Udo Witschas
Der CDU-geführte Landkreis Bautzen will sich nicht an einer Brandmauer gegen die AfD beteiligen. Bildrechte: IMAGO / Steffen Unger

Kreistagswahl Bröckelt die Brandmauer gegen AfD? Bautzner Landrat Witschas will mit allen Parteien arbeiten

11. Juni 2024, 20:03 Uhr

Sachsens CDU hält an der Brandmauer gegen die AfD fest. Auch BSW hat sich am Montag gegen die AfD abgegrenzt. Doch auf Kreistagsebene und in den Kommunen in Sachsen hört sich das nach dem Wahlabend anders an. Der Bautzner Landrat will mit allen gewählten Kreisräten im Kreistag zusammenarbeiten. Auch aus dem Erzgebirge hört man Ähnliches.

Die sächsische CDU lehnt eine Kooperation mit der AfD nach deren klaren Wahlsieg bei der Europawahl und bei der Kreistagswahl am Sonntag weiter strikt ab. "Wir haben klare inhaltliche Gründe, warum es keine Zusammenarbeit mit dieser Partei geben kann", sagte Generalsekretär Alexander Dierks am Montag. Alle hätten beobachten können, wie sich diese Partei in den vergangenen Jahren aufgestellt habe. Sie profitiere von einer Stimmung und Ohnmachtserfahrung vieler Menschen.

Mit Blick auf die Bundespolitik sei der Eindruck entstanden, dass in zentralen Themenfeldern nicht ausreichend getan werde. Das ändere aber an der Position der CDU zur AfD nichts.

Landrat in Bautzen will sich an Landkreisordnung halten

Der Linie von CDU-Generalsekretär Dierks folgen in der sächsischen CDU offenbar nicht alle. Der CDU-Landrat Udo Witschas will mit allen Parteien zusammenarbeiten, da alle demokratisch gewählt seien, sagte der Kommunalpolitiker im Gespräch mit MDR SACHSEN. Das dürfe nach einer demokratischen Wahl nicht verboten sein. Er betonte, er sei durch die Landkreisordnung sogar gesetzlich zur Zusammenarbeit verpflichtet.

Ostdeutsche wollen sich nichts vorschreiben lassen

Witschas führt die Wahlergebnisse unter anderem darauf zurück, dass sich die Menschen im Osten nicht von oben vorschreiben lassen wollten, wer als gut und wer als böse bewertet werde. "Das ist das, was mir immer gespiegelt wird, wenn ich unterwegs bin: Es wird von oben herab der politische Mainstream vorgegeben. Die Menschen hören dann irgendwann auf und man braucht es ihnen auch nicht im Einzelnen zu erklären, wer in unser System reinpasst und wer nicht reinpasst." Die Menschen würden sich sagen: "Wer zur Wahl steht, steht zur Wahl. Und die Menschen treffen ihre Entscheidung in der Kabine und so geht das dann aus."

Witschas zufolge würden gerade im Osten die Menschen sensibler reagieren, "weil sie über Jahrzehnte durch eine Diktatur unterdrückt wurden, Meinungen ihnen nicht gestattet wurden und jetzt nach über 30 Jahren der politischen Wende nehmen die Menschen zumindest Ähnliches wahr, dass gewisse Ressentiments bestehen, dass man gewisse Meinungen wohl verbieten will, es soll nicht gesagt oder geäußert werden und das mögen die Menschen ganz einfach nicht".

Auch Annabergs OB hält nichts von Brandmauern 

Bereits am Sonntagabend hatte der Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz, Rolf Schmidt (Freie Wähler), mit Blick auf die Verhältnisse im neuen Stadtrat gesagt, "dass es auf normaler Ebene irgendwie weitergeht". Von "Brandmauern" halte er nichts. In den vergangenen fünf Jahren hätten sieben Fraktionen im Rathaus bei den entscheidenden Abstimmungen zusammengearbeitet und Einigkeit gezeigt. "Ich verbinde damit die Hoffnung, dass das auch weiterhin möglich sein wird."

Eilenburger OB zum Umgang mit AfD und Freien Sachsen

Im Stadtrat von Eilenburg hat die AfD als stärkste Kraft künftig sieben Sitze, die CDU als zweitstärkste Fraktion fünf. Ins Gremium ziehen auch die Freien Sachsen ein. Die rechtsextreme Partei stellt künftig einen Stadtrat. Oberbürgermeister Ralf Scheler (parteilos), nimmt es, wie es ist: "Der Wähler hat entschieden. Ich sehe vor allem die Person, selbst wenn da eine Partei dahinter steht, die kritisch beäugt wird. Und wenn diese Person sachlich mitarbeitet, dann ist das für mich in Ordnung, wenn nicht, dann müssen wir streiten."

AfD fordert: Blockaden aufgeben, Grüne gegen Normalisierung

Nach den Erfolgen bei der Europa- und Kommunalwahl hatte die sächsische AfD alle Parteien dazu aufgefordert, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Sachsen Grüne bestehen darauf: "Die Brandmauer zur AfD muss stehen, eine Normalisierung darf es nicht geben", sagte die Landesvorsitzende Marie Müser. Das Wahlergebnis müsse allen demokratischen Parteien ein Auftrag sein. Und: "Wir müssen aber auch der Frage nachgehen, wieso diese Partei bei den Menschen so eine hohe Zustimmung findet."

Auch der BSW-Landeschef Jörg Scheibe grenzte sich zur AfD hin ab. Einen Ministerpräsidenten der AfD in Sachsen könne man sich nicht vorstellen. Die neu gegründete Partei wurde bei der Europawahl drittstärkste Kraft in Sachsen (nach AfD und CDU) und sieht sich in der Mitte der Gesellschaft verortet. Der Landesverfassungsschutz hatte den sächsischen AfD-Landesverband im Dezember 2023 als gesichert rechtsextreme Bestrebung eingestuft.

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MDR (kk, vis)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 10. Juni 2024 | 21:00 Uhr

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