Arbeitslosigkeit Gestiegene Jugendarbeitslosigkeit vor allem auf Geflüchtete zurückzuführen
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04. Juni 2023, 05:00 Uhr
In Leipzig ist die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen unter 25 Jahren um rund 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat angestiegen. Das zeigt die aktuelle Statistik der Agentur für Arbeit. Ein Grund dafür ist, dass viele Geflüchtete aus der Ukraine erst noch in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden müssen.
- Dass die Jugendarbeitslosigkeit gestiegen ist, liegt vor allem daran, dass viele Jugendliche aus der Ukraine erst noch Deutsch lernen müssen, bevor sie anfangen können zu arbeiten.
- Damit das gelingt, bietet die Handwerkskammer spezielle Programme für den Berufseinstieg von Geflüchteten an.
- Die Arbeitsagentur ist zuversichtlich, was die Vermittlung der jungen Arbeitslosen angeht.
Nicht nur in Leipzig ist die Jugendarbeitslosigkeit gestiegen. In vielen größeren Städten sieht die derzeit so aus, erklärt Markus Behrens. Er leitet die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Agentur für Arbeit. Er sagt: Auch in Magdeburg, Halle oder Erfurt seien die Anstiege im Vorjahresvergleich ähnlich hoch. "Wir hatten im Mai in Sachsen-Anhalt rund 7.200 arbeitslose Jugendliche, die jünger als 25 Jahre waren. Das waren 100 weniger als im April, aber 1.000 mehr als im Mai vor einem Jahr. In Thüringen haben wir zurzeit 5.900 arbeitslose Jugendliche, 100 weniger als im April – aber 1.600 mehr als im Mai 2022." Aber was sind die Gründe dafür?
Warum die Jugendarbeitslosigkeit gestiegen ist
Einen kleinen Teil der Antwort machen gering qualifizierte Schulabgänger aus, die zunächst erstmal fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden müssen, so Behrens. Dann gebe es im Sommer zum Ausbildungsende ohnehin immer einen kurzzeitigen Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit.
Doch die Hauptursache für den Anstieg ist laut Behrens der Zuzug von Menschen aus der Ukraine, die vor dem Krieg geflüchtet sind: "Natürlich sind auch viele junge Menschen dabei, die wir perspektivisch über die Sprachkurse in die Integration am Markt führen, aber bei diesen jungen Personengruppen haben wir halt derzeit den Anstieg im Vergleich zum Vorjahr." Dieses Phänomen treffe für alle Bundesländer zu.
Junge Ukrainer müssen Deutsch lernen
Das Erlernen der deutschen Sprache sei zunächst die wichtigste Voraussetzung, um die jungen Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit zu vermitteln. Das bestätigt auch Andrea Wolter von der Handwerkskammer Leipzig. Die Handwerksbetriebe sehen Potential in den jungen Leuten. Der Wille sie einzustellen, sei generell da: "Ich habe mit Verschiedenen gesprochen, die eben auch schon Jugendliche mit ausländischen Wurzeln beschäftigen und habe gefragt: Gibt es besondere Herausforderungen? Und da ist das erste Sprache. Man braucht die sprachlichen Grundvoraussetzungen und dann ist eigentlich Bahn frei für alle, die wollen."
Die Handwerkskammer fördert den Berufseinstieg der Geflüchteten über ein spezielles Programm, erklärt Wolter. Das mache sie fit für das deutsche Ausbildungssystem und vermittle auch Praktika. Im Fall der geflüchteten Ukrainerinnen sei der beliebteste Handwerksberuf Friseurin. Manchmal bringen sie aber auch schon Qualifikationen mit, so Wolter: "Wir haben Qualifikationen, die durchaus hier anerkannt sind oder sich schnell auffrischen lassen – zum Beispiel im Bereich Zahntechnik, zum Beispiel im Bereich Kosmetik."
Arbeitsagentur-Regionalleiter Behrens ist guter Dinge, was die Vermittlung der jungen Arbeitslosen angeht. Sobald sie Sprachkenntnisse hätten, bekomme man sie integriert, bilanziert er. Das zeigten auch die sinkenden Zahlen der Vormonate. Man habe in nahezu allen Branchen großen Bedarf. Etwa in der Logistikbranche, wo man auch mit begrenzten Sprachkenntnissen einer Tätigkeit nachgehen könne. Natürlich soll die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren möglichst schnell sinken. Die jungen Geflüchteten kann die Wirtschaft in Zeiten des Fachkräftemangels gut brauchen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 04. Juni 2023 | 06:00 Uhr
Anni22 am 05.06.2023
@ Thommy Ihnen ist doch nicht zu helfen, ohne Sprache keine Arbeit. Das ist die Realität. Und darum geht es. Erst der Sprachkurs, dann die Ausbildung. Wenn die Leute vielleicht Jahre hier leben wollen oder müssen, dann ist doch wohl ein Spracherwerb zur Teilnahme am Leben das ERSTE! Kapieren Sie nicht das der Kunde mit dem Handwerker reden können muss? (Wo soll ich was machen, das muss der Ausführunde doch verstehen können)..
Thommi Tulpe am 05.06.2023
Dafür, dass Männer (vom 18. bis 60. Lebensjahr) auch in der Ukraine wehrpflichtig sind, ist es schon erstaunlich, wenn auch junge Ukrainer in der Statistik erfasst sind. Als jung gilt man hierzulande zumindest bis Vollendung des 26. Lebensjahres. Das zum einen. Zum anderen:
Wollen Sie Ukrainer, Flüchtlinge im Allgemeinen für dumm verkaufen ("Die Berufe sind anspruchsvoller geworden und ein Handwerker muss schon verstehen welche Standards in Deutschland einzuhalten sind ...")? Anni22. Ich arbeitete in einem Job, wo man sich u. a. um die Anerkennung fremdländischer Berufs-/ Studienabschlüsse kümmert. Ich muss Ihnen zu Ihrem Unverständnis/ Ihrer Ungläubigkeit sagen: Viele fremdländische Abschlüsse sind sehr viel anspruchsvoller als es der deutsche "Standard" ist.
Noch was: Wenn Sie sagen, "man sollte auch andere Mitarbeiter und die Kunden verstehen können": Haben Sie Verständnis für "andere Mitarbeiter und ... Kunden", die fremdländischen Menschen ablehnend gegenüber stehen?
Thommi Tulpe am 05.06.2023
Diese Zahlen sind (wie so vieles in unserem Land) bereits "geschönt". Bestimmte Gruppen von Arbeitssuchenden (Arbeitsunfähig Krankgeschriebene, Sanktionierte, Leute in oft auch sinnlosen Maßnahmen) sind in den offiziellen Zahlen gar nicht erfasst.
Wenn uns neuerdings aber junge Ukrainer die Statistiken "verhageln", frage ich mich, warum sich die Politik selbst unter Geflüchteten eine Zweiklassen-Gesellschaft geschaffen hat. Der Syrer z. B. erhält nicht sofort Zugang zu unseren Sozialleistungen, in unseren Arbeitsmarkt. Diesem wird sogar eine sechsjährige Ortsbindung "aufgebrummt", während der Ukrainer schon mal darüber klagen kann, z. B. in Berlin oder Leipzig keine Wohnung, geschweige denn eine Arbeit zu finden.
Würde man alle Flüchtlinge gleichbehandeln, wäre die Statistik, um die es im Beitrag geht, nicht derart krass, wie sie nun mal ist.