Konflikt in der Linken Wagenknecht fordert im Bundestag Ende von Russland-Sanktionen – und provoziert Teile ihrer Partei

08. September 2022, 13:44 Uhr

Mit Spannung war erwartet worden, ob Sahra Wagenknecht eine Rede zur Energiepolitik halten wird. Das tat sie – und forderte die Rücknahme der Russlandsanktionen. Den Konflikt in der Linken könnte das noch verschärfen.

Aktuell-Redakteure - Lucas Grothe
Bildrechte: MDR/Markus Geuther

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht hat bei einer Rede im Bundestag die Rücknahme von "Wirtschaftssanktionen" gegen Russland gefordert und damit Teile ihrer Partei gegen sich aufgebracht. Wagenknecht forderte zudem Verhandlungen mit Russland über eine Wiederaufnahme der Gaslieferungen.

Mit Blick auf die Regierung sagte sie: "Ihre größte Idee ist es, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen." Natürlich sei der Krieg in der Ukraine ein Verbrechen. Aber die Vorstellung, das man Putin dadurch bestrafe, "dass wir Millionen Familien in Deutschland in die Armut stürzen und das wir unsere Industrie zerstören, während Gazprom Rekordgewinne macht. Ja, wie bescheuert ist das denn?", sagte Wagenknecht. Zudem ging sie Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) massiv an und forderte letztlich seinen Rücktritt.

Wagenknecht-Rede: Kritik in der eigenen Partei

Mit ihrer Rede provozierte Wagenknecht allerdings nicht nur vehementen Widerspruch bei den Regierungsparteien, sondern auch innerhalb ihrer eigenen Partei. Der baden-württembergische Linken-Politiker und Mitglied des Parteivorstandes, Luigi Pantisano, schrieb beim Kurznachrichtendienst Twitter: "Sahra Wagenknecht spricht nicht für die Partei die Linke und vertritt auch nicht die Positionen der Partei! Wir verurteilen den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Wir stimmen Sanktionen gegen Russland zu. Wir lehnen NordStream2 ab. Wir fordern Ausbau erneuerbarer Energien."

Der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin verwies bei Twitter auf die Beschlusslage vom Parteitag in Erfurt im Sommer. Beutin sprach in Bezug auf einen angeblichen Wirtschaftskrieg gegen Russland, wie Wagenknecht es genannt hatte, in seinem Tweet von "Täter-Opfer-Umkehr".

In dem Beschluss vom Parteitag heißt es, es sei richtig, dass die Pipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb genommen werde. In Bezug auf Sanktionen wurde gefordert, dass sich diese gegen "Putins Machtapparat und den militärisch-industriellen Komplex und damit gegen die Fähigkeit zur Kriegsführung richten. Sanktionen, die sich vor allem gegen die Bevölkerung richten oder zur Verarmung im Globalen Süden beitragen, lehnen wir ab." Allerdings hatte Wagenknecht in ihrer Rede nun lediglich von "Wirtschaftssanktionen" gesprochen.

Kritik an der Rede kam auch von Caren Lay. Die Linken-Bundestagsabgeordnete aus dem sächsischen Bautzen twitterte: "Für die Linke kann es kein Vertun geben: dieser Krieg geht von Putin aus, von niemandem sonst. Von einem 'Wirtschaftskrieg gegen Russland' zu sprechen verdreht die Tatsachen. Die Abschaffung sämtlicher Sanktionen zu fordern, ist nicht unsere Position!"

Bei ihrer Rede im Bundestag selbst erhielt Wagenknecht dagegen viel Applaus aus ihrer Fraktion – auch, wenn viele Abgeordnete gar nicht anwesend waren.

Konflikt in der Linken könnte sich zuspitzen

Die Rede dürfte den seit Langem schwelenden Konflikt in der Bundestagsfraktion noch verschärfen. Schon Anfang der Woche hatten mehrere Abgeordnete der Linksfraktion gegen Wagenknechts Rede im Bundestag protestiert. Sie fürchteten, dass Wagenknecht die Rücknahme der Russland-Sanktionen fordern würde. Genau das tat Wagenknecht in ihrer Rede nun aber. Sie verzichtete dagegen auf eine explizite Forderung nach Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2.

Am Mittwoch waren dann Gespräche innerhalb der Fraktion zur Rede Wagenknechts geplant. Möglich wäre theoretisch auch gewesen, dass Fraktionschef Dietmar Bartsch sein Vorrederecht wahrnimmt – und Wagenknecht nicht zu dem Thema im Bundestag sprechen kann.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO - Das Nachrichtenradio | 05. September 2022 | 18:15 Uhr

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