Ein Schild deutet auf eine Waffenverbotszone am Hauptbahnhof hin.
Seit 2020 galt der Riebeckplatz als Waffenverbotszone. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Sebastian Willnow

Beschwerde von Initiative Gericht kippt Waffenverbotszone in Halle

28. September 2023, 16:59 Uhr

Die Polizeikontrollen in der Waffenverbotszone in Halle werden vorerst ausgesetzt. Das hat das Oberverwaltungsgericht entschieden. Seit 2020 galt am Riebeckplatz eine Waffenverbotszone. Eine Initiative hatte ein Normenkontrollverfahren beim Oberverwaltungsgericht angestrengt und war damit erfolgreich. Das Gericht erklärte die Zone für unwirksam.

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Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen-Anhalt hat am Donnerstag die Waffenverbotszone in Halle für unwirksam erklärt. Für eine solche Verordnung gebe es keine rechtliche Grundlage, so eine Sprecherin des Gerichts. Damit sei die entsprechende Verordnung zur Einrichtung von Waffenverbotszonen und die damit einhergehende Anordnung "willkürlicher, anlassloser Polizeikontrollen nicht rechtskonform". Wolle man eine Landesverordnung erlassen wie eben die Waffenverbotszone, brauche es im Gesetz immer eine entsprechende Regelung.

Mit dem Urteil solle vermieden werden, dass rechtswidrig in die Grundrechte von Bürgerinnen und Bürger eingegriffen wird. Grundsätzlich könne es aber weiter Kontrollen geben, soweit diese der allgemeinen Gefahrenabwehr und der Verhinderung von Straftaten dienten. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das Land kann noch Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.

Das Normenkontrollverfahren wurde von einem Hallenser Jura-Studenten in Gang gebracht. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, mit dem erlassene Rechtsnormen wie Satzungen oder Verordnungen gerichtlich überprüft werden.

Formaler Fehler Grund für Urteil

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegen die Waffenverbotszone in Halle geht offenbar auf einen formalen Fehler der Behörden zurück. Das Gericht hatte am Vormittag geurteilt, dass für die Verordnung die Ermächtigungsgrundlage fehle. Wie Sprecherin Claudia Schmidt MDR SACHSEN-ANHALT anschließend sagte, hat die Polizeiinspektion Halle einen nötigen Schritt übersprungen. Demnach hätte sie zunächst eine Verordnung erlassen müssen, die es überhaupt möglich mache, Waffenverbotszonen zum Beispiel per Allgemeinverfügung einzurichten. Das sei nicht geschehen, sondern das Waffenverbot direkt ausgesprochen worden.

Das Ministerium sprach von einer Entscheidung, die über Halle und Sachsen-Anhalt hinaus reiche. Das Gericht habe eine bundesweite Praxis für unzulässig erachtet, Waffenverbotszonen unmittelbar durch eine Rechtsverordnung einzurichten.

Willkürliche Polizeikontrollen, Racial Profiling?

Die Initiative "Waffenverbotszonen abschießen" sah nach eigenen Angaben gute Chancen für einen Erfolg der Beschwerde. Wie die Initiative mitteilte, begünstigen solche Zonen wie in Halle und Magdeburg willkürliche Polizeikontrollen und das sogenannte Racial Profiling. Dabei handelt es sich um eine Methode, bei der beispielsweise die Hautfarbe oder die Gesichtszüge einer Person als Grundlage für Personenkontrollen, Ermittlungen oder Überwachungen herangezogen werden.

Die Initiative argumentierte, dass Hunderte von Polizeikontrollen in Städten angesichts der geringen Zahl tatsächlich gefundener Waffen völlig unverhältnismäßig seien und einen übermäßigen Eingriff in die Grundrechte darstellten. Stattdessen forderte die Initiative andere Konzepte für eine lebenswerte und sichere Stadt, die die Bedürfnisse aller Menschen in den Vordergrund stellen. Das sei besser, als die Interessen einzelner Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen und Konflikte zu schüren.

Hauptbahnhof Halle Saale von oben bei Dämmerung und Sonnenuntergang. Zentrales historisches Gebäude mit zwei Plattformen links und drei rechts.
Rund um den Hauptbahnhof in Halle gibt es seit 2020 eine Waffenverbotszone. Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Linke begrüßt Urteil

Die oppositionelle Linke nannte das Urteil des Oberverwaltungsgerichts nicht überraschend. In einer Pressemitteilung der Fraktion vom Donnerstagvormittag heißt es, man finde es bedenklich, dass die Landesregierung per Gerichtsurteil zur Einhaltung geltenden Rechts gezwungen werden müsse. Das Gericht habe die Revision zugelassen, sodass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, heißt es weiter.

Waffenverbotszonen würden zudem nicht zu mehr Sicherheit führen, sondern die Befugnisse der Polizei ausweiten. "In Waffenverbotszonen finden sogenannte anlasslose Kontrollen statt, die oft mit Racial Profiling und anderen diskriminierenden Praktiken verbunden sind." People of Color und Menschen, die als Migrantinnen und Migranten wahrgenommen werden, würden häufiger kontrolliert als andere.

Waffenverbotszone seit 2020

Die Waffenverbotszone rund um den Riebeckplatz und den Hauptbahnhof in Halle war im Dezember 2020 durch die Polizeiinspektion Halle eingerichtet worden. Im Juni 2021 wurde die entsprechende Verordnung geändert. Auch um den Hauptbahnhof Magdeburg gibt es seit Januar 2021 eine Waffenverbotszone. An beiden Orten wurden seitdem Verbotsschilder aufgestellt.

MDR (Christoph Dziedo, Kevin Poweska, Moritz Arand, Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. September 2023 | 13:00 Uhr

60 Kommentare

AlexLeipzig vor 32 Wochen

Dieja, wenn Sie nicht nur über die Statistik reden, sondern diese hier mit Fakten untermauern, wäre das hilfreich. Sonst weiß man nicht, ob Ihre Schlussfolgerung stimmt oder ob Sie da nur was suggerieren wollen.

goffman vor 32 Wochen

Es geht hier um die sogenannte Straßenkriminalität. Schauen wir doch mal in die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik. Halle, Aufklärungsquote 23,9 %.
Damit können Sie überhaupt keine Aussage über den Anteil an Ausländern unter den Tätern treffen.

Ich halte es außerdem für wahrscheinlich, dass „Ausländer“ deutlich öfter erwischt werden und „Deutsche“ öfter davon kommen.

Übrigens, bezogen auf Sachsen-Anhalt insgesamt, sind die Fallzahlen der Straßenkriminalität seit Jahren am sinken. Wir leben von Jahr zu Jahr sicherer.
2002: 58.554 Fälle
2012: 37.486 Fälle
2022: 29.802 Fälle

emlo vor 32 Wochen

Ja, eine belastbare Statistik darüber, ob und wie sich die Waffenverbotszonen auf die Kriminalitätsrate an den genannten Orten ausgewirkt haben, wäre sehr interessant.

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