Verdi, GEW, IG Metall Gewerkschaften in Sachsen-Anhalt verlieren weiter Mitglieder

21. März 2023, 14:54 Uhr

Überalterung, Corona, Inflation – auch für die Gewerkschaften in Sachsen-Anhalt waren die Krisen der letzten Jahre eine große Herausforderung. Immer mehr Austritte stehen weniger Neuzugängen gegenüber. Im Zuge von Großansiedlungen und Tarifverhandlungen sind die Zahlen zuletzt aber wieder angestiegen.

Die Gewerkschaften in Sachsen-Anhalt verlieren weiter Mitglieder. Wie ein Verdi-Sprecher mitteilte, kommen weniger neue Mitglieder dazu als austreten. So habe die Gewerkschaft Ende letzten Jahres 38.000 Mitglieder gehabt. Ein Jahr zuvor seien es noch 42.000 gewesen, 2010 knapp 46.000.

Diese Entwicklung hängt dem Sprecher zufolge mit der hohen Inflation und altersbedingten Kündigungen zusammen, aber auch damit, dass einige Mitglieder mit der gewerkschaftlichen Arbeit unzufrieden sind. Speziell während der Pandemie habe es viele Austritte wegen des Themas Impf- und Maskenpflicht gegeben, so der Sprecher.

Verdi: Junge Menschen haben andere Bedürfnisse

Außerdem erwarteten junge Menschen mehr Mitsprache bei gewerkschaftlichen Forderungen. Sie engagierten sich anders als ältere Menschen. Die Gewerkschaft müsse deshalb mehr Anreize für eine Mitarbeit entwickeln. So sei Social Media eher gefragt als lange Gremiensitzungen.

Im Rahmen der Tarifverhandlungen bei der Deutschen Post und im Öffentlichen Dienst verzeichnet die Gewerkschaft nach eigener Aussage aktuell aber wieder ein großer Mitgliederzuwachs.

Demografischer Wandel als eine Ursache

Auch die IG Metall verliert Mitglieder. Sie gibt an, 2021 noch 31.250 Mitglieder gehabt zu haben. Aktuell sind es demnach nur noch um die 30.500. Ein Sprecher erklärte, der Rückgang sei auf den demografischen Wandel und die Altersstruktur der Mitglieder zurückzuführen. "Die Zahl der Neuaufnahmen in Sachsen-Anhalt kann die der Austritte auffangen – nur eben nicht den Wettlauf gegen die Demografiekurve." Bei den Neuaufnahmen seien aber Zuwächse zu verzeichnen. Angesichts geplanter Großansiedlungen, wie durch den Chip-Hersteller Intel in Magdeburg, blicke die IG Metall positiv in die Zukunft.

Die Industriegewerkschaft für Berbau, Chemie und Energie (IGBCE) verzeichnet ebenfalls einen leichten Rückgang bei den Mitgliederzahlen. Nach eigenen Angaben hatte sie Ende letzten Jahres im Bezirk Halle-Magdeburg knapp 22.700 Mitglieder gehabt. 2021 seien es aber noch rund 23.000 gewesen. Eine Sprecherin nennt den Strukturwandel als einen Grund: "Die Transformation der Industrie schreitet voran, Branchen und Berufsbilder verändern sich. Und dass die Babyboomer nun Jahr für Jahr in Rente gehen, bekommt die IGBCE zu spüren." Allerdings wachse gleichzeitig die Zahl der Gutverdiener und Außertariflichen, die sich gewerkschaftlich engagieren wollten, so die Sprecherin.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte in Sachsen-Anhalt Ende letzten Jahres nach eigener Aussage rund 8.500 Mitglieder. Wie eine Sprecherin mitteilte, ist die Mitgliederzahl damit leicht zurückgegangen. Genauere Angaben machte die Gewerkschaft nicht. Auch die GEW spüre die Auswirkungen des Fachkräftemangels und der Überalterung, hieß es. Wenn ältere Kollegen in den Ruhestand gingen, blieben sie nicht unbedingt GEW-Mitglied. Die Sprecherin vermutet auch einen Zusammenhang mit den Krisen der letzten Jahre.

dpa, MDR (Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. März 2023 | 10:00 Uhr

6 Kommentare

Wagner am 22.03.2023

Das Politisieren der Gewerkschaften schadet denen. Siehe Ver.di und Friday for Future. Da muss man sich nicht wundern.Wenn AN-Interessen gegenüber politischen Forderungen zurück stehen müssen,dann geht man eben raus.
Und wie war das mit politischen Streiks??

Germinator aus dem schoenen Erzgebirge am 21.03.2023

Die Gewerkschaften brauchen sich aber auch nicht wundern, dass ihnen die Beitragszahler abhandenkommen.

In Frankreich sieht das anders aus, da klüngeln die nicht mit den Politikern herum, da gehen die mit auf die Straße, die rufen dafür auf.

Kann im Moment jeder sehen, Rente mit 64, da sind die Gewerkschaften auf der Straße und kämpfen ihren Klassenkampf.

🍀☝️

SGDHarzer66 am 21.03.2023

Wer sich mit linken Weltverbesserungsideen und grünen Ökosozialisten verbündet hat die Konsequenzen zu tragen. Die Gewerkschaften sind doch nur noch Stütze der Etablierten - der Arbeitnehmer ist sekundär.

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