Ulrich Siegmund
Ulrich Siegmund soll als Vorsitzender des Sozialausschusses abgelöst werden. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Ronny Hartmann

Nach Treffen von Rechtsextremen 39 von 49 Unterschriften für Abberufung von AfD-Politiker Siegmund gesammelt

24. Januar 2024, 15:39 Uhr

Ulrich Siegmund (AfD) nahm an einem Treffen von Rechtsextremen in Potsdam teil, auf dem die millionenfache Vertreibung von Menschen aus Deutschland besprochen worden sein soll. Als Reaktion darauf will ihn die Regierungskoalition in Sachsen-Anhalt als Vorsitzenden des Sozialausschusses abberufen. 39 von 49 Unterschriften wurden bereits eingesammelt. Der Antrag soll Ende dieser Woche eingereicht werden.

Für die geplante Abberufung des AfD-Politikers Ulrich Siegmund an der Spitze des Landtags-Sozialausschusses kann die Koalition in Sachsen-Anhalt auf die Zustimmung ihrer Abgeordneten bauen. Bisher kamen mindestens 39 Unterschriften für den Abberufungsantrag zusammen. Das teilten am Mittwoch Vertreter des schwarz-rot-gelben Regierungsbündnisses mit.

Die Regierungskoalition aus CDU, SPD und FDP hatte am Dienstag begonnen, die Abberufung von Ulrich Siegmund als Vorsitzenden des Sozialausschusses einzuleiten. Um den Antrag einreichen zu können, braucht es 49 Unterschriften.

Den entsprechenden Abberufungsantrag hatte die Koalition gemeinsam initiiert. CDU-Fraktionschef Guido Heuer erklärte, der Antrag solle Ende dieser Woche eingereicht werden. Aus der CDU-Fraktion hätten bereits 30 von insgesamt 40 Abgeordneten unterschrieben, so Heuer. Als erster habe Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) seine Unterschrift unter das Papier gesetzt.

Die neun Abgeordneten der SPD hätten bereits vollständig unterschrieben, teilte Fraktionschefin Katja Pähle mit. Andreas Silbersack kündigte an, seine FDP-Fraktion mit sieben Mitgliedern werde in den kommenden Tagen ebenfalls vollständig unterschreiben. Er bezeichnete zudem die AfD als "größtes Zukunftsrisiko für Sachsen-Anhalt".

Enttäuscht zeigten sich die Vertreter der Linken und Grünen, die sich am Antrag nach eigenem Bekunden gern beteiligt und ihn mitunterschrieben hätten. Eva von Angern (Linke) und Olaf Meister (Grüne) betonten jedoch beide, dass dies am Abstimmungsverhalten im Landtag bei der Sitzung im Februar nichts ändern werde. Beide Parteien werden demnach für die Abberufung Siegmunds stimmen.

CDU, SPD und FDP: Anhörung von Siegmund im Landtag ändert nichts

Auch die Anhörung im Ältestenrat des Landtags am Donnerstag vergangener Woche ändere nichts am Vorhaben der Regierungsparteien, den AfD-Politiker Ulrich Siegmund als Vorsitzenden des Sozialausschusses abberufen zu wollen.

Wie in der Woche zuvor bekannt geworden war, hatte Siegmund im November an einem Treffen mit Rechtsextremen in Potsdam teilgenommen, bei dem nach Recherchen von Correctiv über einen "Masterplan" zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland gesprochen worden sein soll.

"Nur Ausreden und Ausflüchte"

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben, sagte, er habe von Siegmund in der Anhörung nur Ausreden und Ausflüchte gehört.

Siegmund hatte während der Anhörung betont, nur weil er in einem Raum sitze und einen Vortrag anhöre, heiße das nicht, dass er dem Gesagten zustimme. Bereits zuvor hatte er betont, er wolle weder deutsche Staatsbürger noch Menschen mit gültigem Aufenthaltsstatus ausweisen. Solche Forderungen habe er bei dem Treffen nicht vernommen oder unterstützt. Das Treffen in Potsdam habe er zudem als Privatperson besucht.

Siegmund kritisiert Antrag auf Abberufung

Siegmund kritisierte die Bestrebungen, ihn als Ausschussvorsitzenden abberufen zu lassen. In einer Pressemitteilung von vergangener Woche Dienstag sprach Sigmund von einer medial orchestrierten Kampagne. Die Begründung entbehre jeglicher Grundlage, der Skandal werde herbeigeredet. Siegmund erklärte: "Remigration ist bereits seit 2015 das Gebot der Stunde. Die Sozialmigration nach Deutschland muss beendet und rückabgewickelt werden."

