Vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Oliver Kirchner (AfD): "Hätte den Lockdown schon im Januar beendet"

20. Mai 2021, 20:09 Uhr

Sachsen-Anhalt wählt in knapp drei Wochen einen neuen Landtag. Vorher hat MDR SACHSEN-ANHALT die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten aller derzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeladen, um über politische Ziele und persönliche Ambitionen zu sprechen. Hier erklärt AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner, wie seine Corona-Politik aussehen würde – und was er in der Bildungspolitik ändern will.

Der Gast: Oliver Kirchner (AfD)

Geboren 1966 in Magdeburg, Automobilkaufmann, ist seit 2018 Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag. Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl. Ziel am 6. Juni: stärkste Kraft werden.

AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner sitzt in einem Radiostudio und lächelt in die Kamera.
Tritt am 6. Juni für die AfD als Spitzenkandidat an: Oliver Kirchner Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Die wichtigsten politischen Ziele für die nächsten Jahre

Die Corona-Maßnahmen nennt die AfD auf ihren Wahlplakaten einen "Irrsinn", der gestoppt werden müsse. Kirchner untermauerte das am Donnerstag. Er sagte, die Zahlen der intensivmedizinisch behandelten Menschen hätten ein komplettes Herunterfahren der Wirtschaft nie gerechtfertigt. "Wichtig ist, die Risikogruppen zu schützen und alle anderen Menschen unter bestimmten Abstands- und Hygieneregeln frei leben zu lassen", sagte Kirchner. Das Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass in Deutschland 36 Millionen Menschen ein Risiko auf einen schweren Covid-19-Verlauf haben und somit zur Risikogruppe zählen. Kirchner zog diese Zahl in Zweifel.

Der Spitzenkandidat will zudem die Landarztquote verdoppeln. Das habe seine Fraktion schon vor der Einführung der Quote durch die Landesregierung gefordert. Auf die Frage eines MDR-Hörers, wie seine Partei zu einem gesetzlichen Mindestlohn von 13 Euro in der Stunde steht, reagierte der 55-Jährige ausweichend. Ein Mindestlohn könne nur eine "Übergangslösung" sein. Im Wahlprogramm seiner Partei gibt es dazu keine Position dazu. Generell brauche es aber mehr "besser bezahlte Jobs" in Sachsen-Anhalt.

Kirchner forderte auch eine Rückkehr zur Kernenergie. Wind- und Solarenergie könnten nicht langfristig den Strombedarf sichern, sagte er. Um die Bekämpfung der Klimakrise müssten sich zunächst wachsende Länder wie China und Indien kümmern. Deutschland hätte daran einen zu kleinen Anteil.

In der Bildungspolitik will die AfD langfristig den Anteil von Schülerinnen und Schülern am Gymnasium auf 25 Prozent pro Jahrgang senken. Laut Kirchner sollen Lehrkräfte dafür wieder eine Mitsprache beim Bildungsweg eines Kindes bekommen. Zu viele Menschen, "die nicht das Niveau haben", würden studieren wollen und so dem Handwerk fehlen. Lehrer und Lehrerinnen sollten sich weniger mit Bürokratie auseinandersetzen müssen. Das würde den Beruf aufwerten und den Lehrermangel abmildern, so Kirchner.

Geld will Kirchner in ein Baby-"Willkommensgeld", Beitragsfreiheit in Kitas und Steuererleichterungen für Unternehmen investieren. Im Gegenzug soll vor allem bei "ideologischen" Projekten gespart werden. Kirchner nannte als Beispiele dafür etwa die Kosten für Sprachkurse oder Integration für Geflüchtete. Gleichzeitig beklagte er die aus seiner Sicht zu geringe Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt. Er hingegen wolle den "Bestand unseres Volkes sichern".

Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zu Gast bei MDR SACHSEN-ANHALT

MDR SACHSEN-ANHALT hat seit Montag täglich die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten aller aktuell im Landtag vertretenen Parteien zu Gast. Am Freitag folgt Ministerpräsident Reiner Haseloff, Spitzenkandidat der CDU.

Auch er wird zwischen 16 Uhr und 17 Uhr bei MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir und um 19 Uhr bei SACHSEN-ANHALT HEUTE im MDR-Fernsehen unter anderem Fragen von Hörerinnen und Hörern und Zuschauerinnen und Zuschauern beantworten.

Die möglichen Koalitionspartner

Mögliche Koalitionspartner gibt es laut Kirchner aktuell nicht. Wenn, dann käme die CDU in Frage – "aber nicht mit den aktuellen Protagonisten", wie Kirchner sagte. Aktuell schließen auch alle anderen Parteien eine Koalition mit der AfD aus. Also weitere fünf Jahre Opposition? "Das steht uns gut", so Kirchner.

Das Zitat des Abends

Die gefühlte Sicherheit muss mehr Zuspruch erlangen.

