Erhöhter Pflegebeitrag ab 2025 Dreht sich die Kostenspirale immer weiter?
Hauptinhalt
23. Dezember 2024, 13:28 Uhr
In Deutschland sind immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen. Die Pflegeversicherung braucht deshalb mehr Geld. Aus diesem Grund wird der Beitrag für die Pflegeversicherung ab 1. Januar um 0,2 Prozentpunkte erhöht. Dafür hat der Bundesrat am Freitag grünes Licht gegeben. Experten sind sich aber einig, dass die Erhöhung das Finanzierungsproblem auf lange Sicht nicht lösen wird.
- Der Beitrag zur Pflegeversicherung steigt ab 2025 um 0,2 Prozentpunkte.
- Der GKV-Spitzenverband sieht das Finanzierungsproblem damit nicht gelöst.
- Der Sozialverband VdK rechnet mit einer weiteren Erhöhung des Beitrags.
- Der Gesundheitsökonom David Matusiewicz sagt, das System sei aufgrund des demografischen Wandels ein Fass ohne Boden.
Um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr sollen die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen durch die Erhöhung des Pflegebeitrags steigen. Geld, dass die klammen Kassen gut gebrauchen können. Hans-Jürgen Völz vom Bundesverband der mitteldeutschen Wirtschaft spricht deshalb von einer notwendigen Reform – allerdings mit negativen Folgen für die Wirtschaft. "Es ist so, dass durch die steigenden Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmensstandort Deutschland weiter an Wettbewerbsfähigkeit verliert, dass mit jetzt über 42 Prozent Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz Arbeit in Deutschland immer unattraktiver wird."
GKV-Spitzenverband sieht Finanzierungsproblem nicht gelöst
Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft kritisiert, dass durch die Erhöhung nicht nur das Nettogehalt für Arbeitnehmer sinkt, sondern auch die Kosten für die Unternehmen steigen. Er fordert, dass Pflegebedürftige, die über Vermögen verfügen, selbst für ihre Pflegekosten aufkommen sollen.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen, der auch die Pflegekassen vertritt, bezeichnet die Beitragsanhebung als "Notbehelf". Sprecher Jens Ofiera sieht darin keine langfristige Lösung des Problems. Die Anhebung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung sichere die finanzielle Stabilität vorübergehend. "Nicht mehr und nicht weniger. Die geplante Erhöhung wird im besten Fall bis zum Jahresende 2025 reichen, aber das grundsätzliche Finanzierungsproblem in der Pflege ist damit nicht gelöst."
Sozialverband VdK rechnet mit weiterer Beitragserhöhung
Auch der Sozialverband VdK rechnet damit, dass der Beitrag im nächsten Jahr wieder angehoben werden muss. Präsidentin Verena Bentele spricht von einer immer höheren Belastung für die Versicherten. "Wir sehen, dass gerade überall die Beiträge erhöht werden, die Zusatzbeiträge der Krankenkassen, Pflegeversicherungsbeiträge steigen. Also sprich: Die Versicherten werden immer mehr zur Kasse gebeten, die Leistungen werden aber nicht besser, sondern tendenziell eher schwieriger zu kriegen", so die Verbandspräsidentin.
Bentele sagt, dass die Finanzierung der Pflegekassen vollständig reformiert werden müsse. Sie fordert eine solidarische Kranken- und Pflegeversicherung, in die sowohl privat als auch gesetzlich Versicherte einzahlen sollen. "Das ist eine substanziell wichtige Veränderung, damit das System von allen getragen wird und die großen Rücklagen, die im Moment in der privaten Pflegeversicherung da sind, allen zur Verfügung stehen."
Gesundheitsökonom: Laufen auf eine Pflegekatastrophe zu
Auch der Gesundheitsökonom David Matusiewicz sieht dringenden Handlungsbedarf. Durch die demografische Entwicklung sei das aktuelle System ein "Fass ohne Boden". "Wir laufen auf eine Pflegekatastrophe zu, wenn wir so weitermachen. 0,2 Prozentpünktchen mehr oder weniger. Wenn das so weitergeht, werden wir das ganze System nicht mehr finanzieren können und das sehenden Auges."
Matusiewicz sagt, dass das Problem seit den 70er-Jahren bekannt sei. Nun müsse der Fokus endlich von der Einnahmen- auf die Ausgaben-Seite gelenkt werden. 30 bis 40 Prozent der Pflegekosten seien Kosten für Bürokratie. Die könnten z. B. durch eine bessere Digitalisierung deutlich gesenkt werden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. Dezember 2024 | 07:12 Uhr
Kritiker vor 10 Wochen
hinter-dem-....: Ist leider in der heutigen Gesellschaft kein Thema woher Geld kommt und wie viele Bürger als Einstufungen in den einzelnen Gesellschaftsschichten entsprechende zu berechnen sind.
Setzt man die Menge der oberern Betreffenden und deren Finanzen gegen die gleiche Menge der unteren Gesellschaftsschichten dann wird ie Realität und der Unterschied viel viel deutlicher.
Kritiker vor 10 Wochen
Wessi: +..Widerstand gibt es aus allen Parteien...+
So ist es weil niemand von diesen Damen und Herren auch nur auf einen Cent verzichten will, bei seinen Besoldungen ab 10.000 € aufwärts.
hinter-dem-Regenbogen vor 10 Wochen
@Wessi _ _ _ "kaum eine Partei wird es sich mit den privat-Versicherten "verderben"..
Ich glaube eher, dass die Parteien, den Zorn der Versicherungsgesellschaften und deren KapitalsicherungsUnternehmen Weltweit fürchten.
Sollte man dieses Geld-Kreislaufsystem unterbrechen wollen, dann ist es von der Wirkung her fast so, als würde man den "Versailler Vertrag" für ungültig erklären. Die wenigsten Länder dieser Welt verfügen über soviel Rücklagenkapital, wie Deutschland- genauer, wie die deutschen Bürger.
Und an diesem Kapital wiederum, laben sich die großen Geldhäuser dieser Welt.
Wollte man in Deutschland das Sozialsystem revolutionieren, dann müsste man zugleich auch das Geldsystem neu ordnen. Gegenwärtig begnügt man sich aber nur mit Beitragserhöhungen, obwohl man weiß, dass das kein Dauerzustand sein kann.
Eine ungedeckte Hoffnung bei vielen Politikern besteht darin, dass mehr Menschen nach Deutschland einreisen, um dann in dieses schwächelnde System einzuzahlen.