Vereinsleben "Sportbund Lausitzer Seenland" in Hoyerswerda plant seine Auflösung

14. Juli 2022, 21:19 Uhr

Dresden, Chemnitz und Leipzig haben ihn. Hoyerswerda künftig aber nicht mehr: Einen Stadtsportbund. Die Stadt verzichtet auf die Unterstützung des Dachverbands. Die Konsequenz ist drastisch, nicht nur für die angeschlossenen Sportvereine. Den über die Region hinaus bekannten Triathlon KnappenMan gibt es vorerst nicht mehr und auch zwei Kitas sind betroffen. Am Freitag will der Oberbürgermeister Stellung nehmen.

Paukenschlag in Hoyerswerdas Sportwelt: Das Präsidium des Stadtsportbundes will Ende des Jahres zurücktreten und empfiehlt die Auflösung des Dachverbands der Hoyerswerdaer Sportvereine. Das ist das Ergebnis einer Präsidiumssitzung vom 6. Juli. Die Auflösung des 1993 als "Stadtsportbund Hoyerswerda" gegründeten SBLS (Sportbund Lausitzer Seenland) soll in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung Mitte des Monats beschlossen werden.

Knappe Mehrheit für neue Sportförderrichtlinie

Dem vorausgegangen ist ein Stadtratsbeschluss: Ende Mai hatte der Stadtrat mit knapper Mehrheit beschlossen, die Sportstätten aus finanziellen Gründen künftig selbst zu verwalten und auch die Zuschüsse für die Vereine in Eigenregie und ohne Hinzunahme des Sportbundes zu vergeben. In der beschlossenen Sportförderrichtlinie taucht der Stadtsportbund gar nicht mehr auf.

OB: Weniger Geld für die Sportverwaltung

Der im September 2020 neu gewählte Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh (SPD) war bis zu seiner Wahl sieben Jahre lang Präsident des Sportclub Hoyerswerda, des größten Sportvereins im Landkreis Bautzen, der ebenfalls im Stadtsportbund organisiert ist. In seinem Wahlprogramm hatte er Vereine als "unser Herzstück" bezeichnet und angekündigt, Geld für die Verwaltung des Sports "dem Sport an sich zur Verfügung zu stellen".

Vizepräsident: Abschaffung des Stadtsportbundes vom OB gewollt

Aus Sicht des Stadtsportbundes wurde damit das Ende des Sportbundes eingeläutet. "Mit dem Wahlversprechen des Oberbürgermeisters den Sporttreibenden mehr Geld bei gleichbleibendem Budget zur Verfügung zu stellen, und damit indirekt den Sportbund abzuschaffen, begann die Odyssee des Sportbundes Lausitzer Seenland", heißt es in einer Mitteilung. "Bereits in den ersten Gesprächen nach der Wahl bestätigte der OB dieses Ansinnen."

Politische Diskussionen liefen am Ende ins Leere, bedauerte Vizepräsident Conni Böhme im Gespräch mit MDR SACHSEN: "Die Konsequenzen haben wir eigentlich allen Stadträten immer wieder klargemacht. Was passiert, wenn man ein Bein dieses Stuhls wegzieht? Dann kippt der Stuhl halt um", so Böhme, der für die CDU im Stadtrat sitzt. "Das letzte Jahr war viel Gerede, aber man hat nicht den Willen verspürt, dass es mit dem Sportbund weitergehen soll."

44 Vereine, über 6.000 Mitglieder und zwei Kitas betroffen

Mit dem Stadtratsbeschluss fehlen der bislang als Bindeglied fungierenden Dachorganisation, der 44 Vereine mit 6.143 Mitgliedern angehören, nach eigenen Angaben rund 85.000 Euro. 40.000 Euro würden der Geschäftsstelle gestrichen, 45.000 Euro würden zusätzlich nötig, weil Leistungen künftig über die Umsatzsteuer abgerechnet werden sollen. "Diese Summe können wir selbst nicht aufbringen", so Conni Böhme.

Er hoffe, dass es für die sieben langjährigen Angestellten irgendwie weitergeht. Die beiden vom Stadtsportbund betriebenen Kitas sowie die beiden Stadien sollen zum Jahresende an die Stadt übertragen werden. Viele Eltern standen in dieser Woche verduzt vor den Aushängen in den beiden Kitas und bedauern die Entwicklung. Schließlich hatten sie sich die Kitas wegen der sportlichen Ausrichtung bewusst ausgewählt. Die Kitas werden zwar bestehenbleiben, aber dann wohl ohne das sportliche Profil. Böhme bezweifelt, dass die Stadt die Aufgaben, die bisher der Stadtsportbund übernommen hat, in gleichem Umfang weiterführen kann. Er werde als Stadtrat ganz genau hinschauen.

KnappenMan - größte Sportveranstaltung im Landkreis Bautzen - abgesagt

Bei Veranstaltungen zieht das Präsidium schon jetzt die Reißleine: Die ausgebuchte Sportferienwoche wurde ebenso abgesagt wie der 34. Triathlon "KnappenMan" am Dreiweiberner See. "Da ist das finanzielle Risiko einfach zu groß", erklärt Böhme.

Die Zusammenarbeit mit der Stadt in Vorbereitung der beiden Events hätte sich ohnehin als schwierig erwiesen, so der Stadtsportbund. Der "KnappenMan" war die größte Sportveranstaltung im Landkreis Bautzen. 2021 nahmen über 1.100 Teilnehmer daran teil. Für die Region falle damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor weg.

Oberbürgermeister beantwortet am Freitag Fragen

Aus dem Rathaus gab es bislang keine öffentlichen Reaktionen. Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh will am Freitag zu dem Thema Stellung beziehen und Fragen zu den Hintergründen in einem Pressegespräch beantworten.

Menschen in Hoyerswerda überrascht und entsetzt

Bei den Menschen in der Stadt ist das Entsetzen groß. Für viele Vereinsmitglieder kam das Aus des Verbandes völlig überraschend. "Wir hatten erst am vergangenen Wochenende unser Vereinssommerfest", berichtet eine Hoyerswerdaerin. "Da war davon noch überhaupt keine Rede." Ähnliche Wortlaute finden sich auch in den Kommentarspalten des regionalen Nachrichtenportals hoyte24.de. Dort heißt es unter anderem:

"Diese Vorgehensweise 'unseres' Stadtrates und Oberbürgermeisters macht mich einfach wütend und fassungslos. Dazu gehört auch eine miserable Informationspolitik, die den Bürgerinnen und Bürgern diesbezüglich nicht mehr vermittelt werden kann. Die weitreichenden Konsequenzen scheinen in keiner Weise begriffen zu werden. Ich erlaube mir diese Einschätzung, da ich als privater Unterstützer verschiedener Einrichtungen genauso vor den Kopf gestoßen werde. Man ahnt offensichtlich nicht, was hier alles kaputtgemacht wird. Bitte findet Lösungen."

Ein anderer User schreibt: "Das ist eine Schande, was die Stadt hier für den Sport tut. Ich bin gespannt, wie die vielfältigen Aufgaben nun abgearbeitet werden sollen, z. B. Triathlon und die vielen Dinge für Kinder! Aber die Stadt kann das ja bestimmt alles alleine, denn sie ist ja schon groß ... bis dann alles ganz zusammenbricht !!"

Quelle: MDR (ckb/dkö)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | SACHSENSPIEGEL | 14. Juli 2022 | 19:00 Uhr

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