Nach Urteil Ampel-Koalition verschiebt Abstimmung über Bundeshaushalt 2024

22. November 2023, 19:54 Uhr

Die Ampel-Koalition zieht die Konsequenz aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts: Der Etat für das kommende Jahr liegt vorerst auf Eis. Ein Beschluss in diesem Jahr ist noch möglich, aber unwahrscheinlich.

Die Ampel-Koalition verschiebt infolge des Karlsruher Haushaltsurteils die Abstimmung über den Bundeshaushalt für 2024. Der Etat werde nicht in der kommenden Sitzungswoche im Bundestag zur Abstimmung gestellt, teilten die Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP am Mittwoch gemeinsam mit. "Unser Ziel ist, den Haushalt zügig, aber mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten, um Planungssicherheit zu schaffen", erklärten Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann und Katharina Dröge (Grüne) sowie Christian Dürr (FDP). Sie machten keine Angaben darüber, ob ein Etatbeschluss noch in diesem Jahr damit vom Tisch ist.

Beschluss in diesem Jahr theoretisch noch möglich

Vor Jahresende gibt es noch eine weitere reguläre Bundestagssitzung. Mit Fristverkürzung im Bundesrat wäre ein Beschluss theoretisch noch möglich, nach Einschätzung aus der Ampel-Koalition aber unwahrscheinlich. Liegt zu Beginn des neuen Jahres kein Haushalt vor, sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.

Hintergrund für die Verschiebung ist das Karlsruher Haushaltsurteil vom vergangenen Mittwoch. Das Verfassungsgericht hatte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Nun steht es nicht mehr zur Verfügung.

Auswirkungen auf geplante Investitionen aus dem Klima- und Transformationsfonds

Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Stattdessen müsse eine Notlage jedes Jahr neu erklärt werden. Das hat nach Auffassung von Experten nicht nur Auswirkungen auf geplante Investitionen aus dem Klima- und Transformationsfonds, sondern auch auf das Sondervermögen für die Energiepreisbremsen. Aus diesem Topf wurden in diesem Jahr bereits 37 Milliarden Euro ausgezahlt, die eigentlich nicht zur Verfügung standen.

"Als Fraktionsvorsitzende der Ampelfraktionen halten wir es für geboten, dieses Urteil sorgfältig bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2024 zu berücksichtigen", erklärten SPD, Grüne und FDP. Die Haushaltswoche werde daher abgesagt, stattdessen würden andere Themen auf die Tagesordnung der Bundestagssitzung nächste Woche gesetzt.

Scholz rechnet mit baldigem Abschluss der Beratungen

Trotz der schwierigen Situation rechnet Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) damit, dass die Haushaltsberatungen zügig abgeschlossen werden. "Der Respekt vor dem Parlament bedeutet, dass nicht die Regierung ansagt, wann das Parlament genau einen Abschluss findet, aber das soll sehr zügig und sehr zeitnah erfolgen und das kann auch zügig und zeitnah erfolgen", sagte Scholz am Mittwochabend bei einer Pressekonferenz in Berlin am Rande eines Treffens mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni.

Haseloff fordert Einhaltung der Zusagen für Intel-Fabrik

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte die Bundesregierung derweil auf, Förderzusagen für die geplante Intel-Chipfabrik in Magdeburg auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten. "Die Landesregierung geht davon aus, dass die bereits abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Bundesregierung und Intel natürlich weiterhin Gültigkeit haben", sagte Haseloff dem "Tagesspiegel".

Der US-Chiphersteller plant in Magdeburg den Bau einer hochmodernen Fabrik und wird dabei vom Bund unterstützt. Intel will nach eigenen Angaben mehr als 30 Milliarden Euro in den Bau des Produktionskomplexes investieren. Der Bund hat dem Unternehmen Subventionen in Höhe von insgesamt zehn Milliarden Euro zugesagt. Ein Teil davon stammt aus dem Klima- und Transformationsfonds.

Ramelow hält Schuldenbremse für falsch

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sorgt sich um die Auswirkungen des Karlsruher Urteils auf Ostdeutschland. "Allein 50 von den 60 Milliarden gehen auf ostdeutsche Investitionen. Diese Entscheidung richtet sich in ihrer Wirkung komplett gegen Ostdeutschland", sagte der Linke-Politiker dem Fernsehsender Phoenix. Er könne aber eine Gerichtsentscheidung nicht für einen politischen Fehler korrigieren. Stattdessen hält er "die Schuldenbremse für falsch", sagte er.

"Mir wäre es lieb, der Bund würde ein Moratorium machen, würde einen Moment innehalten, und wir würden uns gemeinsam darauf konzentrieren, wie wir insgesamt in Deutschland den Karren aus dem Dreck holen, damit er nicht im Dreck versinkt", sagte der 67-Jährige.

dpa, afp (mze)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 22. November 2023 | 14:30 Uhr

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