Blick auf die Justitia über dem Eingang am Landgericht Chemnitz.
Das Landgericht Chemnitz arbeitet die Vorfälle vor sechs Jahren noch immer auf. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Hendrik Schmidt

Justiz Ausschreitungen in Chemnitz: Landgericht lehnt weiteren Prozess ab

24. Mai 2024, 13:59 Uhr

Gewalttätige Ausschreitungen nach dem Tod eines Mannes am Rande des Chemnitzer Stadtfests hatten 2018 bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Auseinandersetzungen beschäftigen die sächsischen Strafverfolgungsbehörden auch noch sechs Jahre später. Das Landgericht Chemnitz will gegen neun Beschuldigte kein neues Verfahren eröffnen.

Fast sechs Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz hat das Landgericht die Eröffnung eines weiteren Hauptverfahrens abgelehnt. Die zuständige Kammer sehe keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, teilte das Gericht am Freitag mit. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz wirft den neun erwachsenen Angeschuldigten Landfriedensbruch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in elf Fällen vor. Den Angeklagten wurde vorgeworfen, am 1. September 2018 Teilnehmer einer Gegendemonstration angegriffen und elf Menschen verletzt zu haben.

Strafbarkeit sei nur dann gegeben, wenn nachweisbar sei, dass die Beschuldigten an den Taten selbst als Täter oder Teilnehmer beteiligt waren. Dies könne die Kammer aber nicht erkennen, heißt es vom Gericht. Vielmehr erschöpfe sich ihre Beteiligung den Ermittlungen zufolge "in der bloßen Anwesenheit und dem Mitlaufen in einer Menschenmenge am Ort der Gewalttätigkeiten", erklärte das Gericht.

Gegen den Beschluss des Landgerichts hat die Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Eine Entscheidung darüber muss nun das Oberlandesgericht Dresden treffen.

Spätsommer 2018 in Chemnitz

Nach dem gewaltsamen Tod eines Deutschen im Streit mit Asylbewerbern im Spätsommer 2018 war es in Chemnitz zu Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen, zu denen Rechtsextreme aus dem ganzen Bundesgebiet anreisten. So auch bei einem sogenannten Trauermarsch von AfD, Pegida und Pro Chemnitz.

Polizisten rennen 2018 am Rande der Demonstration von AfD und dem ausländerfeindlichen Bündnis Pegida, der sich auch die Teilnehmer der Kundgebung der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz angeschlossen haben, zu einem Einsatz.
Massive Polizeipräsenz im Spätsommer in Chemnitz. Bildrechte: picture alliance/dpa | Ralf Hirschberger

Was war in Chemnitz 2018? Am 1. September 2018 hatten sich in Chemnitz rund 8.000 Anhänger einem von AfD, Pegida und Pro Chemnitz organisierten Demonstrationszug angeschlossen. Mehrere führende AfD-Politiker liefen mit, darunter die Landesvorsitzenden von Thüringen und Sachsen, Björn Höcke und Jörg Urban. Bei dem Aufzug kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten, Polizisten, Pressevertretern sowie tatsächlichen und vermeintlichen Migranten.

Die Gegenveranstaltung unter dem Motto "Herz statt Hetze" mit rund 3.000 Teilnehmern richtete sich gegen die fremdenfeindlichen Ausschreitungen, zu denen es in Chemnitz nach dem gewaltsamen Tod eines Manns am Rande des Stadtfests gekommen war. Rund ein Jahr nach der Tat verurteilte das Landgericht Chemnitz einen Syrer wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu neuneinhalb Jahren Haft.

MDR/dpa,afp (sat)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 24. Mai 2024 | 15:30 Uhr

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