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MDR SACHSEN-ANHALT Mi 13.11.2024 12:17Uhr 04:06 min

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Hunderte Laster pro Tag Wie eine Bürgerinitiative in Wansleben am See gegen die LKW-Flut kämpft

13. November 2024, 17:55 Uhr

Knapp 60 LKW Richtung Romonta-Werk sollen täglich durch Wansleben im Landkreis Mansfeld-Südharz fahren. Laut einer Verkehrszählung im Ort sind es stattdessen an manchen Tagen fast 260. Das sorgt für Wut im Ort. Eine Bürgerinitiative hat dem Durchgangsverkehr den Kampf angesagt. Doch das Unternehmen Romonta als vermeintlicher Hauptschuldiger weist die Verantwortung von sich und bekommt sogar Rückendeckung vom Bürgermeister der Gemeinde.

In Wansleben am See im Landkreis Mansfeld-Südharz ist am Dienstagabend zum zweiten Mal eine Bürgerinitiative zusammengekommen. Sie kämpft gegen den stark gestiegenen LKW-Verkehr im Ort. Wut und Sorgenfalten in den Gesichtern der Anwohner der besonders stark betroffenen Seestraße, aus denen sich die etwa dreißigköpfige Bürgerinitiative hauptsächlich zusammensetzt, sind zweifellos berechtigt.

Wansleben: Unzählige Laster fahren durch schmale Straße

Durch die schmale Straße im kleinen Ort fahren unzählige Laster. "Bei mir klappert das Geschirr in den Regalen", sagt eine ältere Frau am Mikrofon von MDR SACHSEN-ANHALT. Andere sorgen sich um Kinder und Tiere oder auch ums eigene Haus: "Ich habe Angst, dass ein Laster uns ins Haus kracht, dann geht’s abwärts mit uns", erklärt ein Anwohner und deutet Richtung Erde.

Ich habe Angst, dass ein Laster uns ins Haus kracht, dann geht’s abwärts mit uns.

Anwohner aus Wansleben am See

Entsprechend erregt läuft die Diskussion in der Grundschule in Wansleben am Dienstagabend. Rund zwanzig der dreißig Mitglieder der Bürgerinitiative sitzen auf schwarzen Stühlen an kleinen Tischen und betreiben eine Bestandsaufnahme der bisherigen Aktivitäten seit Gründung. Ihr Wunsch: Die LKW aus dem Dorf verbannen, möglichst mit Verbotsschildern – und das lieber gestern als heute.

LKW fährt Straße entlang
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Bürgerinitiative sieht Hauptverantwortung bei Romonta und dem Landkreis

Am Zuge zu handeln, sieht die "Bürgerinitiative Verkehr" im Kern zwei Akteure: einerseits die Firma Romonta im benachbarten Amsdorf, die als Haupt-Verursacher des Schwerlastverkehrs ausgemacht wird, – spätestens seit dort auch zusätzlich zu den bisherigen Tätigkeitsfeldern auch noch eine Müllverbrennungsanlage betrieben wird – andererseits den Landkreis Mansfeld-Südharz.

Von dort erreicht ein Brief die Bürgerinitiative, der die Gemüter erregt. Neben einem Gesprächs-Angebot legt die Sachbearbeiterin in bestem Amtsdeutsch und unter Zitat zahlreicher Paragrafen die Gesetzes-Lage dar. Kurz zusammengefasst steht drin: So einfach geht das alles nicht.

Harald Walluszik von der Initiative empfindet das Schreiben als Unding. "Ich werfe der Dame vor, dass sie den Brief geschrieben hat, bevor die Verkehrszählung beendet war". Diese Verkehrszählung, vom Landkreis auf Impuls der Bürgerinitiative auf den Weg gebracht, wurde nach eigenen Angaben am Freitag beendet – fast zeitgleich erreichte der Brief etwa auch Sven Schmidt von der Bürgerinitiative: "Für mich steht da drin, dass wir eine Verbesserung der Situation gar nicht erst versuchen müssen, die nehmen uns beim Landkreis nicht ernst".

Landkreis: "Wir arbeiten an einer Lösung"

Der Landkreis weist diese Anschuldigungen weit von sich: "Wir haben das Problem erkannt und arbeiten an einer Lösung", sagt die Sprecherin des Landkreises Mansfeld-Südharz, Michaela Heilek. "Wir sind auch in einem guten und regelmäßigen Austausch mit der Bürgerinitiative und müssen die Verkehrszählung auswerten, dann sehen wir weiter". Mit Augenzwinkern verweist sie auf die deutsche Bürokratie: "Hier ist alles reguliert, wir können hier nicht einfach Schilder aufstellen oder überkleben".

