Mehrere Autos sind auf einem Parkplatz von oben zu sehen. Ein Fahrzeug hängt an einer E-Tankstelle.
Von 100 zugelassenen PKW in Sachsen-Anhalt ist rein rechnerisch nur eines ein E-Auto. Bildrechte: MDR/MDRData

Ende der staatlichen Förderung Sachsen-Anhalt ist Schlusslicht bei E-Autos

01. Februar 2024, 16:30 Uhr

In Sachsen-Anhalt gibt es so wenige Elektoautos wie in keinem anderen Bundesland. Dabei ist der Bereich der alternativen Antriebe stark gewachsen. Autoverbände warnen davor, dass E-Autos jetzt ausgebremst werden. Andere rechnen mit sinkenden Preisen.

In Sachsen-Anhalt waren im Oktober vergangenen Jahres 15.170 Elektroautos zugelassen. Das geht aus Zahlen des Kraftfahrbundesamtes hervor. Damit ist ihr Anteil an allen Pkw im Land weiterhin gering.

Nur knapp jedes hundertste Auto fuhr im Oktober ausschließlich mit Strom. Der E-Auto-Anteil in Sachsen-Anhalt ist somit so niedrig wie in keinem anderen Bundesland.

Elektroauto-Anteile steigen langsam

Dabei steigt seit 2016 der Anteil von E-Autos an den neu zugelassenen PKW. Während Elektro- und Hybridfahrzeuge immer mehr Anteile gewinnen, entscheiden sich immer weniger Autofahrer für reine Verbrenner. Vor allem Dieselfahrzeuge werden immer seltener neu zugelassen.

Der Anteil der neuen Elektroautos stieg von unter einem Prozent auf 13 Prozent im Jahr 2023. Im bundesweiten Vergleich entwickelt sich der Trend hier deutlich langsamer. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr rund 18 Prozent reine Elektroautos neu zugelassen – ein Prozentpunkt mehr als Dieselfahrzeuge. In Sachsen-Anhalt könnte Elektro den Diesel in 2024 einholen.

Die Entscheidung für ein Elektroauto wurde den Autofahrern durch Förderung und Gesetze erleichtert. 2016 führte die Bundesregierung unter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Umweltbonus ein. Damit sollte der Kauf von Elektrofahrzeugen attraktiver werden.

E-Auto-Förderung 2023 ausgelaufen

Privatpersonen und Unternehmen erhielten einen Zuschuss für den Neukauf oder das Leasing eines Elektrofahrzeuges oder eines Hybrids. Zuständig dafür war das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Die Regeln für die E-Auto-Prämie wurden bis zu ihrem Stopp Mitte Dezember 2023 mehrfach angepasst.

Bis zum 1. Dezember vergangenen Jahres wurden laut Bafa über 1,4 Millionen reine Elektrofahrzeuge mit dem Umweltbonus gefördert, davon rund 17.000 in Sachsen-Anhalt. Die Prämie hat gewirkt: Die Zahl der Neuzulassungen hat sich im Förderzeitraum vervielfacht.

Kritik am Umweltbonus

Die Maßnahme wurde auch kritisiert. Studien des Center of Automotive Management (CAM) und Medienberichte machten 2022 auf möglichen Missbrauch aufmerksam. Die Anzahl der geförderten Fahrzeuge und der Bestand haben sich zum Teil deutschlandweit stark unterschieden.

Ursprünglich mussten private oder gewerbliche Käufer von E-Autos für die Prämie ihren Neuwagen nur sechs Monate behalten. Danach konnten sie es weiterverkaufen. Viele E-Autos sollen im Anschluss gewinnbringend ins Ausland weiterverkauft worden sein. Laut Studie könnte das in den Jahren 2021 und 2022 mehr als 100.000 Autos betroffen haben.

Mit Blick auf die Zahlen sagt Stefan Bratzel vom CAM, der die Studie geleitet hat: "Darauf hatten sich sogar Händler spezialisiert. Das sind mehrere hundert Millionen Euro, bei denen der Steuerzahler das Ausland mit der Umweltprämie finanziert hat. Das wird einen Teil dieser Unterschiede im Bestand und Neuzulassungen erklären."

Neue Regeln gegen Missbrauch

Das Wirtschaftsministerium hat das Problem auch erkannt und ab 2023 die Förderbedingungen geändert. Unter anderem stieg die Mindesthaltedauer auf 12 bis 24 Monate und die maximale Fördersumme wurde auf 4.500 Euro gesenkt. Laut Bratzel sind das wirksame Maßnahmen, um den Verkauf von geförderten E-Autos ins Ausland unattraktiv zu machen.

