Auf einem Computerbildschirm ist ein CDU-Plakat abgebildet, auf dem der Satz "Magdeburg zuerst. CDU" steht. 1 min
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Anlehnung an Trump "Magdeburg zuerst": CDU macht mit umstrittenem Slogan Wahlkampf

von Engin Haupt, MDR SACHSEN-ANHALT

24. Januar 2024, 08:43 Uhr

Donald Trump machte unter dem Slogan "America first" einst erfolgreich Wahlkampf. Die CDU Magdeburg nimmt sich den ehemaligen US-Präsidenten nun zum Vorbild und wird unter dem Motto "Magdeburg zuerst. CDU" um Stimmen für die Kommunalwahl am 9. Juni werben. Das kommt nicht bei allen gut an. Der Politikwissenschaftler Danny Schindler warnt davor, mit solchen Slogans populistische Parteien wie die AfD zu stärken.

Am Wochenende haben die Christdemokraten entschieden, dass sie unter dem Motto "Magdeburg zuerst. CDU" Kommunalwahlkampf machen werden. Der Kreisverband unter dem Vorsitz des Landtagsabgeordneten Tobias Krull will Aufmerksamkeit bei den Wählerinnen und Wählern erzeugen. Erst dann könne man auch inhaltlich überzeugen, meint die CDU-Stadträtin Stefanie Middendorf. Sie wird demnächst unter dem abgewandelten Trump-Motto Wahlkampf machen.

Der Politikwissenschaftler Danny Schindler ist skeptisch, dass das erfolgreich sein wird. Der Direktor des Instituts für Parlamentarismusforschung sieht eine Verwechslungsgefahr zur AfD. Ähnlich bewertet es auch die Stadträtin Julia Mayer-Buch von den Grünen. Der Spruch "Magdeburg zuerst" sei ein plumper Versuch, Wählerstimmen am rechten Rand zu fischen.

Aufmerksamkeit erregen

"Uns war wichtig, Resonanz zu erzeugen", begründet Tobias Krull den Slogan "Magdeburg zuerst", mit dem die CDU in Mageburg demnächst in den Kommunalwahlkampf starten möchte. Das dürfte gelungen sein, auch wenn nicht alle davon begeistert sind. "Es gibt Stimmen, die sagen, das ist absolut richtig, das provoziert ein Stück weit, das sorgt für Aufmerksamkeit. Andere Stimmen sagen, das ist zu populistisch", fasst der Kreisvorsitzende Krull im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT die Stimmung innerhalb seines CDU-Kreisverbandes zusammen.

Porträt Tobias Krull
Tobias Krull ist Vorsitzender der CDU Magdeburg. Zudem sitzt er für die Christdemokraten im Landtag von Sachsen-Anhalt. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Ähnlichkeiten zu der damaligen Wahlkampagne von Donald Trump, der später auch US-Präsident wurde, sind nicht zu übersehen. Einige CDU-Mitglieder sähen das kritisch, so Krull. Er ergänzt: "Die Debatte werden wir führen." Zeit dazu hatte die CDU Magdeburg am Samstag. Auf ihrer Mitgliedervollversammlung stimmten die Christdemokraten über ihre Kandidatinnen und Kandidaten, das Programm und eben den Slogan zur anstehenden Kommunalwahl ab. Nach intensiver Diskussion sei der Spruch "Magdeburg zuerst. CDU" beschlossen worden, teilt Krull anschließend mit.

Wähler inhaltlich überzeugen

Eine, die unter diesem Slogan dann Wahlkampf machen wird, ist Stefanie Middendorf. Sie ist bereits Stadträtin – und möchte das gerne auch bleiben. Mit "Magdeburg zuerst" hat sie kein Problem. Sie verstehe zwar, dass man mit Donald Trumps "America first" nicht in Verbindung gebracht werden möchte – und das sei prinzipiell auch richtig –, aber: "Am Ende ist es ein klarer Slogan, der dafür spricht, dass wir Magdeburg absolut im Fokus haben."

Porträt Stefanie Middendorf
Stefanie Middendorf sitzt für die CDU im Stadtrat von Magdeburg. Sie will in diesem Jahr wieder Wahlkampf machen. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Und wie schon ihr Kreisvorsitzender Krull verweist auch Middendorf im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT auf die Aufmerksamkeit, die mit dem Spruch erzeugt werde. Es gehe darum, überhaupt erst mal eine Tür aufzumachen. Erst danach könne man potenzielle Wählerinnen und Wähler auch inhaltlich überzeugen. Und wen möchten die Christdemokraten in der Landeshauptstadt damit ansprechen? "Wir wollen unsere klassischen Wählergruppen natürlich genauso erreichen wie möglicherweise auch neue Wählergruppen", erklärt Middendorf.