Ginge es nach der Bürgerinitiative, würde genau dies stattfinden: "Ich hoffe, dass der Landkreis Schilder zur Beschränkung der Achslasten aufstellt, dann müssten schlicht alle größeren LKW um Wansleben drum rumfahren", konstatiert Harald Walluszik.

LKW und PKW überqueren Bahnübergang
Gerade am Bahnübergang in Wansleben kommt es immer wieder zu Staus. Bildrechte: MDR/ Alisa Sonntag

Romonta widerspricht Vermutungen

Romonta seinerseits ist bei dem Treffen der Bürgerinitiative nicht mit am Tisch, ein weiterer Stein des Anstoßes. "Bei unserem Auftakt-Treffen war einer da, allerdings nur für zwei Minuten – das war kein Gespräch, wie man das Problem lösen könnte", so Sven Schmidt.

Dabei scheint Romonta durchaus an einer Problemlösung interessiert. Olaf Böhmer ist bei Romonta für die Logistik zuständig. Er widerspricht den Vermutungen der Bürgerinitiative. Es seien täglich nur etwa 50 bis 70 LKW zu Romonta unterwegs. Es gebe auch die Verabredung mit den Fuhrunternehmen, Wansleben zu umfahren. Offenbar halten sich aber nicht alle dran, mutmaßlich aus ökonomischen Zeitgründen.

Das Romonta-Werk in Amsdorf und ein Feuerwehrgebäude
Bei Romonta in Amsdorf sieht man sich zu unrecht für den vielen Verkehr in Wansleben verantwortlich gemacht. Bildrechte: MDR/ Alisa Sonntag

Viele Unternehmen und eine Baustelle in der Nähe

Böhmer verweist aber noch auf ein anderes Problem: In der Nähe seien nicht nur andere Unternehmen beheimatet, die auch mit LKW unterwegs sind, es gebe etwa auch eine Großbaustelle am Bahnhof in Röblingen, die für viel Verkehr verantwortlich ist.

Die Sichtweise teilt auch der Bürgermeister der Gemeinde Seegebiet Mansfelder Land, Martin Blümel (parteilos), der sich wegen einer Haushalts-Sitzung vom Treffen der Bürgerinitiative entschuldigen ließ. "Aus meiner Sicht sind diese Aussagen von Romonta ernst zu nehmen, da kommt einfach gerade viel zusammen".

Reinhardt Seidel zählt für die Bürgerinitiative die Laster im Ort. Am Rande der Versammlung fragt ihn der MDR, ob er denn schon vor dem Romonta-Werkstor die Laster gezählt habe, die tatsächlich ins Werk fahren. "Nein", sagt Seidel, aber das sei eine gute Idee.

Und so will die Bürgerinitiative weiter Fakten beschaffen, die Auswertung der Verkehrszählung abwarten und unbequem bleiben. Hoffnung schöpft Sven Schmidt auch aus dem versprochenen Termin mit dem Landkreis: "Vielleicht irre ich mich auch und daraus kann tatsächlich eine Lösung erwachsen".

MDR (Marc Weyrich, Alisa Sonntag, Oliver Leiste)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. November 2024 | 06:10 Uhr

4 Kommentare

Steffen 1978 vor 3 Wochen

Wenn man sich auf den Landkreis MSH oder Verwaltungsämter verlässt vergeudet man wertvolle Lebenszeit, den Menschen im Landkreis die unter einer verfehlten oder verschlafenen Verkehrswegeplanung leiden wird in keinster Weise eine schnelle Lösung angeboten nein man lässt sie noch selbst zählen absolut lächerlich

geradeaus vor 3 Wochen

Ist interessant wie viele von d3n ~260 Lkw zu Romonta fahren. Das sind wahrscheinlich wirklich nicht alle. Dennoch, jeder Lkw durch dieses Dorf ist einer zuviel. Da wackeln die Wände und nur wenn man dort wohnt ist es möglich das auch nachzuempfinden.

Maria A. vor 3 Wochen

Ja, das ist für alle Anwohner sehr unangenehm. Das Schicksal kann ungerecht sein.

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