Eine Gewitterzelle zieht über die Baucontainer der Südostlink-Baustelle am Umspannwerk Wolmirstedt hinweg
Von der Südostlink-Baustelle am Umspannwerk Wolmirstedt soll eine Stromtrasse bis nach Isar in Bayern entstehen. Bildrechte: picture alliance / dpa-Zentralbild | Stephan Schulz

Stromautobahn Südostlink: Experten befürworten vorzeitigen Baubeginn

14. August 2023, 11:18 Uhr

Über eine knapp 540 Kilometer lange Stromautobahn soll künftig grüner Strom von Sachsen-Anhalt über Sachsen und Thüringen nach Bayern transportiert werden. Das Großprojekt ist bekannt als Südostlink. Damit die Trasse wie geplant 2027 in Betrieb gehen kann, sollten ursprünglich Ende 2024 die Arbeiten beginnen. Nun will der für den mitteldeutschen Abschnitt zuständige Netzbetreiber 50Hertz schon früher loslegen. Experten unterstützen die Idee.

Der Netzbetreiber 50Hertz bezeichnet den Zeitplan für den Bau des Südostlinks selbst als amibtioniert. Für den Abschnitt von Wolmirstedt bei Magdeburg bis zur bayerischen Grenze läuft momentan noch das Planungsfeststellungsverfahren und das soll vor Ende nächsten Jahres nicht beendet sein. Vorher darf also nicht gebaut werden.

Trotzdem will der Netzbetreiber schon Ende dieses Jahres einige Baumaßnahmen vorzeitig umsetzen. Warum, erklärt Axel Happe von 50Hertz so: "Es wird so sein, dass in der Bauphase an sehr vielen verschiedenen Stellen an der Leitung gebaut wird. Dabei gilt: Je mehr man schon fertig hat, desto schneller ist man am Ende fertig."

Konkret geht es darum, dass entlang der geplanten Trasse in Sachsen und Thüringen an einzelnen Abschnitten bereits Bäume gefällt und unterirdische Kanäle für die Stromkabel gebohrt werden, die später dort verlegt werden sollen. Auch zwei Kabelstationen in Königshofen und Altgernsdorf will 50Hertz schon früher als geplant bauen und hat das inzwischen bei der Bundesnetzagentur beantragt.

Bundesnetzagentur: Baumaßnahmen noch nicht genehmigt

Die Behörde teilt MDR AKTUELL dazu auf Anfrage schriftlich mit: "Der vorzeitige Baubeginn kann dazu beitragen, die Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Es handelt sich dabei um ein bewährtes Instrument zur schnelleren Realisierungen besonders komplexer Vorhaben."

Die Bundesnetzagentur betont aber auch, dass die vorzeitigen Baumaßnahmen noch nicht genehmigt seien. Entschieden werde erst, wenn die Öffentlichkeitsbeteiligung für das eigentliche Verfahren durch ist. Dies ist voraussichtlich im August der Fall.

Aber selbst wenn die Bundesnetzagentur die Anträge bewilligt, muss 50Hertz noch eine weitere Hürde nehmen, um mit den Arbeiten beginnen zu können. Der Netzbetreiber muss die Eigentümer der betroffenen Grundstücke um Erlaubnis bitten. Axel Happe erklärt: "Wir haben parallel zu der Antragsstellung mit der Ansprache der Flurstückseigentümerinnen und -eigentümer begonnen. Wir haben in großen Teilen auch schon Zustimmung erhalten."

Restrisiko für 50Hertz

Aber auch mit der Zustimmung der Grundstückseigentümer bleibt für 50Hertz ein Restrisiko. Wirtschaftswissenschaftler Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden erklärt dazu: "Falls da hinterher herauskommt, dass die bauen und es nicht dürfen, weil irgendwelche Einwände oder Bürgerproteste dort stattfinden, dann müssen die es im Zweifel zurückbauen. Das Risiko wird 50Hertz aber sicherlich vorher abgeschätzt haben."

Das bestätigt auch die Bundesnetzagentur. Demnach werden nur Baumaßnahmen vorzeitig zugelassen, die ohne Weiteres rückgängig gemacht werden können. Trotz des Restrisikos befürwortet Joachim Ragnitz dieses beschleunigte Verfahren, damit die Klimaziele rechtzeitig erreicht werden können.

