Bund-Länder-Treffen Lauterbach: Durchbruch bei Klinikreform erreicht

01. Juni 2023, 18:32 Uhr

Ab dem kommenden Jahr soll die Krankenhauslandschaft in Deutschland reformiert werden. Nach langem Streit zwischen Bund und Ländern sieht Bundesgesundheitsminister Lauterbach nun einen Durchbruch.

Im Ringen um eine Krankenhausreform kommen Bund und Länder nach Aussage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach voran. Der SPD-Politiker sprach nach Beratungen mit seinen Länderkolleginnen und Länderkollegen von einem Durchbruch und einem wichtigen Schritt nach vorn. Auch der Vorsitzende der Länderminister, Manne Lucha aus Baden-Württemberg, sprach von einem großen Fortschritt.

Lauterbach: Reform kann 2024 kommen

Karl Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Bildrechte: IMAGO / Chris Emil Janßen

Lauterbach erklärte: "Die Grundstruktur der Reform steht." Er sei zuversichtlich, über den Sommer einen Entwurf für ein Gesetz hinzubekommen, damit die Reform dann Anfang 2024 an den Start gehen könne. Der Minister sagte den Ländern zu, sie bei der Erarbeitung des Gesetzentwurfs zu beteiligen. Noch vor der Sommerpause würde man in gemeinsamer Abstimmung Eckpunkte erarbeiten. Die nächste Bund-Länder-Runde ist für den 29. Juni geplant.

Stichwort Klinikreform Im Kern geht es bei der von Lautberach geplanten Klinikreform darum, das bisherige Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern. Damit soll der wirtschaftliche Druck auf die Häuser gelockert werden. Zudem sollen die Kliniken künftig in drei verschiedene Versorgungslevel aufgeteilt werden: in eine wohnortnahe Grundversorgung, eine Schwerpunktversorgung und in Maximalversorger wie Universitätskliniken.

Länder haben Hoheit über Standort-Entscheidungen

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hob hervor, dass sich Bund und Länder auf eine klare Aufgabenteilung verständigt hätten: Die Krankenhausplanung – also etwa die Frage, wo es weiter Krankenhäuser geben solle und wo nicht – obliege den Ländern. Der Bund hingegen habe "den Hut auf in der Frage: Wie werden die Betriebskosten von Krankenhäusern finanziert". Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer bezeichnete es als "Sternstunde für unsere Krankenhäuser", dass Bund und Länder gemeinsam an dem Gesetzentwurf arbeiten würden.

Keine  Einigung erzielten Bund und Länder in der Frage der bundeseinheitlichen Krankenhaus-Levels, mit der das Leistungsniveau von Kliniken transparenter werden soll. Sie verständigten sich aber darauf, dass der Bund hier alleine vorangeht.

Minister sieht ohne Reform jede vierte Klinik sterben

Lauterbach hatte vor dem Treffen seine Pläne noch einmal verteidigt. Im ZDF-"Morgenmagazin" bekräftigte Lauterbach, die Krankenhäuser müssten sich spezialisieren: "Es kann nicht jeder alles machen". Der Minister räumte ein, man werde Kliniken verlieren, "aber ohne die Reform verlieren wir viel mehr und unsystematisch". In der "Bild"-Zeitung wurde er noch konkreter: Ohne die Reform würden wohl 25 Prozent der Krankenhäuser sterben.

Krankenhäuser nennen Ergebnisse unzureichend

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft übte Kritik an den Ergebnissen. Vorstandsvize Henriette Neumeyer erklärte, die Ideen zur Finanzierung seien unzureichend. Nach derzeitigem Stand werde nur der bestehende Mangel umverteilt. Es sei zu befürchten, dass viele Krankenhäuser die Reform gar nicht mehr erleben würden und in die Insolvenz gingen. Bund und Länder hätten erneut versäumt, sich auf ein Vorschaltgesetz zu einigen, das den Kliniken schon jetzt wirtschaftliche Sicherheit geben könnte.

Linke kritisiert Reform als halbherzig

Janine Wissler bei einer Pressekonferenz
Linken-Chefin Janine Wissler Bildrechte: IMAGO / Christian Spicker

Auch die Linke kritisierte die geplante Krankenhausreform scharf. Parteichefin Janine Wissler sagte, Lauterbachs Pläne seien "halbherzig und in Teilen schädlich". Wer den Rotstift ansetze und drohe, dass andernfalls ein Viertel der Krankenhäuser nicht überleben werde, spiele auch mit der Gesundheit der Menschen vor Ort. Wissler forderte, man müsse generell weg von der Profitorientierung im Gesundheitssystem. "Solange private Konzerne mitmischen, die nur ihre Profite im Blick haben, werden die Probleme bleiben." Krankenhäuser gehörten in die öffentliche Hand.

Leopoldina empfiehlt bessere Verzahnung von Wissenschaft und Kliniken

Die Wissenschaftsakademie Leopoldina empfiehlt angesichts der Reformpläne eine bessere Verzahnung von Forschung, Lehre und klinischer Versorgung. Forschungsergebnisse müssten schnell in der medizinischen Praxis umgesetzt werden, erklärte die Leopoldina. Derzeit bestünden aber Defizite im Versorgungssystem und falsche finanzielle Anreize. Die Universitätsmedizin müsse eine zentrale Rolle bei der Bildung und Koordination von Versorgungsnetzwerken einnehmen. Mit Blick auf das medizinische Personal empfehlen die Fachleute eine bessere Förderung forschender Ärztinnen und Ärzte sowie anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

dpa, AFP (rnm/kos)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 01. Juni 2023 | 07:30 Uhr

20 Kommentare

Yogi123 vor 47 Wochen

Ich finde es ja interessant, dass in den Kommentaren nur von Ärzten gesprochen wird. Eine Klinik funktioniert aber nur mit ganz vielen Berufsgruppen und diese werden letztendlich das Zünglein an der Waage sein. Es gibt immer weniger Pflegepersonal, deshalb werden schon seit Jahren immer wieder OP`s verschoben, Patienten können nicht wohnortnah aufgenommen werden und und und…. Man findet kaum noch Menschen die für die Reinigungsfirmen arbeiten wollen. Es fehlt Personal in jedem Bereich und das wird letztendlich auch dazu führen, dass Kliniken schließen!

ElBuffo vor 47 Wochen

Nicht nur junge Ärzte bevorzugen das. Es soll auch andere geben. Zum Beispiel auch solche, die mit 63 oder eher und gerne ohne Abschläge in Rente gehen würden. So ist das nunmal. Die sollten dann im Grunde auch Verständnis dafür haben, dass es anderen ebenso geht. Ein Teufelskreis freilich. Sind es doch die Rentner, die den größten Teil der Ärztekontakte in Anspruch nehmen. Wird natürlich nicht besser, wenn dafür schon 4 Jahre eher ausreichend Tagesfreizeit zur Verfügung steht.

goffman vor 47 Wochen

Krass, dass derart frauenfeindliche Kommentare veröffentlicht werden.

Ihre durch nichts belegten Ressentiments und Vorurteile sind schon grenzwertig, aber dass Sie dann die akademische Ausbildung von Frauen kritisieren, ... in welcher Zeit denken Sie?

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