Migranten sprechen mit einem Polizisten nachdem sie über die Österreichische Grenze im Bundesgebiet angekommen sind. 2015
Menschen suchen Asyl in Sachsen-Anhalt. (Symbolbild) Bildrechte: imago/Eibner Europa

Nach der Asylreform Zahlen statt Vermutungen – Entwicklung der Flüchtlingszahlen in Sachsen-Anhalt

07. Oktober 2023, 13:44 Uhr

Viele Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt beklagen, mit der Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden überfordert zu sein. Auf EU-Ebene hat es nun einen Vorstoß für eine Asylreform gegeben. Aber wie ist eigentlich die tatsächliche Entwicklung der Anzahl Asylsuchender in Sachsen-Anhalt? Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Von 2015 sind wir noch weit entfernt.

In dieser Woche haben sich die EU Mitgliedsstaaten auf einen Kompromiss bei der Asylreform geeinigt. Zuvor hatte Kanzler Scholz mit einem Machtwort seine zerstrittenen Regierungspartner auf eine Verschärfung der Asylregelungen eingeschworen. Nun muss der Kompromiss noch durch das EU-Parlament umgesetzt werden.

Auch in Sachsen-Anhalt beklagen viele Städte und Gemeinden, dass sie mit der Unterbringung und Versorgung der Asylsuchenden überfordert sind. Doch derzeit kommen bei weitem nicht so viele Asylsuchende nach Sachsen-Anhalt wie im Jahr 2015.

Entwicklung der Asylanträge

Die Zahl der Asylanträge ist nicht gleichzusetzen mit der Zahl aller registrierten Flüchtlinge. Aber wer einen Asylantrag stellt, der hat in der Regel das Ziel, dauerhaft in Sachsen-Anhalt zu bleiben. Deswegen erlaubt die Zahl der Asylanträge einen Blick auf die Entwicklung der Flüchtlingszahlen.

Hinweis: Ukrainische Flüchtlinge werden bei der Statistik nicht berücksichtigt In den Zahlen sind die rund 30.000 Flüchtlinge aus der Ukraine, die Sachsen-Anhalt aufgenommen hat, nicht eingerechnet. Denn diese Menschen haben einen anderen Status. Sie müssen dadurch beispielsweise kein Asyl beantragen und dürfen sofort arbeiten. Auch wenn diese Menschen aus der Statistik der Asylsuchenden fallen, müssen sie versorgt werden.

Die Übersicht zeigt, dass die Zahlen der Asylanträge steigen. Dennoch sind Sachsen-Anhalts Städte und Gemeinden noch weit entfernt von jener Situation, die in den Jahren 2015 und 2016 für eine erhebliche Anstrengung sorgten – sowohl bei der Verwaltung als auch bei engagierten Bürgerinnen und Bürgern. Die meisten Asylbewerber kommen derzeit aus Syrien mit 2.000 Flüchtlingen, gefolgt von Afghanistan mit rund 1.000 und der Türkei mit etwa 800 Flüchtlingen.

Anerkennungsquote hoch

In Sachsen-Anhalt wurden bis zum August dieses Jahres 55 Prozent aller Asylanträge positiv beschieden, allerdings sind noch 5.800 Verfahren in der Schwebe. Derzeit wartet ein Asylbewerber im Durchschnitt etwa viereinhalb Monate auf eine Entscheidung.

Doch die Anerkennungsquote hängt sehr stark vom Herkunftsland ab. Asylbewerber aus Indien, Moldau, Georgien, Algerien, Marokko und Tunesien haben in Sachsen-Anhalt keinen positiven Asylbescheid erhalten, da es in diesen Ländern aus Sicht der Behörden keine Asylgründe gibt. Damit sind diese Personen wegen des abgelehnten Asylantrages ausreisepflichtig.

Steigerung bei der Abschiebungsquote

Derzeit leben in Sachsen-Anhalt rund 6.000 ausreisepflichtige Personen, wobei es sich nach Angaben des Innenministeriums dabei nicht nur um abgelehnte Asylbewerber handelt. Bis zum August wurden in diesem Jahr 403 Personen abgeschoben. Das sind bereits jetzt mehr als im gesamten Vorjahr. Die meisten Abschiebungen erfolgten nach Georgien (72), Nordmazedonien (51) sowie Serbien (42).

Debatte um sichere Herkunftsländer

Aufgrund der bundesweit geringen Anerkennungsquote sollen die Länder Moldau, Georgien, Tunesien, Marokko, Algerien und Indien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Das hätte zur Folge, das Asylverfahren deutlich verkürzt werden könnten. In Sachsen-Anhalt beträfe diese Regelung rund 1.000 Asylbewerber.

Mehr zum Thema Asylsuchende

MDR (Uli Wittstock) | Erstmals veröffentlicht am 05.10.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. Oktober 2023 | 17:00 Uhr

59 Kommentare

Anita L. vor 30 Wochen

@Altlehrer, natürlich ist das Thema heikel, vor allem wenn Menschen daherkommen und solche Statistiken (bewusst) falsch lesen und damit Stimmung gegen andere Menschen machen.

Anita L. vor 30 Wochen

Sehr vermutlich werden die leerstehenden Häuser, die Sie sehen, nicht den Kommunen gehören. Wir hatten hier in Dresden (letztes Jahr, glaube ich) den Fall, dass einer seine Appartements der Stadt als Unterkunft für Geflüchtete zur Verfügung stellen wollte. Für einen Preis, dass die Stadt nachgefragt hat, ob er sich vielleicht verschrieben hätte. Hatte er nicht und die Stadt hat höflich abgelehnt.
Was die Unterstützung betrifft, stimme ich Ihnen zu; da ist auch ein interessanter Artikel dazu hier beim MDR verlinkt: Ukrainer finden in Deutschland seltener einen Job als in anderen EU-Ländern

Peter Pan vor 30 Wochen

Es wäre schön, wenn man mal erklären könnte, warum die Kommunen neuerdings so wenig freien Wohnraum haben. Wenn ich in Thüringen durch städte wie Erfurt, Gotha Arnstadt laufe, sehe ich ich immer jede Menge leerstehender Häuser.
Ich vermute das problem wird künstlich aufgebläht um die Mieten auf hohem Niveau zu halten.
Auf jeden Fall sagen aber die zahlen etwas völlig anderes, als was man jeden Tag in den blaubraunen kreisen zu hören bekommt.
Für mich sollte man zunächst mal innerhalb der EU die Bedingungen für Asylsuchende in den Ländern angleichen, Unterkunft, Verpflegung, Taschengeld, dann würde der Wunsch in bestimmte Länder zu wollen, erheblich nachlassen.

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