Öko-Institut: Wichtiger Kompromiss

Zustimmung dafür bekommt er von Christian Matthes. Er ist Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik beim Öko-Institut: "Bei Leitungsbauprojekten führen Planungsverfahren fast nie dazu, dass die Projekte aufgegeben werden. Aber Planungsverfahren brauchen Zeit und dauern oft lange. Deswegen ist der vorzeitige Baubeginn ein interessanter und wichtiger Kompromiss, um die Prozesse zu beschleunigen."

Heißt also: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundesnetzagentur die Anträge von 50Hertz bewilligt, ist hoch und damit auch ein Baustart noch in diesem Jahr.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 14. August 2023 | 06:00 Uhr

9 Kommentare

Freies Moria vor 36 Wochen

@Jana: Vielleicht sollten Sie den Fakten in meinem Post einmal vertieft nachgehen. Dann könnte der Zusammenhang zwischen gewaltigen Energieverbräuchen für den Aufbau regenerativer Windparks und dicken Stromleitungen für die Energielieferung dieser Windparks nach Süden klarer werden.
Denn aktuell heisst es, die Leitungen sind für die Energiewende nötig. Die Energiewende ist aber zunächst eine massive Energieinvestition, von den bisher noch nicht vollumfänglich bekannten Risiken gar nicht zu reden.
Alternativen werden erst gar nicht in Betracht gezogen - z.B. ist die norddeutsche Industrie geschlossen nach Bayern gezogen (Laptop+Lederhosen Politik von FJS), dann könnte sie jetzt dem Strom folgend auch wieder nach Norddeutschland, oder?

Jana vor 36 Wochen

@Freies Moria
Gell Giga ist ganz schön viel, da kann man sich schon mal um ein paar Kommastellen vertun, insbesondere wenn es der eigenen Argumentation dient, dass Regenerative Energien Mist sind und wir alle bald pleite sind. Die übliche blaubraune Szenelüge eines Blaubraunen in meinen Augen.

Was aber hat das mit den Netzen zu tun, die dringend ausgebaut werden müssen, egal woher der Strom kommt? Ich sage es ihnen... rein gar nichts!
Also was ist ihr Kommentar zu dem geplanten vorgezogenen Baubeginn?
Hören sie die Stille ihrer Argumentation?

Jana vor 36 Wochen

Die Netze und hier der SüdOstLink müssen möglichst schnell ertüchtigt werden, damit der überproportional im Norden erzeugte Windstrom auch in den Industriezentren im Süden genutzt werden kann.
Wer jetzt denkt, was juckt mich der Süden, der solle sich klar machen, dass wir alle von stabilen Netzen profitieren. Sie es zur Prävention von Blackouts oder schlicht und ergreifend, damit der Strompreis niedrig gehalten werden kann.

Wenn man hier irgendo rechtssicher oder mit geringem Rechtsrisiko den Baubeginn vorziehen kann, dann ist das gut.

Mehr aus Wirtschaft

Telekom-Mitarbiter bei einer Verdi-Kundgebung auf dem Brocken 1 min
Bildrechte: mdr
1 min 29.04.2024 | 15:54 Uhr

Im Tarifstreit mit der Deutschen Telekom hat die Gewerkschaft Verdi am Montag zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen. Etwa 1.500 Mitarbeiter aus mehreren Bundesländern kamen zu einer Kundgebung auf den Brocken.

Mo 29.04.2024 15:24Uhr 00:32 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/video-telekom-streik-brocken100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Das Gelände der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft von oben. 1 min
Bildrechte: MDR/Tim Schulz
1 min 25.04.2024 | 21:13 Uhr

Was aus Biomüll gemacht werden kann, zeigt eine Anlage südlich von Leipzig. Auf der Zentraldeponie Cröbern entsteht aus Biomüll neben Komposterde grüner Strom für 3.000 Menschen.

Mi 13.09.2023 11:15Uhr 01:00 min

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/video-biogas-strom-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Mehr aus Deutschland