Oliver Kirchner, AfD Spitzenkandidat für die Landtagswahl

In ihrem Programm schlägt die AfD vor, die Landespolizei mittelfristig auf 7.500 Vollzugsbeamte aufzustocken. Spitzenkandidat Kirchner nahm diese Zahl am Donnerstag nicht in den Mund. Er sagte, eine Aufstockung könne aber sinnvoll sein. Kirchner brachte außerdem eine bessere Ausstattung der Polizei ins Gespräch. 

Das blieb offen

Was genau auf die von Kirchner vorgeschlagene Abschaffung der Schulpflicht folgen soll. Der AfD-Politiker brachte zwar "Hauslehrer" ins Gespräch. Woher die kommen sollen, sagte er nicht. Auf Lehramt studiert haben müssten sie aber schon. Gleichzeitig betonte Kirchner, dass die Corona-Krise gezeigt hätte, dass Eltern mit dem Homeschooling überfordert gewesen seien.

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Das hat überrascht

Dass Kirchner einräumte, "vielleicht nicht alle" seiner Forderungen finanzieren zu können. Allerdings sei das bei anderen Parteien auch so.

Thomas Vorreyer
Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Über Thomas Vorreyer Thomas Vorreyer arbeitet seit Herbst 2020 für MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Politik, Gesellschaft und investigative Recherchen. Er ist in der Börde und in Magdeburg aufgewachsen, begann anschließend ein Politikstudium in Berlin. Zuletzt hat er als Redakteur und Reporter beim Online-Magazin VICE.com gearbeitet. In Sachsen-Anhalt ist er am liebsten an Elbe, Havel oder Bode unterwegs.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über Luca Deutschländer Luca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.

Mehr zum Thema

Die Spitzenkandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl, von links nach rechts: Eva von Angern (Die Linke), Cornelia Lüddemann (Grüne), Katja Pähle (SPD), Reiner Haseloff (CDU), Lydia Hüskens (FDP), Oliver Kirchner (AfD)
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs großen Parteien zur Landtagswahl Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR/Roland Jäger, Janett Eger, Isabell Hartung, Thomas Vorreyer, Luca Deutschländer

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 20. Mai 2021 | 19:00 Uhr

63 Kommentare

Britta.Weber am 22.05.2021

Der ehemalige Kulturstaatsminister und Philosophieprofessor Nida-Rümelin hatte in einem Buch vor Jahren die zu große Orentierung auf das Gymansium und das Studium bei Vernachlässigung normaler Berufe kritisiert und ein Umdenken angemahnt. Ich finde auch, das die Zahl an Schülern im Gymnasium und Studenten in den Uni zu hoch und eine Ursache für den Niveauabfall ist. Vor allem für die vielen Absolventen in allen möglichen Richtungen der Gesellschaftswissenschaften ist kein echter Bedarf vorhanden- die meisten sind schlicht und einfach ohne Nutzen für unsere Gesellschaft. Zugleich gibt es Bedarf bei Facharbeitern udn Handwerkern. Ein "Rückbau" bei Gymnasium und Uni wäre gut, er würde auch den ständig fortschreitenden Niveauabfall stoppen.

Altmagdeburger am 21.05.2021

Und wie hätten sie das in Januar hinbekommen das Corona 19 auf null runtergefahren wäre? Wie immer bei der AfD kritisieren können sie ganz gut, nur keine Handfeste und Umsetzbare Lösungen haben sie nicht. Genau mit den Spruch, die Deutschen brauchen mehr Kinder, wohl gemerkt Deutsche. Dann fangt doch mal an in eueren Reihen, das Frauen 2 und mehr Kinder bekommen, vielleicht machen die Frauen das mit. Diesen Spruch kenne ich aus einer anderen Zeit von meine Großeltern und anschließend haben sie in den Krieg geschickt und die Frauen haben das Eiserne Kreuz bekommen.

goffman am 21.05.2021

Die Partei der Widersprüche.
Die Landarztquote verdoppeln, Lehrermangel abmildern - das geht, wenn mehr Menschen Medizin oder Lehramt studieren. Gleichzeitig soll der Anteil an Gymnasiasten auf 25 % pro Jahrgang gesenkt werden und die Schulpflicht abgeschafft werden.
Die Menschen in unserem Land sollen also weniger gebildet sein. Gleichzeitig aber "besser bezahlte Jobs" haben.
Bessere Bezahlung - aber Mindestlohn ist nur eine "Übergangslösung", soll also langfristig abgeschafft werden, viele Menschen schlechter bezahlt werden.
Dem Handwerk fehlen Menschen nicht, weil diese zu gut ausgebildet sind, sondern weil sie sich nicht für einen handwerklichen Beruf entscheiden! Ist es schlimm, wenn mein Tischler Abi hat? Das Handwerk fördert man, indem man das Handwerk attraktiver macht.
Kernenergie beendet den Klimawandel nicht und ist die teuerste! Energieform.
Und den Fortschritt zunächst wachsenden Ländern wie China und Indien zu überlassen halte ich auch für dämlich.

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