Ulrich Siegmund
Ulrich Siegmund (AfD) kritisierte das Vorgehen rund um das Geheimtreffen sowie die Abwahl-Bestrebungen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Ronny Hartmann

Seiner Anwaltskanzlei zufolge will Siegmund weder deutsche Staatsbürger noch Menschen mit gültigem Aufenthalts-Status ausweisen. Solche Forderungen habe Siegmund bei dem Treffen nicht vernommen oder unterstützt, hieß es.

Abberufung erst in einigen Wochen möglich

SPD, Linke und Grüne im Landtag hatten zuvor erklärt, dass sie Siegmund für untragbar als Vorsitzenden des Ausschusses halten. Nach der Geschäftsordnung kann ein Abberufungsantrag von der Mehrheit der Mitglieder des Landtages gestellt werden. Frühestens drei Wochen nach Eingang könnte darüber abgestimmt werden. Um den Ausschussvorsitzenden abzuberufen, bräuchte es dann eine Zweidrittelmehrheit. Die AfD selbst verfügt im Landtag über 23 von 97 Sitzen.

Bundesweit Demonstrationen gegen die AfD

Nach dem Bekanntwerden der Vertreibungspläne hatten bundesweit tausende Menschen gegen die AfD und ihre Mitstreiter demonstriert. In Halle gingen am vergangenen Sonnabend 16.000 Menschen auf die Straße, die größte Demonstration in der Stadt seit der Wiedervereinigung. In Leipzig waren es am Sonntag sogar etwa 60.000 Demonstrierende.

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dpa, MDR (Oliver Leiste, Marvin Kalies, Norma Düsekow, Christoph Dziedo, Leonard Schubert, Sabine Falk-Bartz, Lucas Riemer) | Erstmals veröffentlicht am 15. Januar 2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 24. Januar 2024 | 06:00 Uhr

280 Kommentare

Fakt vor 15 Wochen

@Goldlöckchen:

Man will Leute zwangsweise dort hin schicken.
Definition laut Duden: "De|por|ta|ti|on, die; -, -en (zwangsweise Verschickung; Verbannung)"

Sie sehen, man braucht garnichts hineininterpretieren, man muss nur wissen, wie Deportation definiert wird. Man könnte auch sagen, dass man nur die deutsche Sprache verstehen muss.

Anita L. vor 15 Wochen

"Jetzt gehen ihnen aber wirklich die Argumente aus. Die Entstehung der Erde ist sehr lange her."

Und was hat das mit der ganz neuen Strategie der besonders Klugen hier in den Foren zu tun, für die nur als "Beleg" gilt, was sie live "gesehen" haben, egal ob Chatverläufe, die Aufzeichnungen einer Veranstaltung, die Pyrotechnik bei Fußballspielen oder die Übermalung einer Regenbogentreppe mit den Reichsfarben - hat alles nur Bestand, wenn sie die Farbtöpfe in den Wohnungen samt Gespräch mit den Malern mit eigenen Augen begutachten können. Reden Sie sich ruhig weiter ein, Herr Sellners "Musterstadt" im Norden Afrikas sei die "Heimat" der hier nicht "assimilierten" Menschen und sein Ziel wäre es, diese Menschen dorthin "nach Hause" zu bringen. Man könnte das "blind" nennen. Und "blind" waren tatsächlich auch viele Menschen, die sich vor 80 Jahren einfach nicht vorstellen konnten, was die Nazis mit der "Lösung der Judenfrage" tatsächlich meinten.

Anita L. vor 15 Wochen

Sollte es freilich tatsächlich richtig sein, dass der Begriff "Remigration" zuerst verwendet wurde, als über einen jüdischen Heimkehrer nach Deutschland aus dem Exil nach seiner Flucht vor den Nationalsozialisten geschrieben wurde (noch einmal danke @Horus für den Hinweis) - und die Tatsache, dass der Begriff auch im Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa der Uni Oldenburg definiert wird, wäre die absichtsvolle Umdeutung des Begriffs durch Herrn Sellner bzw. nationalistische Kräfte in ihrem Sinne doppelt perfide. Fast bin ich gewillt anzunehmen, dass dies sogar absichtlich und in genauem Wissen um die Herkunft des Wortes geschah. Aber das ist nur eine Vermutung.

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