Weitere Klinik-Schließungen? Kommentar: Was Lauterbachs Klinikreform für Sachsen-Anhalt bedeuten könnte
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04. April 2023, 17:06 Uhr
Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne stellt am Dienstag eine Analyse zur Krankenhaussituation im Land vor. Doch das Thema wird derzeit auch bundesweit diskutiert. Denn Bundesgesundheitsminister Lauterbach plant den großen Wurf und will die Krankenhauslandschaft in Deutschland neu ordnen. Für Sachsen-Anhalt hätte das große Folgen, schätzt MDR SACHSEN-ANHALT-Reporter Uli Wittstock. Krankenhäuser könnten neu klassifiziert werden und somit auch Zuständigkeiten verlieren.
- Für den Verband der Ersatzkassen in Sachsen-Anhalt geht Qualität über die Quantität möglichst vieler Krankenhäuser vor Ort.
- Mit den Reformplänen des Bundesgesundheitsministers würden wohl mindestens 50 Prozent aller Krankenhäuser im Land zu bloßen Basisversorgern. Die CDU sorgt sich bereits jetzt über die Ausstattung dieser Häuser mit ausreichend Ärzten.
- Eine weitere Folge der Krankenhausreform könnte ein Patientenansturm auf die großen Unikliniken in Halle und Magdeburg sein.
Wenn es um die Krankenhausfinanzierung geht, dann haben die Krankenkassen ein wichtiges Mitspracherecht, denn von ihren Mitgliedsbeiträgen wird ein Teil der Kosten getragen. Im Verband der Ersatzkassen (VDEK) sind fünf Krankenkassen zusammengeschlossen, die in Sachsen-Anhalt für rund 630.000 Versicherte die medizinische Versorgung organisieren. Dr. Klaus Holst ist der VDEK-Landeschef und kann durchaus verstehen, dass das Thema Krankenhausfinanzierung ein schwieriges ist: "Das Krankenhaus vor Ort ist natürlich auch ein Ausdruck von Heimat. Und dann kann es eben auch sein, dass die Schließung eines Krankenhauses dazu führt, dass die Menschen unzufrieden werden mit der Entwicklung im Land."
Doch mit Blick auf die Kosten steht für den Verbandschef auch fest: Die Versichertengelder seien knapp. Daher sei man verpflichtet, mit diesen Geldern vernünftig umzugehen. "Das viele Geld sollte so ausgegeben werden, dass wir Leistungen mit einer möglichst guten Qualität bekommen", so Holst.
Aus für Geburtsstation in Zeitz dürfte kein Einzelfall bleiben
Qualität und Quantität hängen in der Medizin eng zusammen. Wer nur gelegentlich am offenen Herzen operiert, gilt zwar als Chirurg, aber noch lange nicht als Herzspezialist. Bei Geburtskliniken wird davon ausgegangen, dass mit weniger als 500 Geburten pro Jahr die Versorgung weder medizinisch noch personell verantwortungsvoll abzudecken ist. Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt noch 18 Geburtsstationen und davon erfüllen rund die Hälfte der Einrichtungen diese Mindestanforderungen inzwischen nicht mehr, auch eine Folge des demografischen Wandels.
Die Schließung der Geburtsstation in Zeitz dürfte kein Einzelfall bleiben, wenn die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) greifen sollten. Erarbeitet wurden die von einer Regierungskommission. Danach sollen die Krankenhäuser in drei Stufen aufgeteilt werden:
Level 1 stellt die medizinische und pflegerische Basisversorgung dar. Dazu gehören zum Beispiel chirurgische Eingriffe wie Blinddarmoperationen oder Notfälle wie gebrochene Beine. Sie sollen eine flächendeckende wohnortnahe Versorgung sicherstellen. Diese Einrichtungen können auch von qualifizierten Pflegefachleuten geführt werden.
Level 2 umfasst weitere Leistungen, beispielsweise eine Notfall-Schlaganfall-Station oder auch die Behandlung onkologischer Erkrankungen, ohne allerdings als zertifiziertes Krebszentrum zu gelten. Voraussetzung für die Behandlung ist in jedem Fall die personelle und technische Ausstattung dafür.
Level 3 sind die Maximalversoger unter den Krankenhäusern. So etwas ist dann eigentlich nur noch als Universitätsklinik denkbar.
Comeback der Landambulatorien aus DDR-Zeiten?
Derzeit hat Sachsen-Anhalt 45 Krankenhäuser. Ob sich deren Zahl durch die Reformpläne verringern wird, ist derzeit schwer einzuschätzen. Klar ist aber, dass wohl mindestens die Hälfte der Krankenhäuser auf die Level 1 Stufe fallen würde.