AfD statt CDU

Der Politikwissenschaftler Danny Schindler warnt jedoch vor einem Nebeneffekt. "Es besteht eine gewisse Verwechslungsgefahr. Wenn man eine populistische Karte spielt, kann das den unerwünschten Effekt haben, dass populistische Kräfte gestärkt werden", erklärt der Direktor des Instituts für Parlamentarismusforschung. "Die damit angesprochene Wählerschaft wählt dann doch eher das Original."

Porträt Danny Schindler
Dr. Danny Schindler hat an der Uni Halle promoviert. Heute ist er Direktor des Instituts für Parlamentarismusforschung in Berlin und berät unter anderem die Bundeszentrale für Politische Bildung. Bildrechte: Institut für Parlamentarismusforschung

Das Original, damit meint Schindler die AfD. Die wirbt unter anderem mit dem Slogan "Unser Land zuerst" für ihre Politik. Selbst wenn die CDU "Magdeburg zuerst" nur nutzen wolle, um anschließend mit ihrem Programm zu überzeugen, nehme sie mindestens billigend in Kauf, dass der Spruch eine populistische Lesart habe. "Oftmals diskutiert man mit den Wählerinnen und Wählern ja nicht argumentativ über lange Strecken, sondern es zählen kurze, knackige Botschaften." Kurzum: Was hängen bleibt, ist das, was auf dem Wahlplakat steht – und weniger das, womit die Partei in ihrem Wahlprogramm wirbt.

Sorge beim politischen Gegner

Sobald in Magdeburg der Kommunalwahlkampf startet, wird auch Julia Mayer-Buch mit "Magdeburg zuerst. CDU" konfrontiert sein. Sie ist Stadträtin für die Grünen. Dass die Christdemokraten auf eine Abwandlung des Trump-Mottos "America first" setzen, besorgt sie. In den Vereinigten Staaten habe es zur Spaltung der Gesellschaft geführt.

Porträt Julia Mayer-Buch
Stadträtin Julia Mayer-Buch wird für die Grünen wieder zur Kommunalwahl antreten und im Wahlkampf mit dem CDU-Slogan konfrontiert sein. Bildrechte: MDR/Engin Haupt

"Tatsächlich halte ich es inhaltlich für einen gefährlichen Slogan, der nicht dazu beiträgt, unsere Stadt voranzubringen", so Mayer-Buch im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT. "Es ist ein plumper Versuch, am rechten Rand zu fischen", betont die Stadträtin. Sie beobachte mit Sorge, dass diese Grenze von der CDU immer wieder überschritten werde. Sie könne nur davon abraten, in eine solche Richtung zu denken.

Mayer-Buch zweifelt zudem am Erfolg dieser Wahlkampagne: "Ich glaube, das wirkt bei den Bürgerinnen und Bürgern nicht glaubwürdig." Mit dem Spruch lasse die CDU außer Acht, dass die Stadt Magdeburg eine wichtige Bedeutung für das Umland habe und auch an europäischer Bedeutung gewinne.

MDR (Engin Haupt)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. Januar 2024 | 06:30 Uhr

132 Kommentare

Anita L. vor 14 Wochen

"Der Politikwissenschaftler ist damit beauflagt, dem Bürger das Denken abzunehmen."

Man könnte zwar mal in die Berufsbeschreibung schauen, was die Aufgabe eines Politikwissenschaftlers ist, aber so ist es natürlich viel "einfacher" und auch so hübsch "plakativ", um mal eine Analogie zum Thema zu ziehen.
Sie sollten über Ihre Politiker am besten auch mal so kritisch denken wie über den Wissenschaftler. Denn während Sie letzteren nicht wählen können, glauben ja nicht wenige, was erstere so sagen, quasi aufs Wort...

Es "versteckt" sich hinter jedem Handeln irgendein Interesse. Und sei es ein "Aber" oder in Ihrem Beitrag ein "Nur"...

Anita L. vor 14 Wochen

Wieso der MDR?
Und wenn ich mir die Sprach- und Medienkompetenz einiger Mitforisten anschaue, kann man Werbeslogans eigentlich nicht oft genug besprechen.

hinter-dem-Regenbogen vor 14 Wochen

@Pitty___"Was genau macht ein Politik"wissenschaftler" . . ."

Der Politikwissenschaftler ist damit beauflagt, dem Bürger das Denken abzunehmen.
Gäbe es diese "Wissenschaft" nicht , dann müsste der Bürger selbst über seine Geschicke nachdenken.
Man kann das auch gerne vergleichen mit einem Schäfer und seine Schafherde. Der Schäfer gibt nach "wissenschaftlichen Erkenntnissen" und Interessenlage die Richtung vor und die Herde läuft dahinter . . .

Entscheident dabei ist immer, wer diese Institution finanziert.

Ich will nicht behaupten , dass Analytik und Wissenschaft überflüssig sind - Eher will ich nur darauf hinweisen, dass damit sehr viel Schindluder getrieben wird. Denn hinter jeder Wissenschaft, verbirgt sich auch ein Interesse.

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