Altmarkt mit weißen Rosen
Die Inschrift auf einer Sitzbank auf dem Dresdner Altmarkt wurde im Rahmen von Bauarbeiten entfernt. Das Rathaus der Landeshauptstadt hat deswegen kritische Kommentare von Bürgern und Bürgerinnen erreicht. Bildrechte: MDR/Matthias Stiebing

"Kommunikationspanne" Stadt Dresden entschuldigt sich nach Entfernung der Gedenkinschrift für Bombenopfer

19. Januar 2024, 16:00 Uhr

Seit Tagen sorgt die Entfernung einer Inschrift zur Erinnerung an die Bombenopfer im Februar 1945 in Dresden für Diskussionen. Am Freitag hat die Stadt eine neue Erinnerungsstele auf dem Altmarkt eingeweiht. In dem Zusammenhang hat sie erklärt, wie es zur Entfernung der Inschrift gekommen ist. Der Baubürgermeister spricht von einer "schwerwiegenden Kommunikationspanne".

In der seit Tagen andauernden öffentlichen Diskussion um eine entfernte Inschrift für die Opfer des Zweiten Weltkrieges in Dresden hat die Stadtverwaltung bei MDR SACHSEN nun Fehler in der internen Kommunikation eingeräumt und sich entschuldigt. "Uns und den handelnden Personen tut es sehr leid, wie es gelaufen ist. Wir können es nun nicht mehr ändern und nicht rückgängig machen," sagte Baubürgermeister Stephan Kühn. Besonders der Zeitpunkt der Entfernung so kurz vor dem 13. Februar sei "suboptimal" gewesen, ergänzte Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch.

Nun soll eine neue Info-Stele an die Bombardierung der Stadt im Februar 1945 erinnern. Aufgestellt wurde sie am Freitag auf dem Dresdner Altmarkt. Die 2020 aufgestellte Vorgängerstele wurde bei Bauarbeiten beschädigt und musste ausgetauscht werden. Bei der Gelegenheit wurde sie inhaltlich überarbeitet.

Steele Inschrift Gedenken Bombenopfer
Die Stadt hat am Freitag auf dem Altmarkt eine neue Erinnerungsstele aufstellen lassen. Bildrechte: MDR/Karsten Wolf

Entfernung der Inschrift bereits 2018 besprochen

Nach dem sich Bürgerschaft, Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik und Medien anfang der Woche verwundert bis verärgert über die Entfernung einer Gedenkinschrift gezeigt hatten, war die Stadt um Aufklärung bemüht. Die Inschrift, die in die Lehne einer Bank eingraviert war, wurde am 9. und 10. Januar ohne vorherige Information der Öffentlichkeit abgeschliffen.

Geplant sei das Vorhaben bereits seit mehreren Jahren gewesen: In einem Workshop der AG 13. Februar im November 2018, an dem auch Stadträte teilgenommen haben, die heute noch aktiv sind, wurde besprochen, dass die Erinnerungsstelle "keine geeignete Form für die Erinnerungsstelle" sei. Menschen hätten diese als Sitzplatz benutzt, darauf gegessen und die Bank wurde mit Graffi beschmiert, erklärte Annekatrin Klepsch.

Allerdings sei der Zeitpunkt der Baumaßnamen nicht an übergeordnete Führungsebenen herangetragen worden und die Brisanz des Ortes und des Umstandes nicht erkannt worden, so Baubürgermeister Stephan Kühn. Er spricht von einer "schwerwiegenden Kommunikationspanne". Zeitpunkt und die Art und Weise der Kommunikation an die Öffentlichkeit hätte besser geplant werden müssen.

Kritik sei berechtigt

Die an das Rathaus herangetragenen Fragen von Bürgern, Journalisten und Kommunalpolitikern sowie die Kritik seien berechtigt. "Weil wir aus kommunikativer Sicht äußerst unglücklich agiert haben."

Die Kritik in dieser Angelegenheit ist berechtigt, da wir aus kommunikativer Sicht äußerst unglücklich agiert haben. Bei Veränderungen an einem so sensiblen Erinnerungsort ist eine proaktive Kommunikation dringend erforderlich.

