehen zu können. Als letztes Mittel soll auch die Zerschlagung von Konzernen möglich sein.

Gewinnabschöpfung auch ohne Missbrauchsnachweis

Wie das Ministerium dem ARD-Hauptstadtstudio bestätigte, soll der Staat die Gewinne von Mineralölkonzernen notfalls auch ohne einen Nachweis des Marktmissbrauchs abschöpfen können. Hintergrund ist, dass die Wettbewerbsverstöße von Mineralölkonzernen in der Praxis kaum nachzuweisen sind. Deshalb ist die im Kartellrecht eingeräumte Möglichkeit der Abschöpfung wettbewerbswidrig erzielter Gewinne noch nie genutzt worden. Hier will das Wirtschaftsministerium den Plänen zufolge die Hürden senken. "Ein Recht, das nicht genutzt werden kann, ist nicht im Sinne des Erfinders", sagte Habeck dazu dem "Spiegel".

Der Grünen-Politiker wirft den Mineralölkonzernen vor, den Tankrabatt auf Benzin und Diesel aus dem Entlastungspaket der Bundesregierung nicht an die Verbraucher weiterzugeben. In dem Positionspapier seines Ministeriums heißt es: Erste Daten des Bundeskartellamts zeigten, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen seien. Dem "Spiegel" sagte Habeck: "Es ist offenkundig das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung."

Mineralölwirtschaft lehnt Habecks Kartellrechts-Pläne ab

Die Mineralölwirtschaft wies Habecks Vorwürfe zurück. "Die Energiesteuersenkung wird weitergegeben", betonte der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Fuels und Energie Adrian Willig. Allerdings seien unabhängig von der zum 1. Juni gesenkten Energiesteuer auf Benzin und Diesel in den letzten Wochen die Preise für Kraftstoffe weltweit gestiegen. Dies mache sich auch an den Tankstellen in Deutschland bemerkbar.

Pläne für eine Verschärfung des Kartellrechts lehnte Willig entschieden ab: "Überlegungen, Unternehmen in Zukunft ohne Nachweis von Verstößen zu sanktionieren oder gar zerschlagen zu wollen, halten wir für sehr problematisch und sind aus Sicht betroffener Unternehmen nicht nachvollziehbar."

Tankstellenbetreiber beklagen steigende Weltmarktpreise

Die ostdeutschen Tankstellenbetreiber führen unterdessen die hohen Spritpreise auf eine Verknappung und steigende Weltmarktpreise aufgrund des Ukraine-Kriegs, des angekündigten Ölembargos gegen Russland sowie eine extrem hohe Diesel-Nachfrage in den USA zurück. Der Vorsitzende des Verbands des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost, Hans-Joachim Rühlemann, sagte dazu: "Der Tankrabatt wirkt letztendlich." Doch aufgrund der hohen Beschaffungskosten falle er nicht so stark aus wie erhofft.

Auf Drängen der FDP hatte die Ampel-Koalition zuletzt als eine Reaktion auf die hohen Energiepreise beschlossen, die Energiesteuer auf Kraftstoffe von Anfang Juni bis Ende August zu senken. Das kostet den Bund mehr als drei Milliarden Euro. Rein rechnerisch bedeutet dies bei Benzin 29,55 Cent und bei Diesel 14,04 Cent pro Liter weniger. Doch das merken die Verbraucher an den Zapfsäulen nur zum Teil.

Reuters/dpa(dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. Juni 2022 | 13:30 Uhr

Mehr aus Politik

Nachrichten

Sahra Wagenknecht im Februar bei der Vorstellung der BSW-Kampagne zur Landtagswahl in Thüringen. Finanzieren kann sie das vor allem durch zwei rekordverdächtig hohe Spenden einer Privatperson. mit Video
Sahra Wagenknecht im Februar bei der Vorstellung der BSW-Kampagne zur Landtagswahl in Thüringen. Finanzieren kann sie das vor allem durch zwei rekordverdächtig hohe Spenden einer Privatperson. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Mehr aus Deutschland