
Tradition Forstfest Kamenz: Beim Umzug haben die Besten die Nase vorn
Hauptinhalt
19. August 2024, 19:26 Uhr
Kamenz hat sich mit Girlanden, Blumenkränzen und Wimpeln herausgeputzt. Denn seit Freitag wird Forstfest gefeiert, bei dem die Stadt fast eine Woche lang in Feierlaune ist. Die Umzüge der weißgekleideten Schülerinnen und Schüler durch die Stadt mit dem vielen Blumenschmuck und Fahnen zählen dabei zu den Höhepunkten des Festes. Aber die Festordnung ist streng, die Reihenfolge genau festgelegt. Wer vorne mitlaufen will, muss gute Noten haben. Für manche ein Ansporn, mehr zu lernen.
Am Montag herrscht in der Kamenzer Innenstadt Ausnahmezustand. 1.700 Schülerinnen und Schüler ziehen vom Schulplatz an der Annenkirche über den Markt in den Forst. Alle ganz in Weiß gekleidet, einige tragen Blumenkränze oder anderen Blumenschmuck. Für viele ist der Umzug der Höhepunkt in Schuljahr, nicht nur, weil es dann schulfrei gibt. "Für uns Kamenzer ist es eine Besonderheit und eine Tradition, die uns am Herzen liegt. Deswegen ist es für uns jedesmal eine Freude", erzählt eine Gymnasiastin.
Spiele im Forst
Seit rund 180 Jahren gibt es die Umzüge beim Forstfest in dieser Form. Die Schülerinnen und Schüler ziehen zuerst in den Forst aus, begleitet von mehreren Spielmannszügen und Blasorchestern. Im Forst warten dann verschiedene Spiele auf die Jungen und Mädchen, erklärt der Chef des Forstfestvereins, Volker Schmidt. "Früher waren es Spiele wie Sackhüpfen oder Topfschlagen. Heute haben wir zum Beispiel die Kletterstange, an der oben ein Kranz hängt und man sich ein Präsent holen kann." Die Achtklässler würden außerdem auf den Adler schießen.
Laufen nach Leistung
Die Spiele wurden im Lauf der Zeit angepasst, eine Tradition aber ist geblieben: Die besten Schüler laufen beim Umzug ganz vorn. Volker Schmidt wundert sich ein bisschen, dass die Kamenzer diese Tradition nie abgeschafft haben. Allerdings würden nur die besten sieben vorne laufen, erklärt er. "Ganz hinten laufen ja nicht die Schlechtesten". Der oder die Klassenbeste darf also die Klassenfahne tragen. Die anderen sechs bekommen sogenannte Leistungsstäbe mit Blumenkränzen, der Rest Fahnen.
Das Merkwürdige ist, dass die Kamenzer dagegen nie aufbegehrt haben, dass die Besten hier zur Schau gestellt werden. Aber ganz hinten laufen ja nicht die Schlechtesten. Es sind nur die ersten sieben, die herausgestellt werden.
Viel Lernen für den Blumenkranz
Anja, die in diesem Jahr zum letzten Mal mitgeht, hat den Leistungsstab schon oft getragen. Da sie aber in die zehnte Klasse gekommen ist, läuft sie nicht mehr nach Noten, erzählt die 15-Jährige. Die meisten Jugendlichen störe es nicht, dass nach Leistung sortiert wird, meint sie.
Anjas jüngere Schwester Maria habe für den Leistungsstab aber manchmal schon mehr gelernt, erzählt ihre Mutter. "Sie hat dann gesagt: 'Oh Mama, wenn ich schlechte Noten schreibe, bekomme ich keinen Kranz'". In diesem Jahr hat es auf jeden Fall geklappt.
Am Donnerstag werden die Schülerinnen und Schüler übrigens noch einmal schulfrei bekommen. Dann ziehen sie wieder mit Blumenkränzen, Fahnen und Musik aus dem Forst in die festlich beleuchtete Stadt. Bis dahin erwartet Kamenz wieder zehntausende Gäste.
MDR (cz,vis)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 19. August 2024 | 16:30 Uhr