Musik Helmut "Joe" Sachse: Jazz-Ikone der DDR wird 75
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28. Oktober 2023, 04:00 Uhr
Der in Chemnitz lebende Gitarrist Helmut "Joe" Sachse begann seine Karriere in der DDR. Schon früh trat er in verschiedenen Gruppen von Jazz-Legende Manfred Schulze auf. In den 1970er-Jahren gründete er sein eigenes Quintett "Osiris". Als Solo-Künstler genießt Sachse seit Jahrzehnten Kultstatus und gilt als einer der tonangebenden Jazzmusiker Deutschlands. Nun wird er 75 Jahre alt.
- Helmut "Joe" Sachse brachte sich das Gitarre spielen in der DDR selbst bei.
- Später orientierte er sich musikalisch an seinen Idolen Jimi Hendrix und John Coltrane.
- Trotz seines Erfolgs kann die Jazz-Ikone nach eigener Aussage immer etwas Neues lernen.
Er versetzt selbst ausgebuffte Gitarreros in Erstaunen und das Publikum in Begeisterung: Der Gitarrist Helmut "Joe" Sachse, ein vibrierender Freigeist voller mitreißender Energie. Weltklasse, wie sie im Osten entwickelt wurde und auch über die Landesgrenzen hinaus höchste Wertschätzung erfahren hat.
Jazz aus Sachsen und der DDR
Sachse kommt aus einem Umfeld, den man auch als Jazzwiege Sachsens bezeichnen könnte. Er begann seine Laufbahn in Bands um Manfred Schulze und Gerhard Stein. Mit Wagemut und Eigensinn gelang es ihm, sich vom ausufernd-konturlosen Mainstream abzusetzen und als Original zu behaupten. Auch deswegen hat man ihn im Laufe seiner Karriere als Hexenmeister unter den Gitarristen oder Hohepriester der E-Gitarre bezeichnet.
Laut Sachse selbst hängt der besondere Charakter seiner Musik vor allem mit einer Spielweise zusammen. Er war auf keiner Jazzschule - gab es in der DDR schließlich nicht. Seine Herangehensweise ist anders: "Wir sind über eine gewisse Philosophie an die Musik herangekommen", sagt er. Das spüre man auch in seinem Spiel. Das kann er auch bei den deutschen Jazzsaxophonisten Manfred Hering, Helmut Fortshoff oder Heiner Reinhardt beobachten.
Jimi Hendrix und John Coltrane als Idole
Seinen Spitznamen "Joe" verdankt Helmut Sachse seinem frühen Idol Jimi Hendrix. Bereits als Heranwachsender in der sächsischen Provinz spielte er dessen Hit "Hey Joe" mit einer Leidenschaft wie kein Zweiter. Sein Musikerideal ist dagegen der amerikanische Jazzmusiker John Coltrane in höchster Ekstase. "Das ist mein Ideal. Ob ich das erreiche, ist eine andere Sache", so Sachse. Es gehe ihm dabei besonders um die Art und Weise Coltranes Spannungsbögen aufbauen.
Natürlich spielt man jetzt im Alter auch Balladen - aber die Grundmusizierhaltung bleibt.
Jimi Hendrix mit seiner überbordenden Energie und John Coltrane mit seinem spirituell fundierten Spiel - das verbindende Element ist laut Sachse eine gewisse Expressivität und ein "geistiger Hymnus", mit dem sie ihre Musik vortragen. Im Spannungsfeld der Energie der Rockmusik und der Freiheit des Jazz hat sich Sachse seinen eigenen Weg gebahnt.
Konzerte mit Rockstars und Jazzlegenden
Sich die Musik auf gänzlich unverwechselbare Weise zu eigen zu machen, ist Sachse in verschiedenen Bands gelungen. Dazu zählt sein eigenes Quartett und die Gruppe "Doppelmoppel" mit den beiden Posaunisten Conny und Johannes Bauer sowie dem Gitarrenkollegen Uwe Kropinski. Mit Kropinski musiziert Sachse auch im Duo, ebenso wie mit der Sängerin Maggie Nichols, dem Tubisten Pinguin Moschner, dem Schlagzeuger Ernst Bier oder dem Posaunisten Nils Wogram.
Sachse hat mit Rockstars wie Jack Bruce und mit Jazzlegenden wie Charlie Mariano gespielt. Für besondere Momente sorgt der Gitarrist, der gelegentlich auch zur Querflöte greift, nicht zuletzt und immer wieder mit seinen Solokonzerten, bei denen er den Saal vibrieren und das Publikum mitfiebern lässt. Egal, ob er gelegentlich einen Schraubenzieher über die Gitarrensaiten gleiten lässt oder eine Plastiktüte zur Hi-hat umfunktioniert - für Helmut "Joe" Sachse gibt es unablässig Neues zu entdecken. Musikmachen ist für ihn ein Prozess.
Es gibt ja viele, die sagen: Man hat irgendein Endstadium abgearbeitet. So ist es für mich nie gewesen.
Mit seiner Wissbegierde und seinem Lerneifer, seiner Improvisationslust und seiner Musizierfreude bleibt Sachse ein Unikum und seiner Musik eines immanent: der Überraschungsfaktor. "Ich habe immer zu lernen", sagt er auch noch mit 75.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 28. Oktober 2023 | 07:45 Uhr