Streckenausbau Bahn will Strecke Leipzig-Chemnitz ausbauen – aber erntet Kritik

14. Dezember 2022, 05:00 Uhr

Zwischen Leipzig und Chemnitz liegen 80 Kilometer. Eigentlich keine große Entfernung. Und doch wird seit Jahren um diese 80 Kilometer gerungen, konkret um den Ausbau der Bahnstrecke, auf der mangels Oberleitungen nur Dieselloks fahren können. Nun soll der Ausbau kommen. Die Verbindung zwischen Leipzig und Chemnitz soll elektrifiziert und erweitert werden. Doch aus Chemnitz hört man nicht nur Jubel, sondern auch viel Kritik.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Wenn man etwas baut, sollte man es richtig machen. So jedenfalls sieht es Sebastian Liebold. Der Sprecher der Bahn-Initiative Chemnitz findet die geplante Elektrifizierung der Strecke Leipzig-Chemnitz zwar gut. Ein Aspekt kommt ihm allerdings absurd vor: An zwei Stellen soll die Verbindung eingleisig bleiben. "Der Ausbau ist eigentlich Augenwischerei. Diese Engstellen bedeuten: Da müssen immer Züge warten. Und sobald die mehr als so ein, zwei oder fünf Minuten Verspätung haben, schaukelt sich das auf. Und das ist ein Riesenproblem."

Bahn-Initiative und IHK fordern zweigleisige Strecke

Liebold sieht künftig Regionalbahnen und Güterzüge stehen bleiben, damit der entgegenkommende IC noch passieren kann. Mit seiner Kritik ist er nicht allein. Martin Witschaß ist Geschäftsführer für Standortpolitik an der IHK Chemnitz. Er findet, Bahn und Freistaat Sachsen sollten an die Pläne nochmal ran: "Wenn wir jetzt schon viel Geld in diesen Ausbau stecken, sollte es auch nachhaltig geschehen. Das heißt, dass die Strecke komplett zweigleisig ist, dass es dort keine Engpassstellen gibt. Gerade mit dem Blick, dass wir laut Koalitionsvertrag ja viel mehr Züge fahren lassen, das Fahrgastaufkommen verdoppeln und natürlich auch viel mehr Güterzüge fahren lassen wollen."

Bahn: Historische Brücken machen zweigleisigen Ausbau unmöglich

Fragt man die Bahn, warum sie mit zwei Engstellen plant, verweist sie auf die baulichen Gegebenheiten. Das Unternehmen schreibt, zwischen Leipzig und Chemnitz gebe es "topographische Zwangspunkte": "Das sind Engstellen, die nicht zweigleisig ausgebaut werden können. Konkret sind das im Südabschnitt zwischen Geithain und Chemnitz ein etwa ein Kilometer langes Stück im Bereich des Burgstädter Viaduktes und ein 1,6 Kilometer langes Stück im Bereich des Chemnitztalviaduktes."

Konkret heißt das: Zwei historische Brücken machen den zweigleisigen Ausbau aus Sicht der Bahn unmöglich. Sachsens Verkehrsministerium sieht das ähnlich. Es schreibt, ein Ausbau beider Viadukte sei zwar wünschenswert, schlage aber mit 100 Millionen Euro zu Buche. Das sei nicht vertretbar. Auch eingleisig werde der Verkehr künftig besser fließen.

Kritiker sind nicht überzeugt

Die Kritiker melden Zweifel an. Die genannten Mehrkosten wirken für sie wie aus der Luft gegriffen. Sie seien nie öffentlich belegt worden. IHK-Geschäftsführer Witschaß findet, die Bahn habe den Umgang mit den Viadukten generell nicht hinreichend geprüft: "Komplette Brücken müssen sicherlich nicht neu gebaut werden. Was vielleicht möglich wäre, dass man am Brückenkopf eine Verbreiterung macht, um da entsprechend zwei Gleise auf die Brücke zu bekommen."

Auch Sebastian Liebold von der Bahn-Initiative fordert, dass alle Optionen noch einmal kalkuliert werden. Die jetzige Planung greife zu kurz. "Erheblich ist, ob man aneinander vorbeifahren kann von A nach B auf der gesamten Strecke. Und dafür braucht es eine volle Zweigleisigkeit. Das Grunddenken ist falsch. Beim Autoverkehr wird so viel Geld zur Verfügung gestellt, dass eine bestimmte Strecke gut ausgebaut werden kann – und beim Bahnverkehr nicht."

Liebold verweist auf den Leipziger Hauptbahnhof. Der sei einst so gebaut worden, dass auch 100 Jahre später noch ausreichend Platz ist. Heute plane die Bahn so, dass es gerade so irgendwie reicht. Das aber greife für die Zukunft zu kurz.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 14. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

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