Automobilindustrie Krise der Autozulieferer: Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister will Verbrenner-Aus vorerst stoppen
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21. Oktober 2024, 09:09 Uhr
Die Automobilzulieferindustrie in Sachsen-Anhalt steht vor großen Herausforderungen. Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) fordert deshalb mehr Zeit für Verbrenner.
- Die Politik soll dem Wandel in der Automobilbranche mehr Zeit einräumen, fordert Sven Schulze.
- Mancherorts, wie bei Ifa in Haldensleben, haben sich Unternehmen schon gut auf die Veränderungen eingestellt.
- Schulze glaubt nicht, dass Unternehmen in großem Stile abwandern.
Wegen der Krise in der Automobilbranche fordert Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) das Aus für Verbrennerfahrzeuge vorerst zu stoppen. "Die Politik in Brüssel und Berlin muss uns insgesamt mehr Zeiten geben für die Umstellung auf andere Antriebstechniken", sagte Schulze MDR SACHSEN-ANHALT. Blieben die Zeitrahmen für das Verbrenner-Aus wie derzeit geplant, werde es eine schwierige Zeit für die Automobilzulieferer in Sachsen-Anhalt bleiben.
Ifa-Chef: Fachkräftemangel befördert Produktionsabbau in Deutschland
Teilweise haben sich die Unternehmen aber längst auf den Wandel eingestellt. Etwa der Antriebswellenhersteller Ifa aus Haldensleben, berichtet der Geschäftsführer des Automobilzulieferers, Stefan Bultmann. Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man habe zuletzt den größten Auftrag der Firmengeschichte sowie einen neuen großen Kunden gewinnen können. Mit Blick auf die Debatte um chinesische Automobilhersteller befürwortete Bultmann eine offene Wettbewerbslandschaft. Entscheidend sei die Meinung des Kunden. Neben den Werken in Haldensleben und Polen produziert Ifa auch in den USA und China.
Bultmann glaubt, die Schwierigkeiten, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden, treiben den Abbau der Produktion in Deutschland an. Deutschland sei bei Fachkräftegewinnung nicht attraktiv genug, zudem müsse Bürokratie reduziert werden. Die komplette Automobilbranche befinde sich wegen der E-Mobilität im Umbruch, so Bultmann. Er könne die Unsicherheit bei den Mitarbeitern verstehen. In Haldensleben, wo das Unternehmen vor 65 Jahren gegründet wurde, sind in den vergangenen Jahren immer wieder Stellen gestrichen worden. Derzeit arbeiten zwischen 900 und 1000 Menschen dort.
Komponenten werden zugekauft
Da IFA ab 2025 Komponenten für die Antriebswellen aus China zukaufen will, sind zuletzt erneut Stellen im zweistelligen Bereich in Haldensleben abgebaut worden. Laut Bultmann handelt es sich vor allem um Leiharbeiter. In Haldensleben habe man dennoch ein großes Know-How und konzentriere sich auf die Fertigung der Antriebswellen, so Bultmann. Das sei in der Branche üblich.
Die Komponenten aus China würden das Unternehmen in etwa die Hälfte der Produktion in Deutschland kosten. Es sei ein Wettbewerbsnachteil, sie nicht zu beziehen, so Bultmann. Bultmann sagte, die Lohn- und Energiekosten seien in Haldensleben im Vergleich zu anderen Firmenstandorten hoch. Diese hätten wiederum andere Herausforderungen. Ifa hatte zuletzt seine Produktion in Polen ausgebaut.
Schulze: "Zukunftsaussichten für die Automobilzulieferindustrie sind unbefriedigend"
Auch Wirtschaftsminister Sven Schulze glaubt nicht, dass Unternehmen abwandern oder aufgeben müssten, in Einzelfällen wie in Harzgerode treffe es Unternehmen und Regionen allerdings sehr hart. Die Zukunftsaussichten für die Automobilzulieferindustrie seien unbefriedigend, so Schulze.
In Harzgerode im Landkreis Harz will der Automobilzulieferer "Bohai Trimet" 100 Stellen abbauen. Das bestätigte Harzgerodes Bürgermeister Marcus Weise (CDU) am Mittwoch MDR SACHSEN-ANHALT. Die hohen Energiekosten und der mangelnde Absatz, beispielsweise bei E-Autos, würden der Branche zusetzen. Deswegen forderte der CDU-Politiker von der Bundespolitik, "unbedingt Auflagen und Kosten" zu reduzieren.
"Bohai Trimet" beschäftigt in Harzgerode eigenen Angaben zufolge etwa 850 Mitarbeiter sowie etwa 60 Auszubildende. Das Werk produziert unter anderem Getriebe, Fahrwerke und Karosserien, auch für E-Autos. Der Automobilzulieferer hat auch in Sömmerda in Thüringen ein Werk, in dem laut Weise weitere 50 Stellen abgebaut werden sollen.
MDR (Engin Haupt, Max Hensch, Norma Düsekow, Oliver Leiste) | Erstmals veröffentlicht am 19.10.2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. Oktober 2024 | 19:00 Uhr