Hansering mit Leipziger Turm in Halle
Am Leipziger Turm wird der Boulevard von Halle von einer Straße unterbrochen – hier geschah das Unglück. Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Halle Starb Fußgängerin wegen illegalem Rennen? – Fall wird neu verhandelt

17. Oktober 2022, 16:16 Uhr

Dieser Fall hatte in Halle für Entsetzen gesorgt: Mitte Dezember 2019 kam es auf dem Hansering zu einem tödlichen Verkehrsunfall. Ein Autofahrer hat mit seinem PKW eine Fußgängerin frontal erfasst und so schwer verletzt, dass sie kurz darauf starb. Der Unfallverursacher wurde zwei Jahre später zu einer Bewährungsstrafe nach Jugendstrafrecht verurteilt. Der Ehemann des Opfers legte Berufung ein, weshalb der Fall nun seit Montag neu verhandelt wird.

Am Landgericht Halle hat am Montag der Berufungsprozess um einen tödlichen Verkehrsunfall 2019 auf dem Hansering in Halle begonnen. Der heute 22-jährige Fahrer war im März zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Doch der Nebenkläger, der Mann des damals 43-jährigen Opfers, legte Rechtsmittel ein. Daher wird der Fall neu verhandelt. Seine Frau war frontal vom Auto erfasst worden und starb einen Tag später im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen.

Vorwurf des illegalen Autorennens ließ sich nicht beweisen

"Der Knackpunkt ist, ob ein illegales Autorennen stattgefunden hat", sagte der Vorsitzende Richter Detlev Bortfeldt am Montag zum Prozessauftakt am Landgericht Halle. Schon im ersten Prozess vor dem Amtsgericht war die Staatsanwaltschaft von einem illegalen Autorennen ausgegangen, denn der Angeklagte war mit überhöhter Geschwindigkeit und ohne die rechte Fahrspur einzuhalten unterwegs.

Doch der Vorwurf, auf den auch Zeugenaussagen hindeuteten, ließ sich nicht beweisen. Unstrittig ist hingegen, dass der damals 19-Jährige zunächst ohne anzuhalten weitergefahren war und im gut 30 Kilometer entfernten Eisleben gestellt werden konnte. Dies räumte er ein.

Nummernschilder in Gully geworfen: "Ich hatte einen Blackout"

Ebenso, dass seine Sicht zum Unfallzeitpunkt durch ein vor ihm fahrendes Fahrzeug beeinträchtigt gewesen sei. Laut seiner Schilderung hatte sich an jenem Abend plötzlich ein Auto vor den Wagen, den er fuhr, gedrängelt. Dann habe es einen lauten Knall gegeben. Das unbekannte Auto sei davongefahren. Er selbst wisse nicht mehr, wie er nach Hause nach Eisleben gekommen sei. "Ich hatte einen Blackout", erklärte der Angeklagte.

Auf der Heimfahrt habe er die Nummernschilder des Autos entfernt, in dem er allein als Fahrer gesessen habe, und in einen Gully geworfen, fügte er hinzu.

Der junge Mann, der zur Tatzeit noch Heranwachsender war, wurde wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach Jugendstrafrecht verurteilt.

Strafrecht: Was für Jugendliche und Heranwachsende gilt Für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren muss zwingend das Jugendstrafrecht angewandt werden. Bei Heranwachsenden zwischen dem 18. und 21. Geburtstag ist das anders: Dann ist eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht möglich. Angeklagt werden Heranwachsende grundsätzlich vor Jugendgerichten. Welches Strafrecht nun zur Anwendung kommt, muss das Gericht am Ende etwa mithilfe von Gutachten entscheiden. Sofern in diesem aktuellen Fall nach Jugendstrafrecht entschieden wird, droht dem Angeklagten eine Jugendstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.

Posttraumatische Belastungsstörung beim Angeklagten

Der Unfall ereignete sich an einem späten Samstagabend Mitte Dezember 2019. Der 19-Jährige fuhr vom Joliot-Curie-Platz kommend den Hansering runter und erfasste in Höhe des Leipziger Turms die Fußgängerin. Die Ampeln an der Stelle, die auch den Überweg für Fußgänger erleichtern, waren zu dieser Zeit nicht in Betrieb.

Wie das Amtsgericht im Januar mitteilte, hat eine Amtsärztin beim Angeklagten eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Er galt damit als nur eingeschränkt verhandlungsfähig. Das Landgericht hat zunächst fünf Verhandlungstage bis Ende November angesetzt.

dpa, MDR (Mathias Kessel, André Plaul, Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Oktober 2022 | 05:30 Uhr

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