Schäfer Mario Wehlitz öffnet das Gatter seines Stalls.
Mario Wehlitz öffnet das Gatter für seine hungrigen Schafe. Bildrechte: MDR/Martin Krause

Bester Schäfer Deutschlands Die letzten ihrer Art: Warum Schäfer Mario Wehlitz aus Dessau seine Arbeit liebt

07. Oktober 2023, 11:03 Uhr

Es gibt Berufe, die will heute kaum noch jemand machen. Schäfer gehört dazu. So sind auch nur noch selten Herden in Sachsen-Anhalt zu beobachten. Aber es gibt sie noch. In Dessau-Roßlau zum Beispiel ist Mario Wehlitz zu Hause. Der Schäfermeister ist sogar Deutscher Meister im Schafhüten. Auch im Herbst hat er alle Hände voll zu tun. MDR-Reporter Martin Krause hat ihn besucht und mit ihm über die Faszination des Berufs gesprochen.

Mario Wehlitz blinzelt, geblendet von der aufgehenden Sonne. Es ist noch früh am Morgen, aber der Dessauer Schäfer ist schon eine Weile auf den Beinen. "Die Tiere müssen doch raus auf die Weide", sagt der 57-Jährige und öffnet ein schweres Eisengatter. Sofort drängen sich hunderte Schafe hungrig blökend ins Freie. Wehlitz geht festen Schrittes voran, Hütehunde sorgen für Ordnung in der Herde.

Ohne die treuen Helfer wäre ein Schäfer verloren, der Dessauer spricht vom Dreierteam: "Die Hunde, der Schäfer und die Schafe". Der 57-Jährige trägt eine olivgrüne Jacke und einen Filzhut. Seit seinem 16. Lebensjahr ist Wehlitz bereits Schäfer. "Mein Großvater, Vater, Brüder, Schwager, alle in der Familie sind hier Schäfer". Und auch für Mario Wehlitz ist es ein Traumberuf.

Schäfer Mario Wehlitz treibt seine Schafherde mit seinem Hütehund auf die Weide.
Wehlitz führt die Schafe auf die Weide. Bildrechte: MDR/Martin Krause

Langeweile kennt der Schäfer nicht

Der großgewachsene, kräftige Mann ist glattrasiert, die Haut von der Sonne gebräunt. Auf den Weiden rund um den Ortsteil Brambach versorgt Wehlitz etwa 500 Schafe. Mit klaren Abläufen, ohne in Hektik zu verfallen. "Es ist ein Vollzeitjob, Maschinen können keine Schafe hüten", sagt der Familienvater und stützt sich auf seinen Hütestock.

Es ist der verlängerte Arm eines Schäfers. Mit dem Knauf am oberen Ende lassen sich gezielt Schafe aus der Herde einfangen, dazu dient der Stock als Sichtzeichen für die Hunde. "Ein Schäfer angelehnt an seinem Stock sieht immer relaxt aus", erzählt Wehlitz. Dabei sei es ziemlich anstrengend bei Wind und Wetter stundenlang im Stehen zu arbeiten.

Schäfer Mario Wehlitz mit zwei Eimern vor seinem Stall
Schäfer Wehlitz liebt seinen Beruf. Bildrechte: MDR/Martin Krause

Langweilig wird es auf der Weide nie: "Die Arbeit mit den Tieren, ich genieße die Natur an der Elbe, wundervoll zu jeder Jahreszeit", sagt der Dessauer Schäfermeister und hat dabei immer die Herde im Blick. Seine Schafe hat Mario Wehlitz jederzeit im Griff.

Bester Schäfer Deutschlands

Der Dessauer darf sich bester Schäfer Deutschlands nennen. Bei den Meisterschaften (Ende September) hat Wehlitz sich den Titel gesichert. Beim Wettkampf mussten die Teilnehmer eine Schafherde mit 350 Tieren über einen Parcours leiten, dabei über eine Brücke oder durch Autoverkehr führen. Keinem gelang das besser als dem Dessauer. "Ich war völlig überrascht, aber ich bin schon stolz auf meine Hunde und auf mich", sagt der 57-Jährige nach dem Erfolg und ein glückliches Lächeln macht sich breit auf seinem Gesicht.

Kaum noch Einnahmemöglichkeiten

Jetzt im Herbst sei die Arbeit entspannt, erzählt Wehlitz. Er hütet die Mutterschafe. Aber wenn im Winter die Lämmer geboren werden, macht Wehlitz auch nachts kaum ein Auge zu. "Das geht dann rund um die Uhr." An Urlaub sei ohnehin nicht zu denken, erzählt der Schäfer aus dem Ortsteil Brambach. Die Tiere müssen immer versorgt werden.

Mit Schafhaltung Geld zu verdienen, wird ohnehin immer schwerer. Die Wolle brauche kaum einer, Milch zu vermarkten sei zu aufwändig. Wehlitz lebt vom Fleischverkauf, von der Zucht und von Geldern aus der Landschaftspflege. "Ich kann junge Menschen verstehen, wenn sie nicht Schäfer werden wollen", sagt Wehlitz.

Schäfer Mario Wehlitz mit zwei Eimern im Schafsstall
Die harte Arbeit wird kaum noch entlohnt, erzählt Wehlitz. Bildrechte: MDR/Martin Krause

Immer weniger Schäfer

Offiziellen Zahlen zufolge gibt es in Deutschland inzwischen weniger als 950 Schäfereien im Haupterwerb. Auch der Brambacher Schäfermeister konnte die eigenen Kinder nicht für seinen Beruf begeistern. Es braucht mehr Wertschätzung und eine bessere Bezahlung, um Nachwuchs zu finden, vermutet Wehlitz.

Schäfer Mario Wehlitz neben seiner Schafherde auf der Weide
In der Natur ist der Schäfer glücklich. Bildrechte: MDR/Martin Krause

Er selbst verschwendet keinen Gedanken ans Aufhören: "Es ist mein absoluter Traumberuf, ich möchte das nicht missen", sagt der 57-Jährige zufrieden und stützt sich umringt von Schafen auf seinen Stock. Mario Wehlitz bleibt Schäfermeister sein Leben lang.

MDR (Martin Krause, Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. Oktober 2023 | 18:40 Uhr

1 Kommentar

steka vor 30 Wochen

Veständlich, daß der Beruf im Aussterben ist, dabei wäre doch die Wollen ein guter Dämmstoff auch für die Bauindustrie, besser als styropor. Und das aktuelle Wolfmenangement machts auch nicht leichter.

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