Dirk Hilbert (FDP) Oberbürgermeister Stadt Dresden

Beirat soll Ideen für den Altmarkt als Gedenkort entwickeln

Hilbert führte weiter aus, dass die Inschrift in der Lehne einer Bank auf dem Altmarkt vor einigen Tagen bei Bauarbeiten entfernt wurde. Das sei planmäßig erfolgt. Er verwies auf entsprechende Absprachen zur Neugestaltung des Platzes aus dem Jahr 2019, zu der eben auch die Entfernung der Gravur in der Lehne einer Sitzbank gehört habe. "Eine rechtzeitige Information über das geplante Vorgehen wäre unerlässlich gewesen", so Hilbert.

Der OB verteidigte zugleich die Entfernung der Inschrift. Sie sei wiederholt in die Kritik geraten, weil sie nicht würdig genug sei. Entweder würden Menschen davor sitzen und sie verdecken oder die Bank werde für Graffiti missbraucht. OB Hilbert regte an, über den Altmarkt als Gedenkort im sich zu konstituierenden Beirat für Erinnerungskulturen auszutauschen. Eine 2020 errichtete Erinnerungsstele, die bei den Bauarbeiten auf dem Altmarkt beschädigt worden war, soll zeitnah wieder aufgestellt werden.

Michael Kretschmer (CDU, r), Ministerpräsident von Sachsen und Dirk Hilbert (FDP), Oberbürgermeister der Stadt Dresden, stehen während einer Blumenniederlegung am 76. Jahrestag der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg auf dem Altmarkt an einer Gedenkstätte, die an die Opfer der Bombardierung Dresdens erinnern soll, und halten weiߟe Rosen in den Händen. Am 13. und 14. Februar 1945 kehrte der von Deutschland in die Welt getragene Vernichtungskrieg nach Deutschland selbst zurück. Die Stadt Dresden wurde großflächig zerstört. Bis zu 25.000 Menschen kamen dabei ums Leben. Die Stadt Dresden verzichtet an diesem 13. Februar auf das traditionelle Gedenken an die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Wegen der Corona-Pandemie ist das Programm auf ein Minimum reduziert.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU, rechts) und Dirk Hilbert (FDP) legten am Gedenktag des 13. Februar im Jahr 2022 Blumen auf dem Dresdner Altmarkt nieder. Eine Gedenkstele wie im Hintergrund mit neuer Inschrift soll laut Rathaus nach dem Umbau des Platzes zeitnah wieder aufgestellt werden. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

FDP beantragt Aktuelle Stunde im Stadtrat

Zu denen, die sich wundern, gehört auch der kulturpolitische Sprecher der Dresdner FDP-Ratsfraktion Holger Hase. Hilberts Parteikollege findet das Vorgehen "unvertretbar" und fordert Aufklärung. Es seien Tatsachen geschaffen worden, "ohne Information an die Öffentlichkeit oder den Stadtrat und vorbei an allen Akteuren der Stadtgesellschaft." Hase, Historiker und Mitglied der AG 13. Februar, kritisiert: "Weder die AG 13. Februar noch die Fachämter sind in diesen Vorgang einbezogen worden." Die FDP habe deshalb eine Aktuelle Stunde im Stadtrat beantragt, um das Thema öffentlich zu debattieren.

Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Dresden, Jens Genschmar, teilte auf Facebook mit, vor Hilberts Mitteilung bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt wegen Sachbeschädigung erstattet zu haben. "Noch am Vortag konnte Oberbürgermeister Hilbert nichts zu den Hintergründen sagen", sagte Genschmar am Dienstagabend MDR SACHSEN.

Vier Menschen stehen an einer Gedenkstelle
Am Dienstag legten Stadträte und Mitarbeiter der Freien Wähler in Dresden Blumen am Altmarkt nieder. Im Hintergrund ist die nun inschriftlose Bank zu sehen. Bildrechte: xcitepress

Altmarkt zu Hightech-Platz umgebaut

Die Stadt Dresden hatte den historischen Altmarkt bis Ende des Jahres 2023 für 13 Millionen Euro zu einem barrierefreien Hightech- und Veranstaltungsplatz umbauen lassen. Auf dem Platz waren nach der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg am 13. Februar 1945 fast 7.000 Tote verbrannt worden. Insgesamt starben bei den Angriffen etwa 25.000 Menschen, wie eine Historikerkommission ermittelte.

MDR (kav/wim/dkö)/epd

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 19. Januar 2024 | 15:30 Uhr

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