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Biosprit Raus aus dem Biosprit, der Umwelt zuliebe?

Laut einem Arbeitspapier aus dem Bundesumweltministerium soll der Anteil von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen bis 2030 auf Null reduziert werden. Grund ist die Angst vor Nahrungsmittelknappheit. Was würde ein möglicher Ausstieg für Landwirte und die Umwelt bedeuten?

Laut einem Arbeitspapier aus dem Bundesumweltministerium plant man offensichtlich den Anteil an Biokraftstoffen der sogenannten ersten Generation bis 2030 auf null zu reduzieren. Das sind Kraftstoffe, die aus Lebens- und Futtermittelpflanzen gewonnen werden, wie zum Beispiel Raps, Mais oder Weizen. Grund ist die Angst vor Nahrungsmittelknappheit.

Für den in Deutschland jährlich verbrauchten Biokraftstoff wird weltweit eine Ackerfläche von fast zwei Millionen Hektar benötigt. Eine Fläche, die etwas größer ist als Sachsen und laut des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg rund zehn Millionen Menschen ernähren könnte.

Essen statt Verbrennen

Die Art, wie Flächen genutzt werden, sei wichtig für den Umgang mit der Klimakrise, betont Johanna Büchler von der Deutschen Umwelthilfe. Natürliche Vegetation sorge dafür, dass CO2 aus der Atmosphäre gebunden und langfristig gespeichert werde. Bei Raps, der zu Biosprit werden soll, bringe das nichts: "Das ist kein Beitrag zum Klimaschutz in dem Sinn. Denn die Pflanzen werden geerntet, verarbeitet und bei der Verbrennung geht das CO2 als Sprit direkt wieder in die Atmosphäre."

Es müsse aber nicht gleich eine komplette Renaturierung sein. Für Johanna Büchler sollten die Flächen genutzt werden, um Lebensmittel zu produzieren. Je weniger Anbaufläche für Biokraftstoffe genutzt werden, desto mehr dieser Flächen könne man für den Naturschutz oder die Ernährung nutzen.

Für das Verkehrsministerium und die Biosprit-Industrie zählt dieses Argument nicht. Die Biokraftstoffe seien eine klimafreundliche Alternative zum herkömmlichen Kraftstoff und hätten damit im Jahr 2020 13,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart.

Konsequenzen für die Landwirtschaft

Wie sehen die Landwirte das mögliche Ende von Biosprit aus Raps und anderen Pflanzen? Lutz Trautmann, Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Hedersleben nimmt es gelassen. Er verkauft seinen Raps an einen Zwischenhändler. Was daraus gemacht wird, ist für ihn irrelevant. Er glaubt auch nicht, dass durch weniger Pflanzen für Biosprit mehr Lebensmittel produziert würden. Stattdessen meint er, dass durch die vielen Auflagen Landwirte in Zukunft sowieso immer weniger Erträge erzielen würden. Ein mögliches Aus für den Biosprit führe seiner Meinung nach deshalb auch nicht zu mehr Flächen für die Lebensmittelproduktion.

Martin Lange vom Umweltbundesamt sieht das anders. Er glaubt an einen Nutzen für Natur und Landwirtschaft, sollte das Aus für Biosprit kommen.

In Anbetracht der wachsenden Bevölkerung und der aktuellen Verknappung würde man ein bisschen Druck aus der Fläche nehmen, indem man eben auf die Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln verzichten würde.

Martin Lange Umweltbundesamt

Hinzu käme die drohende Nahrungs- und Futtermittelkrise, die durch den Ukrainekrieg droht.

Welche Alternativen gibt es?

In seinem Papier hat sich das Bundesumweltministerium auch Gedanken dazu gemacht, welche Alternativen es zum herkömmlichen Biosprit geben könnte. Neben Strom für E-Autos, zählt dazu auch der sogenannte Biosprit der zweiten Generation. Das sind Kraftstoffe aus pflanzlichen Abfällen. Sie werden in Anlagen hergestellt, von denen es weltweit nur drei Stück gibt. Eine steht in der Uckermark und gehört zu Verbio, dem größten Kraftstoffhersteller in Deutschland. Die Anlage produziert aus Stroh Biomethan. Pro Stunde so viel, dass sie für zwei Mittelklassefahrzeuge ausreicht, bei einer Laufleistung von 11.500 Kilometern pro Jahr. Ein positiver Nebeneffekt: Neben dem Biomethan entsteht hier auch Dünger. Den bekommt der Landwirt dann wieder zurück. Im Idealfall ist das ein geschlossener Kreislauf. Zumindest in dieser Anlage. Damit die Biokraftstoffe der zweiten Generation die aus Lebens- und Futtermittel ersetzen, bedarf es aber noch reichlicher Investitionen.

Für Claus Sauter, Vorstandsvorsitzender der Verbio AG, ist die Debatte um Biospritpflanzen für Kraftstoffe der ersten Generation recht klar. Der Unternehmer schüttelt über die Pläne des Bundesumweltministeriums nur den Kopf. Wenn Deutschland den Biokraftstoff der ersten Generation auf Null absenken werde, ändere das für seine Firma rein gar nichts.

Wir exportieren heute bereits 40 Prozent unserer Produktion und niemand kann uns als Produzent vorschreiben, welche Rohstoffe wir einsetzen.

Heißt: Seine Firma werde dann einfach ins Ausland verkaufen.

Für Johanna Büchler von der Deutschen Umwelthilfe ist das eine inakzeptable Aussicht. Ein weiter so kommt für sie nicht in Frage: "Nahrungsmittel als Sprit in Verbrennermotoren zu verbrennen, ist der sicherste Weg, um Ernährungskrise, Klimakrise und Artensterben gleichzeitig zu befeuern."

In den nächsten Wochen soll der Gesetzesentwurf des Bundesumweltministerium vorgestellt werden. Dann wird sich zeigen, ob sich die Umweltschützer durchsetzen.

Quelle: MDR Investigativ / est

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Exakt | 27. Juli 2022 | 20:15 Uhr

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