Das Kraftfahrtbundesamt nennt weitere Gründe für die fehlenden E-Autos in der Bestandsstatistik. Fahrzeuge, die stillgelegt wurden oder einen Unfall hatten, würden zum Beispiel nicht mehr im Bestand auftauchen, so das Bundesamt.

Verhaltene Aussichten für E-Autos in 2024

Durch den Wegfall der Prämie erwartet Stefan Bratzel deutschlandweit Absatzeinbrüche im Bereich der E-Mobilität im Jahr 2024. Auch Verbände in Sachsen-Anhalt rechnen mit sinkenden Verkaufszahlen bei E-Autos. Der Geschäftsführer des Landesverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe Sachsen-Anhalt, Michael Koch, sagt auf Anfrage: "Der komplette Wegfall des Umweltbonus wird hier den Markt ins Negative drehen lassen und dafür sorgen, dass 2024 weniger reine Elektroautos zugelassen werden als 2023 oder 2022".

Der komplette Wegfall des Umweltbonus wird hier den Markt ins Negative drehen lassen und dafür sorgen, dass 2024 weniger reine Elektroautos zugelassen werden als 2023 oder 2022

Michael Koch Landesverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe Sachsen-Anhalt

Viele Hersteller haben bereits angekündigt, die wegfallende Förderung zumindest zeitweise selbst ersetzen und den staatlichen Anteil übernehmen zu wollen. Für Bratzel vom CAM ist das ein Teil der Strategie. Die Hersteller müssen laut ihm ihre Preise anpassen, damit der Markt nicht einbricht und sie ihre Marktanteile halten.

E-Auto: Preise laut ADAC weiterhin zu hoch

"Man braucht dieses Volumen, um Fabriken auszulasten. Denken Sie an Volkswagen in Zwickau. Wenn das stark wegfällt, dann gibt es weitere Probleme. Das heißt, es wird versucht werden, diesen Rückfall ein Stück weit auszugleichen", sagt der Autoforscher. Für 2024 prognostiziert er einen Preiskampf unter den Herstellern – der auch zu Lasten des eigenen Gewinns gehen könnte.

Der ADAC in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen sieht noch viele Herausforderungen für das Flächenland. Vor allem die mangelhafte Ladeinfrastruktur und der hohe Preis für reichweitenstarke E-Fahrzeuge jenseits von 300 Kilometer seien ein Problem, schreibt der Interessenverband auf Anfrage.

Der ADAC rechnet zwar nicht unbedingt mit einem starken Rückgang der Neuzulassungen in Sachsen-Anhalt, da sich das Elektroauto immer mehr am Markt durchsetzt. Wegen fehlender staatlicher Förderung bleibe er aber hinter seinen Möglichkeiten zurück, schreibt der Club. Als mögliche Maßnahmen nennt er die Förderung von Ladegeräten für zu Hause oder ein Förderprogramm des Landes, damit regionale Unternehmen ihren Mitarbeitern kostenlose Ladestationen zur Verfügung stellen.

MDR (Katharina Michel, Duc Hai Le, Leonhard Eckwert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 01. Februar 2024 | 17:40 Uhr

15 Kommentare

DanielSBK vor 14 Wochen

Da haben Sie Recht. Habe selber im CATL "Zolllager" Sülzetal gearbeitet - ziemlich gefährlich auch die Tatsache, dass solche Batteriemodule Brandgefährlich sind und mit einer Stichflame "hochgehen" können... toxische ist die Elektrolytflüssigkeit außerdem. Echt giftig und ätzend, wenn es austritt...

Nudel81 vor 14 Wochen

Warum sind die 5 ostdeutschen Länder mit den wenigsten E-Autos?

Im Osten sind die Einkommen sehr viel niedriger als im Westen und Ossi legt Wert auf ein praktisches Auto. Der Wessi braucht ein Prestigeobjekt.

Ralf G vor 14 Wochen

Prof. Bratzel sagt im Video, die Servicekosten sind beim E-Auto niedriger. Dagegen nimmt der Autovermieter Sixt die E-Autos aus dem Angebot mit der Begründung, die Reparaturkosten seien doppelt so hoch wie beim Verbrenner.
Sixt hat seinen geplanten Kauf von 200.000 Tesla storniert.

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