Abgestorbene Fichten auf einer Forstfläche
Der Wald in Sachsen-Anhalt ist weiter in schlechtem Zustand. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Matthias Bein

Zustandsbericht vorgestellt Wälder weiter stark beschädigt – Expertin mahnt zu rascher Aufforstung

von Felix Fahnert, MDR SACHSEN-ANHALT

05. Dezember 2023, 18:21 Uhr

In Sachsen-Anhalt gilt mehr als jeder zehnte Waldbaum als stark beschädigt. Nach dem aktuellen Zustandsbericht brachte auch etwas mehr Niederschlag in diesem Jahr keine Verbesserung der Lage. Expertin Ulrike Talkner mahnt zur raschen Aufforstung kahler Flächen und zum Kampf gegen den Klimawandel. Forstminister Sven Schulze sieht im Aufbau eines klimaresilienten Mischwalds eine "Aufgabe von Jahrzehnten".

Der Zustand der Wälder in Sachsen-Anhalt ist weiter dramatisch. Nach dem Waldzustandsbericht für das laufende Jahr gelten 11 Prozent aller Bäume als stark geschädigt. Das ist fast dreimal so viel wie der Mittelwert der vergangenen Jahrzehnte – der Schnitt seit 1991 liegt bei 3,9 Prozent.

Expertin Talkner: Witterung hat keine nachhaltige Verbesserung gebracht

Angesichts der Trockenheit der vergangenen Jahre hätten die starken Schäden an Bäumen deutlich zugenommen, sagte Ulrike Talkner von der zuständigen Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt am Dienstag in Magdeburg. Auch wenn es 2023 hierzulande etwas mehr Niederschlag gegeben habe, sei es eines der trockensten Jahre seit 1881 gewesen. Die Witterung hat demnach keine nachhaltige Verbesserung gebracht. Insgesamt sehe man einen "deutlichen Einfluss des Klimawandels auf den Waldzustand", erklärte Talkner.

Abgeholzte Bäume und Stümpfe 7 min
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Von starken Schäden sprechen Fachleute, wenn die sogenannte Kronenverlichtung als Maßstab für Nadel- und Blattverlust bei über 60 Prozent liegt. Talkner zufolge ist ab diesem Punkt auch die Wasserenergieversorgung der Bäume beeinträchtigt.

Fichten in besonders dramatischem Zustand

Besonders dramatisch sind die Folgen von Trockenheit und Schädlingsbefall für die Fichte. Hier liegt die Kronenverlichtung der über 60 Jahre alten Bäumen bei 98 Prozent. Heißt: Im Schnitt haben nur noch zwei Prozent der Fichten dieser Altersgruppe Nadeln. Bei der Eiche liegt der Wert für die über 60 Jahre alten Bäume bei 44 Prozent, bei der Kiefer – der häufigsten Baumart in Sachsen-Anhalt – bei 21 Prozent.

Bei den Laubbäumen, die 25 Prozent der Arten im Land ausmachen, sei das Niveau seit 2019 hingegen recht konstant. Insgesamt liegt die mittlere Kronenverlichtung für den Wald in Sachsen-Anhalt dem Bericht zufolge bei 26 Prozent.

Expertin Ulrike Talkner rief zur raschen Wiederbewaldung von mittlerweile kahlen Flächen auf. Wenn das nicht rechtzeitig geschehe, könnten Kohlen- und Nährstoffe verloren gehen, die Filterfunktion des Bodens werde eingeschränkt, sagte Talkner. Sie betonte, der Wald gleiche in Deutschland 11 bis 14 Prozent der Treibhausemissionen aus. Weil der Wald leide, könne dieser Wert allerdings nicht ohne Weiteres erhöht werden. Vielmehr gelte es, den Klimawandel einzudämmen.

Forstminister Schulze: Rund 1.500 Hektor Aufforstung pro Jahr

Sachsen-Anhalts Forstminister Sven Schulze sagte, dem Wald gehe es weiter nicht gut, man sei immer noch auf einem "extrem schlechten, hohen Niveau". Jährlich forste man rund 1.500 Hektar neu auf, erklärte der CDU-Politiker. Wie viele der gepflanzten Bäume tatsächlich anwachsen würden, lasse sich nicht genau sagen. Den geplanten Aufbau eines klimaresilienten Mischwaldes nannte Schulze derweil eine "Aufgabe von Jahrzehnten".

Insgesamt gibt es in Sachsen-Anhalt rund 462.000 Hektar Wald. Das entspricht nur 26 Prozent der Landesfläche. Nach Angaben der Staatskanzlei gibt es rund 50.000 private Waldbesitzer, die meist kleine Flächen von etwa fünf Hektar besäßen.

MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. Dezember 2023 | 16:00 Uhr

3 Kommentare

pwsksk vor 22 Wochen

Das solch enorme Wiederaufforstungen nicht in einem Jahr möglich sind, braucht m. M. nach nicht extra beschrieben werden und sollte selbst Unwissenden klar sein. Und das eine bekannte Schädigung des vor allem Nadelwaldes, über Jahrzehnte, nicht in einem Jahr ausgeglichen werden kann auch.
Aber das 2023 eins der trockensten Jahre der Vergangenheit war, wie Expertin Talkner sagte, darauf wäre ich nicht gekommen. Da sind mir 2018 und 2019 ganz anders in Erinnerung.
Wir hatten in diesem Jahr zumindest immer genügend Wasser in den Regentonnen für unseren kleinen Garten.

der Harzgeist vor 22 Wochen

Zum Thema empfehle ich das Buch „Harzinfarkt-Eine Streitschrift“. Mehrere Fachleute beschreiben Ursachen, Wirkungen und mögliche Lösungsansätze. ISBN: 978-3-86948-942-1. Ist auch durchaus auch verständlich für Nicht-Fachleute geschrieben.

hilflos vor 22 Wochen

Es gibt immer Eigentümer des Waldes. Hier soll dem Bürger der westdeutsche Grundsatz nahegebracht werden : "Gewinne privatisieren; Verluste kollektivieren"

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