Chemiepark Bitterfeld-Wolfen
Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen will sich verstärkt auf Batteriechemie konzentrieren. (Archivbild) Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Zukunftstechnologie Chemiepark Bitterfeld-Wolfen liefert bald Batteriegrundstoff für Europa

06. Juni 2022, 12:51 Uhr

Der Chemiepark-Bitterfeld-Wolfen gehört mit mehr als 12.000 Beschäftigten zu den wirtschaftlichen Leuchttürmen in Sachsen-Anhalt. Früher siedelten sich hier nur klassische Chemiefirmen an, inzwischen wird das Areal auch von anderen Branchen beansprucht. Jüngstes Beispiel: die einzige Lithium Raffinerie Europas lässt sich in Bitterfeld nieder – die Chemieparkgesellschaft sieht sich damit auf dem richtigen Weg.

Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen setzt als so genannte Zukunftstechnologie ganz bewusst auf Batteriechemie, erläutert Patrice Heine, Chef des Parks, im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT:

Wir wollen dem Trend Elektrifizierung des Verkehrs folgen. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, weil wir ein Grundstoffstandort sind, dass wir Batteriechemie hier am Standort machen wollen.

Patrice Heine Chef Chemiepark Bitterfeld-Wolfen

Dazu passt, dass das Unternehmen AMG Lithium rund 120 Millionen Euro in den Bau einer neuen Veredlungsanlage für Lithiumhydroxid in Batteriequalität in Bitterfeld-Wolfen investiert. Lithium dient unter anderem für die Produktion von Batterien für E-Autos oder Tablets.

Batteriegrundstoff erstmals aus Europa

Mitte Mai haben mit dem symbolischen ersten Spatenstich die Bauarbeiten begonnen. Rund 80 Arbeitsplätze sind geplant, teilte ein Sprecher mit. Der Neubau sei der erste ihrer Art in Europa, erzählt Chemieparkchef Heine.

Bislang sind wir komplett abhängig von Asien, insbesondere China und Australien. Insofern ist das ein folgerichtiger Schritt.

Patrice Heine Chef Chemiepark Bitterfeld-Wolfen

Von Bitterfeld-Wolfen aus werde die Firma ab der zweiten Jahreshälfte 2023 die europäische Batterieindustrie mit Lithiumhydroxid versorgen. Die Produktionskapazität liege zunächst bei 20.000 Tonnen im Jahr.

Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen Bitterfeld-Wolfen galt vor 1990 als dreckigste Region Europas. Chemie, Filmproduktion und Braunkohletagebaue prägten den Landstrich weithin.

Seit 1990 seien rund 4,5 Millarden Euro am Standort investiert worden, allein 230 Millionen Euro mit Hilfe des Landes Sachsen-Anhalt in die Infrastruktur.

Heute sind rund 300 Unternehmen auf dem modernen Industrieareal des Chemieparks ansässig. Dazu gehören Betriebe international agierender Firmen der Chemie- und Pharmabranche, Mittelständler und Dienstleister mit rund 12.000 Beschäftigten. Bayer (Leverkusen) beispielsweise produziert am Standort Tabletten.

Bitterfeld-Wolfen wie auch Leuna, Schkopau, Böhlen bilden den Kern der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Ostdeutschland. Die Branche hat in den ostdeutschen Ländern rund 55.000 Mitarbeiter.

Die Anlage sei die erste von fünf geplanten Modulen am Standort, so dass am Ende rund 100.000 Tonnen Lithiumsalze dort produziert werden könnten. Vorprodukte für die Anlagen kommen demnach aus einer Mine in Brasilien.

Doch es gibt auch Rückschläge: Der Bau der geplanten Batteriefabrik des chinesischen Herstellers und Mercedes-Zulieferers Farasis in Bitterfeld-Wolfen liegt seit Ende Mail vorerst auf Eis.

Fuß in der Tür zur E-Mobilität

Das Projekt mit einem Investitionsvolumen von 600 Millionen Euro werde nach aktuellem Stand nicht umgesetzt, sagte der Chef des Stabs Wirtschaftsförderung der Stadt Bitterfeld-Wolfen, Steve Bruder.

Trotzdem ist der Oberbürgermeister von Bitterfeld-Wolfen, Armin Schenck (CDU), zuversichtlich. Man habe den Fuß in der Tür zur E-Mobilität, sagt er im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT:

Die Kraftstoffpreise steigen, die Erdgaspreise steigen. Wir werden E-Mobilität viel stärker in unserem Land haben. Und die Voraussetzungen müssen natürlich industriell geschaffen werden. Und wenn diese Voraussetzungen auch aus Bitterfeld-Wolfen mit organisiert werden, macht uns das ein bisschen stolz.

Armin Schenck (CDU) Oberbürgermeister Bitterfeld-Wolfen

Schencks Hoffnung bleibt, dass die Ansiedlung der Lithiumanlage der Startschuss für eine Kettenreaktion ist und sich zukünftig noch viele solcher Unternehmen auf dem Areal niederlassen.

MDR (André Damm, Hannes Leonard), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. Juni 2022 | 12:00 Uhr

4 Kommentare

Eulenspiegel am 08.06.2022

Man sieht die Energiewende ist nicht mehr aufzuhalten. Auch wenn das einigen Rückwärtsgewandte nicht passt. Sollen sie ruhig meckern. Vielleicht geht es ihnen danach besser.

pwsksk am 07.06.2022

Ich stimme Ihnen größtenteils zu. Aber das Verbrenner, egal wie gut sie sind (wir selbst haben 2), in nicht allzu ferner Zukunft auslaufen werden, ist auch klar. Was ich aber gut finde, ist ein sichtbarer Innovationsschub in Sachsen-Anhalt. Das Wirtschaftsministerium tut etwas dafür und es werden auch Arbeitsplätze geschaffen. Zumindest sind in diesem Bundesland die unrealen Vorstellungen der Grünen vom Tisch, die allerdings auf Bundesebene zur Zeit in ihrer Gesamtheit ausarten. Was ist aus der Windkraftindustrie in Deutschland geworden? Das Schlechtreden von Wasserstoff hat sich auf einmal ins Gegenteil verkehrt. Es geht darum, Übergangstechnologien zum Strom real zu belassen und zu nutzen. Diese für mich übertriedene CO2 Diskussion führt eher zur Ablehnung, dafür aber zur Extremabzocke. Für den kleinen Mann nicht nachvollziehbar und auch nicht zu bezahlen.

geradeaus am 06.06.2022

Wenn die Gewinnung der Vorprodukte, die ja in Brasilien liegt, relativ sauber von statten geht dann will ich nicht meckern. Jetzt halt nur noch der Transport nach DE.

Ich habe anfangs auch nur gemeckert wegen der E-Mobilität und dem Argument das die Stromerzeugung genauso schädlich ist usw. Jedoch ist es der richtige Weg. Wir müssen weg vom Verbrenner und die Technologie zur Gewinnung von Strom wird sich auch verbessern und sauberer werden.

Ist schön zu hören was mit den Chemiewerken Bitterfelds geschieht. Wie's halt im Artikel auch steht, früher die dreckigste Region ganz DE's. Ich schreibs auch immer wieder gerne:
"Bitterfeld, wo der Dreck vom Himmel fällt"

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