Drei Kuschelkraken, die für die Frühchen und Neugeborene im Uniklinikum Halle gehäkelt wurden.
"Damit sie nicht an den Kabeln ziehen" – Frühchen bekommen Kuschelkraken im Uniklinikum Halle. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT

Uniklinik Halle Freiwillige häkeln Kuschelkraken für Frühchen

09. Mai 2024, 16:27 Uhr

Seit fünf Jahren häkeln Freiwillige an der Uniklinik Halle kleine Kuschelkraken für Frühchen und schwerkranke Babys. Seitdem sind fast 1.000 Stück in Kinderhände gekommen. Die Kraken beruhigen die Neugeborenen und verhindern, dass sie an Kabeln und Schläuchen ziehen.

Eine Frau schaut in die Kamera
Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT

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Seit fünf Jahren bekommt jedes frühgeborene und schwerkranke Baby auf der Station für Neonatologie und Kinder-Intensivpflege der Universitätsklinik in Halle (Saale) einen Kuscheltier-Kraken geschenkt – für viele das erste Kuscheltier überhaupt. Dabei sind insbesondere die acht Tentakel nicht nur zum Kuscheln gut.

Tentakel für den Greifreflex

Schwester Kathleen zieht zwei Kunststoffkisten aus dem Schrank. Sie sind bis oben hin mit Kraken gefüllt. Obenauf liegt eine größere grüne Krake mit bunten Tentakeln und großen weißen Augen. Daneben: eine Weihnachtsmannkrake mit roter Mütze und weißem Bart. In allen Farben und Größen liegen die gehäkelten Kuscheltiere für die kleinen Patienten bereit – für jedes Kind die passende Krake.

Drei Kuschelkraken, ein Weihnachtsmannkraken, eine grüne Krake, die im Uniklinikum Halle an Frühchen verschenkt werden.
Die Kuschelkraken werden von freiwilligen Helferinnen für Neugeborene gehäckelt. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT

Die meisten Kraken kommen zu den Frühchen, mit in den Inkubator. Das beruhige die Neugeborenen, so Matthias Hartmann, der Pflegeleiter der Frühchenstation in der Uniklinik Halle. Die Kraken geben ihnen ein Gefühl von Sicherheit. Und die Kuscheltiere halten sie auch davon ab, an Schläuchen und Kabeln zu ziehen.

Stattdessen können die Babys nach einem der acht gedrehten Tentakel greifen. Sie erinnerten die Neugeborenen an die Nabelschnur, nach der sie schon im Mutterleib gegriffen haben, sagt Hartmann. Ohne die Kuscheltiere sei demnach die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Kinder sich selbst wehtun, wenn sie an den Kabeln und Schläuchen im Inkubator ziehen. So lasse sich auch verhindern, dass beispielsweise Magensonden neu gelegt werden müssen, so Hartmann.

Matthias Hartmann, Pflegeleiter der Frühchenstation in der Uniklinik Halle.
Matthias Hartmann ist Pflegeleiter der Frühchenstation in der Uniklinik Halle. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT

Kraken mildern Ängste der Eltern

Auch für die Mütter und Väter sind die Kuschelkraken eine willkommene Hilfe in der oft schweren Zeit. "Wenn man sein Kind so sieht, mit den Kabeln und Schläuchen, dann ist das immer auch mit Ängsten verbunden", fügt er hinzu. Die Kraken machten deutlich, dass immer jemand über die Kinder wacht – auch wenn die Eltern einmal nicht vor Ort sein können. Die Eltern seien daher sehr dankbar für die Betreuung, erklärt Hartmann.

An der Uniklinik Halle war die Idee mit den Kuschelkraken 2019 aufgekommen, auf Initiative des Pflegepersonals. Jedes Jahr wurden seitdem 150 bis 200 Kraken handgefertigt und verschenkt – insgesamt also etwa 1.000 Kraken.

Acht Stunden für eine Krake

Aktuell ist ein Team aus fünf bis sechs Freiwilligen für den Nachschub an Kuschelkraken verantwortlich. Sie häkeln in ihrer Freizeit – abends vor dem Fernseher oder auch in der Pause auf der Arbeit. Ein Teil der Häklerinnen arbeitet selbst auf der Frühchenstation. Eine von ihnen ist Schwester Kathleen.

Schwester Kathleen arbeitet als Krankeschwester auf der Frühchenstation des Universitätsklinikums Halle.
Schwester Kathleen arbeitet als Krankeschwester auf der Frühchenstation des Universitätsklinikums Halle und häckelt selbst auch Kuschelkraken. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT

"Die ersten Kraken waren nicht so vorzeigbar", lacht sie. Vor vier Jahren hat sie mit dem Häkeln angefangen. Am Anfang sei ihr die Handarbeit nicht leicht gefallen, sagt die Krankenpflegerin. Mit der Zeit sei das aber immer besser geworden. Mittlerweile hat Schwester Kathleen ihren eigenen Kraken-Stil – wie auch die anderen Häklerinnen. Sie möge es bunt. Acht Stunden brauche sie, um einen Kraken zu häkeln. Benutzt wird dabei von allen Häklerinnen nur Garn aus reiner Baumwolle.

Geruch der Eltern beruhigt Babys

Bevor die Kraken auf die Station kommen, werden sie gewaschen und teilweise noch einmal mit Desinfektionsmittel eingesprüht. Hygiene sei bei Neugeborenen besonders wichtig, sagt Schwester Kathleen. Deswegen sollen die Eltern die Kraken auch regelmäßig mit nach Hause nehmen und waschen. Das hat auch den Vorteil, dass die Kraken nach den Eltern riechen. Das beruhige die Kinder, sagt Schwester Kathleen.

Frühchen im Universitätklinikum Halle bekommen Kuschelkraken.
Die Kuschelkraken werden im Uniklinikum Halle an Frühchen und andere Neugeborene verschenkt. Bildrechte: MDR SACHSEN-ANHALT

Mithäkeln erlaubt

Ursprünglich stammt die Idee der Kraken aus Dänemark. Dort hat 2013 eine Mutter zum ersten Mal einen Kraken für ihr frühgeborenes Baby gehäkelt und das Kuscheltier mit in den Inkubator gelegt. Mittlerweile gebe es überall auf der Welt Nachahmer. Laut der deutschen Organisation "Oktopus für Frühchen" werden in 30 Ländern kleine Oktopoden für Frühchen gehäkelt, darunter auch Costa Rica, Neuseeland und Belarus.

Unterstützung beim Häkeln ist durchaus gewünscht, sagt Hartmann. Wer Interesse hat, mitzuhäkeln, könne sich bei ihm auf der Frühchenstation oder beim Förderverein des Uniklinikums melden. Die kostenlosen Anleitungen zum Häkeln der Kuschelkranken stellt "Oktopus für Frühchen" auf ihrer Internetseite zur Verfügung.

MDR (Alisa Sonntag, Cynthia Seidel)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Mai 2024 | 06:30 Uhr

1 Kommentar

Maria A. vor 21 Wochen

Wenn man sowas liest, kann man nicht anders, man muss diesen Freiwilligen für ihren Fleiß Dank und Anerkennung ausdrücken.

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