Am 5. Januar gab es in Berlin die erste Anhörung zu diesem Thema und für Sachsen-Anhalts CDU-Landtagsfraktion nahm der gesundheitspolitische Sprecher Tobias Krull teil. Aus seiner Sicht dürften zahlreiche Krankenhäuser im Land vor einer Herabstufung stehen: "Die Leitung der Einrichtungen kann zum Beispiel auch eine Pflegefachkraft oder Pflegewissenschaftlerin übernehmen", erinnert Krull. Es gebe große Zweifel, ob an den "Level 1 Krankenhäusern" überhaupt noch eine größere Anzahl von Ärzten fest vor Ort sei. Der Personalmangel führe bereits zu Problemen in den ländlichen Regionen. "Angesichts dieser Pläne dürfte sich so mancher an die Landambulatorien der Vorwendezeit erinnern."
Medizinische Versorgung: Stadt-Land-Gefälle könnte größer werden
Während man sich in Magdeburg oder Halle aussuchen kann, in welchem Krankenhaus man sich das Knie operieren lassen will, hat man in den Landkreisen deutlich weniger Auswahl. Und das zeigt sich dann auch in den Fallzahlen. Eine Magdeburger Klinik kommt auf fast eintausend OPs im Jahr, eine Klinik im Bördelandkreis hingegen auf gerade einmal neun Operationen.
Diese Entwicklung dürfte sich durch die Berliner Reformpläne weiter verstärken. Denn um eine regionale Häufung zu umgehen, schlägt die Regierungskommission eine Art medizinische Bannmeile vor. Zwischen einem Maximalversorger, also den Universitätskrankenhäusern, und dem nächsten "Level 2 Krankenhaus" müssen mindestens 30 Kilometer Abstand liegen.
Tobias Krull sieht da noch erheblichen Klärungsbedarf: "Das würde eine ganze Menge Häuser treffen in Halle und Magdeburg, aufgrund der Nähe zu den Universitätskliniken. Aber auch Städte wie Schönebeck oder Merseburg wären davon betroffen." Das hieße konkret, dass in diesen Regionen zum Beispiel die Kardiologie nur noch an den Universitätskliniken angeboten werden könnte. Diese aber seien für einen solchen Patientenzustrom weder personell noch baulich vorbereitet, so Krull.
Mehr stationäre Behandlungen als im europäischen Vergleich
Im ersten Krankenhausplan aus dem Jahr 1991 wurden in Sachsen-Anhalt nach VDEK-Daten noch 72 Krankenhäuser aufgeführt, inzwischen sind es noch 45. Die Verweildauer im Krankenhaus reduzierte sich von 14,4 Tagen im Jahr 1991 auf 6,71 Tage im Jahr 2020 und dieser Trend wird anhalten, auch aufgrund neuer Behandlungsmethoden.
Noch immer wird in Deutschland zu viel stationär behandelt, was anderswo in Europa schon längst ambulant operiert wird. Das hat Folgen: In Deutschland gibt es pro 100.000 Einwohner doppelt so viele Krankenhausbetten wie in Dänemark. Und obwohl das Thema Ärztemangel in Deutschland allgegenwärtig ist, kommen Länder wie Dänemark, Frankreich oder die Niederlande mit deutlich weniger Medizinern aus.
Der Unmut über die Berliner Pläne ist in den Bundesländern groß, einige erwägen schon den Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Damit dürfte wohl Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerien Petra Grimm-Benne (SPD) ihrem Berliner Parteifreund Lauterbach nicht drohen, wenn sie am Dienstag das Gutachten für die Krankenhauslandschaft vorstellt.
Dennoch hat VDEK-Landeschef Klaus Holst eine klare Erwartung: "Ich glaube nicht, dass das Gutachten konkrete Aussagen zu Perspektiven von einzelnen Krankenhäusern machen wird. Aber ich erwarte schon Reaktionen auch auf die Berliner Reformpläne."
MDR (Uli Wittstock, Daniel Salpius)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. April 2023 | 12:00 Uhr
AlexLeipzig am 04.04.2023
Skywalker, ist das jetzt Projektion? Ich hasse Sie nicht. Ich kenne Sie ja auch gar nicht, genauso wenig wie Sie mich kennen. Ich habe aber eine andere Meinung als Sie, das müssen Sie schon aushalten, ich muß Ihre ja auch aushalten.
ElBuffo am 04.04.2023
Da gehen die Meinungen auseinander. Die einen meinen, es habe gar keine Pandemie gegeben. Andere verweisen auf den schwedischen Weg. Und wieder andere traten mit der Forderung an, es nicht nur bei Empfehlungen zu belassen und dass ökonomische Interessen nie zu Lasten der Volksgesundheit gehen dürfen.
Lyn am 04.04.2023
Wem es gelingt, sich im Krankenhaus über das Essen aufzuregen kann nicht besonders krank sein.
Man kann jederzeit auf eigene Verantwortung heim gehen.