Landkreis Görlitz Hebamme kämpft mit Petition für Erhalt des Kreißsaals in Ebersbach-Neugersdorf

19. Dezember 2022, 19:34 Uhr

Mehr als 16.000 Menschen fordern den Erhalt der Geburtsstation in Ebersbach-Neugersdorf. Dass eine Umstrukturierung der Krankenhäuser nach einem Kreistagsbeschluss von vergangener Woche wieder offener diskutiert wird, reicht der Initiatorin nicht. Sie fordert einen klaren Zukunftsplan für das Krankenhaus.

Kristina Seifert ist aus dem Kreistag am vergangenen Mittwoch "mit gespaltenen Gefühlen" nach Hause gegangen, wie sie selbst sagt. Die Hebamme ist froh, dass die Kreisräte den Reformplänen für die Krankenhäuser im Landkreis Görlitz noch nicht zugestimmt haben. Der Kreistag hatte die Pläne für eine neue Aufgabenverteilung unter den Krankenhäusern nur zur Kenntnis genommen. Ursprünglich sollte schon die stufenweise Umsetzung beschlossen werden. Den Kompromiss nennt Kristina Seifert "Augenwischerei". So bleiben die beruflichen Zukunftsaussichten für sie und ihre Kolleginnen weiter unklar. "Wir brauchen eine klare Kommunikation, was aus dem Krankenhaus in Ebersbach werden soll", fordert sie.

Nicht gefallen hat Seifert, dass sie ihre Sicht auf die Pläne erst erläutern durfte, nachdem der Kreistag schon entschieden hatte. Kristina Seiferts Sicht ist die der Arbeitnehmerinnen. Sie arbeitet seit drei Jahren als Hebamme im Kreißsaal des Krankenhauses Ebersbach. Nur wenige Tage vor der Kreistagssitzung erfuhr Seifert aus der Presse, dass der Landkreis erwägt, die Geburtsstation in Ebersbach zu schließen.

Pläne sorgen für Verunsicherung

Im Krankenhaus habe das für große Verunsicherung gesorgt, berichtet Kristina Seifert. Viele Kolleginnen hätten sich gefragt: Habe ich hier noch eine Zukunft? Einige hätten damit begonnen, sich beruflich umzuorientieren, sagt Seifert. Wirklich aus Ebersbach verabschieden wolle sich niemand, betont Kristina Seifert.

"Unser Herz schlägt für den hier aufgebauten Standort", sagt die Hebamme. Aus einem "Gefühl des Torschlusses" heraus, habe sie eine Online-Petition gestartet. "Ich wollte Aufmerksamkeit erzeugen für unsere Not", beschreibt Seifert ihre Absicht. Mehr als 16.000 Menschen haben ihre Petition bereits unterschrieben und noch immer werden es mehr. "Es melden sich Mütter, die vor zehn Jahren bei uns entbunden haben", erzählt Kristina Seifert. Sie alle wollen, dass es die Geburtsstation in Ebersbach auch weiterhin gibt.

Kritik an rein ökonomischer Sicht des Krankenhaus-Betriebs

Kristina Seifert sagt, in Ebersbach würden jährlich zwischen 350 und 400 Kinder geboren. Das seien rund 50 mehr als im Krankenhaus in Zittau. Diese Zahlen für Ebersbach seien seit Jahren stabil. Es kämen Mütter aus anderen Landkreisen und aus Tschechien in die Ebersbacher Klinik, weil sie sich dort nach Seiferts Ansicht gut aufgehoben fühlen. Bis in den späten Sommer 2023 hinein gebe es schon Anmeldungen für Geburten im Krankenhaus in Ebersbach.

Weil die Fallzahlen in anderen Bereichen sinken, Betriebs- und Personalkosten aber steigen, sei klar, dass Krankenhaus-Stationen im Landkreis schließen müssten. Das kann Kristina Seifert nachvollziehen. "Doch welche Fachbereiche geschlossen werden, das darf nicht nur von Ökonomen, sondern muss auch von Medizinern beurteilt werden", bekräftigt Seifert. Das Landratsamt sieht vor, Ebersbach zu einem "breit aufgestellten ambulanten Zentrum" zu machen. Die stationäre medizinische Versorgung soll in Zittau konzentriert werden.

Landrat gibt sich gesprächsbereit

Wie Kristina Seifert betont, seien die Hebammen am Krankenhaus in Ebersbach selbstständig. So verursachen sie geringere Kosten als die Geburtsstation in Zittau, rechnet Seifert vor. Denn am Krankenhaus in Zittau seien die Geburtshelferinnen festangestellt. Eine rein wirtschaftliche Sicht auf den Krankenhausbetrieb hält Kristina Seifert indes für gefährlich. Sie befürchtet, dass Anfahrtswege für Hochschwangere zur Entbindung zu weit werden. Wenn das Netz der Geburtsstationen weiter ausgedünnt wird, würden mehr Kinder auf der Landstraße geboren, blickt Seifert voraus.

Über die Perspektiven für das Krankenhaus in Ebersbach ist Seifert nun im Gespräch mit Landrat Stephan Meyer. Er habe schon vor der Kreistagssitzung das Gespräch mit ihr gesucht. "Er sieht unsere Not und verhält sich sehr lösungsorientiert", attestiert die Hebamme dem CDU-Politiker. Für Anfang Januar sei ein weiteres Gespräch mit ihm vereinbart. Dem Kreistag soll Landrat Meyer vierteljährlich zu den Plänen für die Krankenhäuser in Zittau, Ebersbach und Weißwasser berichten. In die Konzeption sind auch die Stadträte einzubeziehen.

Streik des Krankenhaus-Personals nicht mehr ausgeschlossen

Starke Kritik übt Kristina Seifert dagegen am Verhalten der Geschäftsführung des Krankenhauses in Ebersbach. Sie sieht dort wenig Kompromissbereitschaft. "Auf mehreren Terminen mit der Belegschaft gab es nur nebulöse Aussagen und keine klare Nachricht, wie es mit der Klinik weitergehen soll", kritisiert Seifert und fordert eine "ehrliche, offene und transparente Kommunikation". Ihre Petition will sie so lange offen halten bis die Geschäftsführung einen schriftlichen Zukunftsplan für Ebersbach vorlegt. Wird die Belegschaft weiter im Unklaren gelassen, zöge das Klinikpersonal in Ebersbach auch einen Streik in Betracht, so Seifert.

MDR (mak)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 20. Dezember 2022 | 05:30 Uhr

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