Fakten Fragen und Antworten zur Treuhandanstalt

17. Mai 2023, 13:09 Uhr

Wann wurde die Treuhand gegründet? Welche Aufgaben hatte sie? Wie sieht ihre Bilanz aus? Fragen über Fragen. Lesen Sie hier die Antworten.

Birgit Breuer vor einem Treuhand-Schild. 2 min
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Wann wurde die Treuhandanstalt gegründet?

Gegründet wurde die damalige "Treuhandgesellschaft" am 1. März 1990 auf Beschluss des Ministerrates der DDR als "Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums". Sie sollte das Volkseigentum für die Bürger der DDR verwalten. Im Mittelpunkt stand die Sanierung der Betriebe. Es war vorher aber auch angedacht worden, Anteilsscheine an die DDR-Bürger auszugeben, die damit allesamt Aktionäre geworden wären. Nur wenige Monate später war davon freilich keine Rede mehr. Am 17. Juni 1990 beschloss die im März 1990 frei gewählte Volkskammer das "Gesetz zur Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens".


Welche Aufgaben hatte sie?

Die Aufgaben der Treuhandanstalt umriss deren Chefin Birgit Breuel 1991 folgendermaßen: "Schnell privatisieren, weil wir der Auffassung sind, dass privatisieren die beste Form der Sanierung ist. Das zweite Motto heißt: Entschlossen sanieren. Da, wo Zukunft möglich ist, soll Sanierung durchgeführt werden, um auch hier den Menschen mehr Mut und Hoffnung zu machen. Und das dritte Motto heißt: Behutsam stilllegen."


Wie viele Betriebe unterstanden der Treuhandanstalt?

Die Berliner Treuhandanstalt, die ab dem Vereinigungstag dem Bundesfinanzministerium unterstellt war, galt damals als die größte Holding der Welt. Zu ihrem Imperium gehörten weit mehr als 12.000 Betriebe und Kombinate, in denen insgesamt über vier Millionen Menschen beschäftigt waren. Sie verwaltete aber auch Wälder, Liegenschaften der NVA, Wohnungen, Ferienhäuser sowie das Vermögen von Parteien und Massenorganisationen der DDR.


Wie viele Mitarbeiter waren bei der Treuhandanstalt beschäftigt?

Bis zum Oktober 1990 waren bei der Treuhandanstalt nur etwa 150 Mitarbeiter beschäftigt. Sie stammten überwiegend aus diversen Ministerien der DDR. Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober 1990 begann die Zahl der Mitarbeiter aber rasant anzuwachsen: 1991 zählte die Treuhandanstalt bereits knapp 3.000 Mitarbeiter, 1993 sogar 4.600. Die Mehrzahl der Führungskräfte stammte aus dem Westen Deutschlands.


Was war der spektakulärste Fall?

Obwohl die Kaligrube in Bischofferode durchaus die Chance auf einen Investor hatte, sollte sie stillgelegt werden. So jedenfalls hatte es die Treuhand verfügt und gab so dem Druck der westdeutschen Kali-Industrie nach, die sich die ostdeutsche Konkurrenz vom Hals schaffen wollte. Im Sommer 1993 traten die Kumpel von Bischofferode in einen Hungerstreik, um ihr Werk vor der angeordneten Liquidierung zu bewahren. Ihre weltweit beachtete Protestaktion hatten sie unter das Motto "Bischofferode ist überall" gestellt. Am Ende zogen sie den Kürzeren - im Dezember 1993 wurde die Kaligrube Bischofferode stillgelegt.


Wann endete die Arbeit der Treuhandanstalt?

Die Treuhandanstalt stellte am 31. Dezember 1994 ihre Arbeit ein und wurde aufgelöst. Ihre Nachfolge traten diverse Institutionen an, etwa die "Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben". Einen Tag vorher hatte Treuhand-Chefin Birgit Breuel ihren Abschlussbericht präsentiert. Es war eine sehr nüchterne Veranstaltung: Es gab weder feierliche Reden noch ein Bankett oder gar einen Festakt.


Wie sieht ihre Bilanz aus?

Von den etwa 12.000 Betrieben, die der Treuhandanstalt 1990 unterstanden, konnten etwas mehr als 7.800 privatisiert werden. Etwa 3.700 Betriebe waren dagegen liquidiert worden. Von den einstmals vier Millionen Arbeitsplätzen in den von der Treuhandanstalt verwalteten Betrieben gingen weit mehr als 2,5 Millionen verloren. Die Schulden der Treuhandanstalt beliefen sich Ende 1994 auf ca. 270 Milliarden DM. (Quelle: Treuhandanstalt, bpb)


Wie wird die Arbeit der Treuhandanstalt heute bewertet?

Im Osten Deutschlands wird die Treuhandanstalt bis heute als eine Institution wahrgenommen, die der DDR-Wirtschaft mehr oder weniger den Garaus machte. Kritiker werfen der Anstalt vor, Betriebe oftmals weit unter Wert verschleudert oder gar liquidiert und damit Millionen Arbeitsplätze vernichtet zu haben. Von einem "Treuhand-Trauma" sprach der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, im Frühjahr 2019. "Der Schaden, den die Treuhand angerichtet hat, ist eine wesentliche Ursache für den ökonomischen Rückstand des Ostens." Demgegenüber betonen Verteidiger der Treuhandanstalt, dass es zur zügigen Privatisierung keine Alternative gegeben habe und immerhin anderthalb Millionen Arbeitsplätze von der Treuhandanstalt gerettet werden konnten.

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