Eine Hausärztin führt in ihrer Praxis in Flensburg eine Untersuchung bei einer Patientin durch. (gestellte Szene)
Ein MDR-Aktuell Hörer fragt sich, ob Rentnerinnen und Rentner den erhöhten Beitragssatz für die Krankenkasse zahlen müssen. Bildrechte: picture alliance / dpa-tmn | Benjamin Nolte

Kein Anspruch auf Krankengeld Warum Rentner den normalen Krankenkassensatz von 14,6 Prozent zahlen

20. März 2024, 12:25 Uhr

In Deutschland gibt es zwei Krankenkassenbeiträge. Einmal 14,6 Prozent und einmal 14 Prozent. Ein MDR Aktuell-Hörer vermutet einen Zusammenhang zum Krankengeld und fragt sich, warum Rentnerinnen und Rentner den höhreren Beitragssatz zahlen müssen. Dazu hat MDR-Aktuell-Redakteur Stephan Kloss recherchiert und mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und dem mitteldeutschen Arbeitgeberverband gesprochen.

Was ist dran: gibt es tatsächlich zwei Krankenkassenbeiträge für Rentner?

Stephan Kloss: Nein, das ist nicht wirklich so, hier gibt es vielleicht auch ein Missverständnis, das wir aufklären sollten.

Generell gilt für alle pflichtversicherten Rentner der sogenannte allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent. Davon trägt jeweils die Hälfte die Deutschen Rentenversicherung, also 7,3 Prozent die anderen Hälfte bezahlt der Rentner selbst bzw. es wird von seiner Rente abgezogen. Und mit diesen 14,6 Prozent hat der Rentner aber keinen Krankengeldanspruch. Hier liegt offenbar das Missverständnis.

Also wenn jemand ganz normal Altersrente bezieht und krank wird, geht er zum Arzt, bekommt dort medizinische Versorgung, Medikamente usw. und seine Rente läuft weiter und sichert somit weiter den Lebensunterhalt des Rentners, so sieht es der Gesetzgeber.

Im normalen Berufsleben hat ja das Krankengeld die Aufgabe im Falle einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit das ausgefallene Arbeitsentgelt zu ersetzen. Und wer Rente erhält, erhält damit eine Leistung zur Existenzsicherung während der Krankheitsphase.

Was ist mit dem Satz von 14 Prozent, den unser Hörer erwähnt hat, oder gibt es den nicht?

Doch, ja, das richtig, das ist der sogenannte verminderte Beitragssatz. Aber der gilt eben nur in ganz bestimmten Fällen. Dazu sollte man zunächst wissen: in Deutschland gab es 2022 rund 18,6 Millionen Altersrentner, so die Informationen der Deutschen Rentenversicherung, Die Zahlen für 2023 sind noch nicht raus. Und von diesen 18,6 Millionen Rentner standen rund 1,4 Millionen in einem Beschäftigungsverhältnis. Und hier wird es tatsächlich spannend.

Alters-Rentner, die weiterhin erwerbstätig sind, zum Beispiel weiter in ihrem Unternehmen arbeiten, die müssen tatsächlich – hälftig natürlich – nur den verminderten Satz in Höhe von 14 Prozent für ihre Krankenversicherung zahlen. Ein mitteldeutscher Arbeitgeberverband hat mir hierzu mitgeteilt, dass ein Rentner, der als Arbeitnehmer beschäftigt ist, nach Erfüllung einer Wartezeit einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts im Krankheitsfall für die Dauer von bis zu sechs Wochen hat.

Und das ist unabhängig davon, ob er eine Altersrente bezieht. Aber nach den sechs Wochen gibt es kein Krankengeld. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei einem Altersrentner die Beschäftigung wirtschaftlich nicht mehr im Vordergrund steht und der Lebensunterhalt durch die Rente ja abgesichert ist.

Aber was ist mit Rentnern, die zum Beispiel einen Minijob haben?

Das ist ein besonderer Fall. Dort zahlt der Rentner nichts, sondern der Arbeitgeber zahlt pauschal 13 Prozent vom Arbeitsentgeld für die Krankenversicherung. Der Rentner bezahlt weiter seine 14,6 Prozent Krankenversicherung. Es gibt jedoch eine Lohnfortzahlung für sechs Wochen, wenn dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt wird, also ein Krankenschein. Nach Ablauf der sechs Wochen gibt es aber kein Krankengeld. Also die dieselbe Konstellation wie im bereits genannten Fall, wenn ein Rentner weiter voll erwerbstätig ist.

Und es gibt noch einen weiteren, sag ich mal, speziellen Fall. Das betrifft pflichtversicherte Rentner, die also auch den allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent zahlen – die aber zum Beispiel eine geminderte Rente beziehen, etwa eine Erwerbsminderungsrente, und die nebenbei berufstätig sind. Die haben – so hat es mir der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen mitgeteilt – tatsächlich Anspruch auf eine gemindertes Krankengeld. Das wäre der einzige Fall, wo das möglich ist.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 20. März 2024 | 06:21 Uhr

67 Kommentare

Monza vor 5 Wochen

Erst einmal möchte ich hier klarstellen, dass ein AN, der Krankengeld erhält 90% seines Nettogehaltes, bzw. 70% seines Bruttogehaltes als KG bekommt und nicht 60 oder 65%. Dieses KG wird bis zu 72 Wochen gezahlt.
Dann möchte ich bedenken, dass ein Rentner viele Jahre in die RV eingezahlt hat und die Rente nur ein kleiner Teil seines letzten Einkommens beträgt. Damit muss man erst einmal hinkommen. Wenn er bei Krankheit davon nur 90% erhielte, wäre das sicher kein Vorteil.
Zudem hat auch ein Rentner in seiner Erwerbszeit Krankenkassenbeiträge in die Solidargemeinschaft eingezahlt und damit auch die damaligen Rentner mitfinanziert. Auch waren die heutigen Rentner in ihrer Erwerbszeit weniger krank als die heutigen Arbeitnehmer. Noch nie waren Arbeitnehmer so viel und so lange krank wie heute. Noch nie gab es so viele Teilzeitkräfte wie heute.
Dass die Rentenreform geändert werden muss steht aber außer Frage.
Der KV-Beitrag in Höhe von 14,6% für alle finde ich in Ordnung.

astrodon vor 5 Wochen

Noch ein anderer Aspekt, der ähnlich gelagert ist:
Als arbeitender Rentner (mit Regel-Altersrente) muss kein Beitrag zur AV abgeführt werden, den ein gleichzeitiger Bezug von Altersrente und Arbeitslosengeld ist nicht möglich.
Wenn das bei der AV gilt - warum nicht bei der KV? Natürlich nur der kalkulatorische Anteil, der zur Finanzierung des Krankengeldes dient.

astrodon vor 5 Wochen

@freenet: Update: Rechtlich ist eine Hinterbliebenenrente Einkommen des Hinterbliebenen und in seiner Höhe auch abhängig vom sonstigen Einkommen - kann also geringer bis hin zu null ausfallen.
Da der Hinterbliebene aber KV/PV auf SEIN Einkommen zahlt, eben auch auf eine Hinterbliebenenrente -- Also KEINE "Beiträge für einen Toten".
Da war ich mit meinem ersten Kommentar etwas vorschnell, ich bitte um Entschuldigung.

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