Wolfgang Schäuble
Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Mit 81 Jahren Früherer Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot

27. Dezember 2023, 18:53 Uhr

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot. Er starb am Dienstagabend im Alter von 81 Jahren. Politiker würdigten ihn als prägende Persönlichkeit der Bundesrepublik. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ordnete einen Staatsakt an.

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Schäuble war in seiner langen politischen Laufbahn Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er.

Schäuble: Lange Karriere in der Politik

Schäuble wurde am 18. September 1942 in Freiburg geboren. Er studierte Jura, es zog ihn aber früh in die Politik. Er trat 1965 in die CDU ein. 1972 errang er erstmals ein Mandat für den Bundestag, dem er ohne Unterbrechung bis zu seinem Tod angehörte. Mit dem Namen Schäuble sind Jahrzehnte deutscher Politik verbunden. Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) war er zunächst Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 Bundesinnenminister.

Schäuble handelte nach dem Mauerfall in der DDR den Einigungsvertrag mit aus. Seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 saß Schäuble im Rollstuhl, seine politische Karriere ging aber weiter. Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach dem Machtverlust der Union 1998 wurde Schäuble im Zuge der Neuaufstellung der CDU Parteichef. Angela Merkel wurde Generalsekretärin.

Verschiedene Ministerposten

Unter Angela Merkel als Bundeskanzlerin war er von 2005 bis 2009 zunächst Innenminister, bis er von 2009 bis 2017 in das Finanzministerium wechselte. Während seiner Zeit als Finanzminister kämpfte er vor allem gegen Steuerhinterziehung.

Politik ist nach all den Jahren immer noch eine spannende Herausforderung, die mir Freude bereitet. 

Wolfgang Schäuble Ehemaliger Bundestagspräsident

Zuletzt bekleidete er das Amt des Bundestagspräsidenten, zu dem er am 24. Oktober 2017 gewählt wurde. Nach der Bundestagswahl 2021 musste er sein Amt an die SPD-Abgeordnete Bärbel Bas abgeben.

Körperliche Behinderung durch Attentat

Wolfgang Schäuble
Nach einem Attentat auf ihn war Wolfgang Schäuble auf den Rollstuhl angewiesen. Bildrechte: picture alliance/dpa/Norbert Försterling

Während einer Wahlkampfveranstaltung in einer Gaststätte in Oppenau wurde Schäuble im Oktober 1990 von einem psychisch kranken Mann angeschossen. Der Attentäter feuerte zwei Schüsse aus einem Revolver von hinten auf den damaligen Bundesminister des Inneren.

Schäuble wurde in den Kiefer und das Rückenmark getroffen. Seit dem Attentat war er vom dritten Brustwirbel an abwärts gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen.

Scholz und Merkel würdigen Wolfgang Schäuble

Bundeskanzler Olaf Scholz hat den früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble gewürdigt. Scholz sprach von einer beeindruckenden und sehr langen Politiker-Karriere. Deutschland verliere einen prägenden Christdemokraten, der gerne gestritten und dabei doch nie aus dem Blick verloren habe, worum es in der Politik gehe.

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte bestürzt auf den Tod ihres langjährigen politischen Weggefährten Wolfgang Schäuble. Merkel erklärte, sie trauere um einen Politiker, der Deutschland in vielfältiger Weise geprägt habe. Als sie junge Ministerin gewesen sei, sei er ihr politischer Lehrmeister gewesen. Als Innen- und Finanzminister habe sie in ihm einen der Anker in ihrer Regierung gesehen.

Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte MDR AKTUELL, Schäuble sei zwar nie Bundeskanzler oder Bundespräsident gewesen, obwohl er beides erkennbar gewollt habe und auch gekonnt hätte. Ganz sicher werde Schäuble in der Geschichte der Bundesrepublik aber stärkere Spuren hinterlassen als manche andere, die Kanzler oder Präsident geworden seien.

Grünen-Chef Omid Nouripour sagte, Schäuble sei ein Gigant des Parlamentarismus gewesen. Sein Platz in den Geschichtsbüchern sei ihm gewiss.

Mitteldeutsche Politiker trauern

Auch die Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt haben die Verdienste des verstorbenen CDU-Politikers Wolfgang Schäuble gewürdigt. Der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X, man habe einen der größten Diener des Landes verloren. Niemand habe die Bundesrepublik mit seinem politischen Sachverstand und Scharfsinn so lange geprägt wie Schäuble.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte, er sei Schäuble besonders für seine Leistungen beim Zustandekommen der deutschen Einheit dankbar. Die gute Entwicklung im Osten sei ihm eine Herzenssache gewesen.

Steinmeier ordnet Staatsakt im Bundestag an

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ordnete einen Staatsakt für Schäuble an. Nach Angaben des Präsidialamts soll die Zeremonie im Bundestag stattfinden. Ein Termin steht noch nicht fest. Steinmeier nannte Schäuble einen Glücksfall für die deutsche Geschichte. Er habe beharrlich für die Einheit Deutschlands und Europas gearbeitet. Dieses Werk werde Bestand haben.

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MDR,dpa (yvo,kjs)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. Dezember 2023 | 09:30 Uhr

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