Verkehrspolitik Fahrtests für ältere Autofahrer: Wieso Verkehrsministerin Hüskens dies ablehnt

23. Januar 2024, 09:17 Uhr

In der Europäischen Union gibt es Pläne, regelmäßige Fahrtauglichkeitstests einzuführen. Mit Blick auf Senioren am Steuer hält Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Lydia Hüskens (FDP) dies für nicht zielführend. Im MDR-Talk "Fakt ist..!" hat sie ihre Haltung ausführlich begründet.

Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) lehnt verpflichtende medizinische Fahrtauglichkeitstests für ältere Autofahrer ab. Diese Haltung bekräftigte die 59-Jährige am Montagabend in der MDR-Sendung "FAKT IST!" aus Magdeburg.

Solche Tests stellen aus ihrer Sicht einen Eingriff in die individuelle Freiheit dar. Darüber hinaus zeige der internationale Vergleich, dass es keine Auswirkungen auf das Unfallgeschehen habe, wenn solche Checks verpflichtend durchgeführt würden. Hüskens sagte aber auch, sie sei dafür, Seniorinnen und Senioren Angebote zu unterbreiten, die eigenen Fahrleistungen freiwillig überprüfen zu lassen.

Solange ein Mensch individuell einen Pkw führen kann, sollte er oder sie das auch dürfen.

Lydia Hüskens (FDP), Verkehrsministerin Sachsen-Anhalts

MDR-Community für verpflichtende Checks

Eine nicht repräsentative Befragung des Meinungsbarometers MDRfragt hatte dagegen ergeben, dass die Mehrheit der Befragten (57 Prozent) für verpflichtende Checks ist. An der Umfrage hatten sich mehr als 28.000 Menschen aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen beteiligt.

Versicherer: Fahrtests sind keine Diskriminierung

Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV) wies darauf hin, dass es für die andere Hochrisikogruppe, die der 18- bis 21-Jährigen, viele Maßnahmen gebe, um Unfälle zu verhindern, zum Beispiel den Führerschein auf Probe. Brockmann wies das oftmals vorgebrachte Argument zurück, dass Fahrtauglichkeitstests für Seniorinnen und Senioren Altersdiskriminierung seien. Die Älteren seien bisher die einzige Gruppe, bei denen nichts getan werde. Aus Sicht der UDV ist eine verpflichtende sogenannte Rückmeldefahrt sinnvoll, um die Fahrtauglichkeit von Älteren zu überprüfen. Es sei zu beobachten, dass mit steigendem Alter insbesondere Männer immer schwerer akzeptierten, dass ihre Fahrleistungen nachließen.

Hintergrund der Diskussion sind Bestrebungen der Europäischen Union (EU), regelmäßige, verpflichtende, medizinische Fahrtauglichkeitschecks für Autofahrerinnen und -fahrer einzuführen. Im Dezember vergangenen Jahres hatte der Verkehrsausschuss im EU-Parlament mit knapper Mehrheit dafür gestimmt. Die Abstimmung im EU-Parlament steht noch aus.

Hüskens: ÖPNV muss weiter ausgebaut werden

Infrastrukturministerin Hüskens sagte MDR SACHSEN-ANHALT nach der Sendung, dass es für die Mobilität älterer Menschen wichtig sei, sie nicht in ihrer Freiheit zu beschneiden. Sie sollten so lange fahren dürfen, wie sie dazu in der Lage seien. Parallel dazu werde der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) schrittweise ausgebaut. Jedoch sei Sachsen-Anhalt ländlich geprägt. Es gebe beispielsweise in der Altmark Ecken, in denen nur 29 Menschen pro Quadratkilometer wohnten. Man könne den ÖPNV nicht so ausbauen, dass die Menschen genauso am Leben teilhaben können wie mit einem eigenen Auto.

Modellprojekten, bei denen Führerscheine gegen Fahrscheine eingetauscht werden können, erteilte Hüskens mit Blick auf Sachsen-Anhalt eine Absage. Keine Stadt sei hier so groß und mit so einem hervorragenden ÖPNV ausgestattet, dass dies eine echte Alternative sei. "Deshalb müssen wir auf der einen Seite auf den Individualverkehr noch eine längere Zeit setzen", so die Ministerin. Ausbau der ÖPNV-Angebote und der für den Radverkehr seien weitere Stufen.

In Hannover können Seniorinnen und Senioren, die dauerhaft ihren Führerschein abgeben, eine Netzkarte für Busse und Bahnen im Raum Hannover und dem Umland erhalten. Ihre Fahrerlaubnis erlischt damit und muss, sofern sie erneut hinter einem Steuer sitzen wollen, neu beantragt werden.

Mehr zum Thema: Führerschein

MDR (Anja Höhne, Johanna Daher, André Plaul)

Dieses Thema im Programm: FAKT IST...! | 22. Januar 2024 | 22:10 Uhr

115 Kommentare

Erichs Rache vor 16 Wochen

@Anita L.

Glauben Sie ernsthaft Lydia H. (EfTePe) - VM Sachsen-Anhalt - würde sich gegen den Eigenen Parteifreund Wissing (EfTePe) - VM des Bundes - stellen ???

Erichs Rache vor 16 Wochen

@AlexLeipzig

"Wieso Erich? Kinder müssen zu "U-Untersuchungen", Erwachsene nicht. Wäre ja dann auch diskriminierend."

NÖ.
Die Vorsorgeuntersuchung leitet sich aus dem Verfassungsrecht her. Der Staat" hat eine "Wächterfunktion".

Vgl. Deutscher Bundestag, "Zur Zulässigkeit, die Vorsorgeuntersuchungen U 1 bis U 9 sowie J 1 bei Kindern und Jugendlichen verpflichtend zu machen, Drucksache WF III - 355/0

Anita L. vor 16 Wochen

@DanielSBK, na, da werden wir die DEKRA hier vor Ort mal darüber informieren, nicht wahr, dass sie die Untersuchungen nicht durchführen dürfen. Immerhin hats DanielSBK ja so gesagt...
Noch einmal zum Mitschreiben: Alle Untersuchungen wurden durch die DEKRA durchgeführt. Als sich herausstellte, dass mein Mann den Sehtest nicht besteht, bekam er den Auftrag, sich zu einem Augenarzt oder Optiker zu begeben und sich die Brille anpassen zu lassen. Vielleicht hat die DEKRA bei Ihnen die Kapazitäten nicht und lagert die entsprechenden Untersuchungen aus.
Und nein, nicht ich habe die Fahrerlaubnis für LKW, sondern mein Mann. In diesem Sinne.

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